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Ist Hässlich jetzt das neue Cool?

DHL-T-Shirts, umgenähte Levis-Jeans, Polizei-Pullis: Fashionistas bezahlen für den Anti-Chic des It-Labels Vetements Unsummen. Warum nur?

Vetements: Die Modewelt liebt den schrägen Anti-Chic dieses Labels

Manchmal braucht es eine Weile, bis auch wir Otto-Normal-Trägerinnen die neuesten Laufstegtrends ins Herz geschlossen haben. Schließlich geht es den Designern auch immer ein Stück weit darum, die Grenzen des guten Geschmacks auszutesten. Aber so konsequent, wie sich das It-Label Vetements derzeit an den Geschmacksgrenzen arbeitet - da kann man sich eigentlich nur kopfschüttelnd fragen, ob das noch Mode ist oder schon Satire.

Zumindest wirkt es wie ein ziemlich gelungener Scherz, die Präsentation der Kollektion für Frühjahr und Sommer 2016 in Paris mit einem quietschgelben Shirt mit rotem DHL-Aufdruck zu eröffnen - und dieses offen gesagt schreiend hässliche Baumwoll-Teil dann zum Schnapperpreis von 245 Euro anzubieten (zum Beispiel bei Mytheresa). Dass Blogger und Fashionistas diesen Quatsch tatsächlich kaufen, lässt sich wohl nur ihrer "semi-religösen Verehrung" für das Label erklären, wie die Süddeutsche Zeitung attestierte.

Der weltweit agierende Logistik-Konzern, für den viele Modemenschen nun Werbung laufen, nimmt die Sache übrigens mit Humor - wie dieser Tweet von DHL Africa beweist. Unter einem Laufsteg-Foto (links) und einem Bild des DHL-Manager Ken Allen (rechts) fragt man: "Wem steht es besser?" Und irgendwie ist man versucht zu antworten: keinem - weil dieses Shirt einfach furchtbar aussieht.

Vintage-Jeans für mehr als 1.000 Euro

Weitere Verkaufsschlager von Vetements: Eine aus zwei alten Levis-Jeans zusammengesetzte Patchwork-Hose in 7/8-Länge zum astronomisch absurden Preis von 1.150 Euro, gesehen an Mode-Ikonen wie der Bloggerin Miroslava Duma, und seit Monaten eigentlich überall ausverkauft. Oder Pullis und Regenparkas mit dem Aufdruck "Polizei", die für rund 180 Euro zu haben waren (und inzwischen natürlich längst vergriffen sind). Weil er eines der gehypten Polizei-Capes trug, bekam ein junger Mann aus Stuttgart übrigens kürzlich Ärger mit der echten Polizei. Wie er im Interview mit der FAZ erzählte, wurde er im April wegen des Mantels in Gewahrsam genommen. Nach einer Stunde durfte er wieder gehen - ohne sein Vetements-Cape. Ihm droht sogar ein Prozess wegen Amtsanmaßung, weil das Cape dem Original-Regenmantel der Reiterstaffel so ähnlich sehe und bei Bürgern zu Verwechslungen führen könnte, heißt es bei der Polizei.

Wer steckt hinter dem It-Label?

Kreativer Kopf des 2014 gegründeten Labels ist Demna Gvasalia. Er arbeitet bei Vetements im Kollektiv mit sechs befreundeten Designern. Gvasalia wurde in Georgien geboren, zog als Jugendlicher mit seinen Eltern nach Deutschland und lebt inzwischen in Paris. In der Fashion-Welt ist er längst etabliert, auch wenn er sich mit seinem Label ganz Anti-Establishment gibt: Er studierte Modedesign in Antwerpen, arbeitete bei Maison Martin Margiela und wurde im Oktober 2015 zum neuen Kreativdirektor des Traditionshauses Balenciaga ernannt - als Nachfolger von Star-Designer Alexander Wang.

Promis wie Rihanna, Kanye West oder Alexa Chung lieben seine Entwürfe, die er selbst als "burschikose Ghetto-Mode" bezeichnet. Zum Markenzeichen des Labels sind neben den plakativen DHL-Shirts vor allem überdimensionierte Bomberjacken, Blusen mit überlangen Ärmeln, Kapuzenpullis und Tracksuits geworden. Ganz klar: Hier geht es nicht darum, die Trägerin besonders begehrenswert, verführerisch oder feminin wirken zu lassen. Das Gegenteil ist der Fall, Anti-Chic lautet die Parole. Gvasalia will sich außerhalb des etablierten Fashion-Business bewegen - und das funktioniert am besten, indem man die Grenzen des guten Geschmacks mit lautem Getöse einreißt. Das Ergebnis kann befremdlich bis albern wirken, nicht nur angesichts der horrenden Preise - eine interessante Abwechslung zum üblichen Einheitsbrei ist diese Form der Mode aber allemal.

jm&lt;br /&gt;<br />Teaser: Instagram; Catwalk Pictures

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