Anzeige

Der Traum vom eigenen Mode-Label

Der Traum vom eigenen Mode-Label
© Sieht gut aus und lässt sich mit gutem Gewissen tragen: Kleid aus der aktuellen Herbst-Kollektion von Jan 'n June. Fotografin: Johanna Güttner; Model: Alina Muschalik; H&M: Evelyn Innenhofer
Mutig oder völlig verrückt? Anna und Jula aus Hamburg haben mit Mitte 20 ihr eigenes Mode-Label gegründet. Und das solltet ihr euch mal genauer anschauen!

Die Hamburgerinnen Anna Bronowski und Juliana (alias Jula) Holtzheimer haben das getan, wovon viele träumen: Mit Mitte 20 haben sie ihr eigenes Mode-Label Jan 'n June gegründet. Die beiden haben Mode- und Designmanagement studiert und wollen nicht weniger, als die deutsche Modelandschaft zu revolutionieren - mit Klamotten aus nachhaltigen Materialien, die einfach richtig gut aussehen.

image

BRIGITTE: Im August 2014 habt ihr euch mit eurem eigenen Label selbstständig gemacht. Rückblickend betrachtet: War diese Entscheidung total mutig oder total verrückt?

Anna: Ich würde sagen: Es war viel mutiger und krasser, als es sich damals angefühlt hat. Natürlich wussten wir, was wir machen. Als wir beim Notar saßen, war uns klar: Wir gründen gerade wirklich. Aber es verselbstständigt sich irgendwie auch und fängt an zu wachsen.

Jula: Plötzlich jonglierst du mit Zahlen und bewegst große Summen auf dem Geschäftskonto, das ist einfach ungewohnt. Am Anfang gehst du in Vorkasse. Die Läden bestellen bei dir, du musst die Stoffe und die Produktion bezahlen und kriegst dein Geld erst, wenn du auslieferst.

Wie läuft es denn? Könnt ihr von eurem Label leben?

Anna: Das Geschäft wächst, wir sind auf dem richtigen Weg. Aber davon leben können wir noch nicht. Im Grunde funktioniert das nur mit Nebenjobs - und weil wir unsere Lebenshaltungskosten komplett reduziert haben. Wir sind zum Beispiel beide wieder bei unseren Eltern eingezogen. Es ist wahnsinnig schwer abzuschätzen, wie sich alles entwickeln wird. Noch sind wir nicht an dem Punkt, dass wir sagen: Wenn alles hinhaut, können wir nächstes oder übernächstes Jahr davon leben.

Die aktuelle Herbst-/Winter-Kollektion von Jan 'n June

Begonnen hat alles mit einer Crowdfunding-Kampagne. Wie seid ihr darauf gekommen?

Anna: Ich habe damals in einem Café gejobbt und ein Gast hat mir davon erzählt. Wir hatten relativ schnell eine gute Idee für ein Video und dachten, das probieren wir aus.

Wieviel Geld habt ihr denn damit gesammelt?

Jula: 10.000 Euro hatten wir als Funding-Ziel. Und es hat funktioniert. Wir haben das Crowdfunding als Vorbestellung benutzt, als Gegenleistung haben die Leute hauptsächlich Klamotten bekommen. So konnten wir schon sehen, welche Teile besonders gut ankommen. Natürlich haben unsere Familien, Freunde und Bekannte uns unterstützt, aber auch wildfremde Menschen. Es war wahnsinnig aufregend. Während dieser Zeit habe ich alle fünf Minuten auf mein Handy geguckt.

Seid ihr Freundinnen oder Geschäftspartner?

Anna: Wir haben uns im Studium kennengelernt und sind befreundet. Schon damals haben wir viel zusammengearbeitet und gemerkt, dass wir uns gut ergänzen.

Jula: Natürlich hakt es bei uns auch mal. Man ist genervt, weil man so viel Zeit zusammen verbringt. Manchmal fühlen wir uns wie ein Ehepaar. Und das Label ist unser gemeinsames Baby.

Der Traum vom eigenen Mode-Label
© Jan' n June

Einen Rock bekomme ich bei euch für 70 Euro, eine Jacke für 90 Euro, alles aus Bio-Baumwolle und unter fairen Bedingungen produziert - wie schafft ihr das?

Anna: Wir wollen eine Alternative anbieten, die man mit gutem Gewissen kaufen kann und die trotzdem unseren modischen Vorstellungen entspricht - und dabei erschwinglich ist. Dieses Modell funktioniert im Prinzip nur über die Menge und den direkten Verkauf. Wir haben nur eine Marge, an der wir verdienen. Unser Einkaufspreis ist sehr knapp kalkuliert.

Ihr setzt dabei auf absolute Transparenz.

Jula: Wir haben nichts zu verbergen, wir haben tolle Lieferanten und eine tolle Produktion. Die Kunden können das bei jedem Produkt genau nachlesen. Aber wir wollen es den Leuten auch nicht unter die Nase reiben. Wir möchten auch Kunden ansprechen, die einfach den Stil schön finden und sonst bei Marken wie Cos oder & other stories einkaufen.

Ihr lasst eure Teile in Polen produzieren. Wie kam das zustande?

Jula: Es war relativ schnell klar, dass die Produktion zu bezahlbaren Preisen in Deutschland für uns nicht umsetzbar wäre. Unsere Materialien sind sehr hochwertig und teuer. Gleichzeitig wollten wir eine Produktionsstätte, die nicht zu weit weg ist. Ich bin Halb-Polin und über Kontakte sind wir an einen Familienbetrieb in Breslau vermittelt worden. Dort arbeiten vier Schneiderinnen für uns, sie bekommen ortsübliche Gehälter und machen einen richtig guten Job. Teilweise geben sie uns sogar Tipps und bringen ihre eigenen Ideen ein.

Tragt ihr eigentlich auch noch Klamotten von H&M? Oder nur eure eigenen Sachen?

Jula: Natürlich tragen wir unsere eigenen Sachen. Wir mögen ja alles, was wir designen. Aber nicht ausschließlich, so groß sind unsere Kollektionen noch gar nicht. Wenn ich ein bestimmtes Teil suche und keine nachhaltige Variante finde, greife ich auch auf konventionell gefertigte Klamotten zurück. Aber insgesamt hat sich mein Konsum sehr verändert. Ich kaufe weniger und weiß, was mir steht.

Was müsste sich eurer Meinung nach in der Modebranche ändern?

Anna: Ich fände es wichtig, dass sich die Kunden wirklich bewusst darüber werden, woher die Teile kommen, die sie tragen, und wie sie hergestellt wurden.

Jula: Wir sind ja nicht gegen Konsum. Aber wir haben etwas gegen diese Wegwerf-Mentalität. Wenn die Leute bewusster shoppen und alte Kleidung weitergegeben oder recyeln, wäre schon viel gewonnen.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel