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Shopping-Beratung: Luxus? Steht mir!

Champagner in der Umkleidekabine, Schuhe mit Höhenangst-Absätzen und ein eigener Chauffeur: Was BRIGITTE-Redakteurin Katrin Schmiedekampf erlebt, als sie mit eigener Shopping-Beraterin durch ein Edelkaufhaus streift.

Ich brauche dringend Geld, viel Geld. 2975,85 Euro, um genau zu sein. Nein, ich habe weder Spielschulden noch möchte ich mir einen gebrauchten Twingo kaufen oder eine Kreuzfahrt in die Karibik buchen. Es ist etwas anders. Ich traue mich kaum, es auszusprechen. Nun ja - ich habe da ein paar Klamotten gesehen, die ich unbedingt haben muss. Ich hätte sie wahrscheinlich nie anprobiert, wenn ich nicht den Auftrag bekommen hätte, mit einer eigenen Shopping-Beraterin durch ein Kaufhaus in Stuttgart zu laufen. Ich fand die Idee toll. Ich konnte ja nicht ahnen, was das für Auswirkungen haben würde.

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Donnerstagmittag, viertel nach eins in Stuttgart. Das Kaufhaus Breuninger hat mir einen eigenen Fahrer geschickt: Wayne. Er chauffiert mich im Porsche Cayenne auf dem kürzesten Weg durch die Stadt und hält direkt vor dem Haupteingang. Diesen Service gibt es nicht nur für mich, sondern für alle, die eine Personal Shopperin bei Breuninger buchen. Ich fühle mich trotzdem schäbig. Ich habe nämlich nur 30 Euro dabei und nicht vor, etwas zu kaufen. Weil ich mir sicher bin, dass die Shopping-Beraterin mir einen merkwürdigen Fummel anziehen wird, aus dem ich schnell wieder raus will. Sie kennt mich nur vom Telefon, woher soll sie wissen, was ich für ein Typ bin? Ich versuche, mir meine Zweifel nicht anmerken zu lassen, und grinse freundlich, als mich meine Shopping-Beraterin in Empfang nimmt.

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Anastassia Ryborz-Eckl, 49, lächelt zurück. Sie ist ein wenig größer als ich, hat schwarze Haare, dunkelbraune Augen und einen strahlenden Blick. Wir nehmen die Rolltreppe in den zweiten Stock des Kaufhauses, laufen zur Abteilung "Special Service" und betreten die Umkleidekabine. Umkleidekabine ist eigentlich das falsche Wort für dieses Zimmer, in dem es einen riesigen Spiegel, mehrere Sessel und einen Vorhang gibt, hinter dem man sich umziehen kann.

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Außerdem einen Tisch mit Pralinen und Champagner - und eine Stange, auf der Unmengen von Klamotten hängen. Und: der wahrscheinlich schönste Mantel der Welt. Er ist himbeerfarben, hat eine A-Linien-Form und eine kleine Schleife am Hals. "Darf ich den mal anprobieren?", frage ich. Meine Shopping-Beraterin hat andere Pläne mit mir. Sie reicht mir ein hässliches schwarzes Jackett mit Goldknöpfen, eine dunkelblaue Jeans und Schnür- Schuhe mit wahnsinnig hohen Absätzen. Mit Ausnahme der Jeans wäre ich nie im Leben auf die Idee gekommen, so etwas anzuziehen. Aber gut, jetzt ist Abenteuergeist gefragt, ich schlüpfe in das vorbereitete Outfit und trete schwankend hinter dem Vorhang hervor. Die Schuhe verursachen Höhenangst. Skeptisch schaue ich in den Spiegel - und bin überrascht. Das Jackett ist einfach klasse. Es sieht seriös und trotzdem cool aus, schick, aber nicht spießig. Ich sehe mich darin in der nächsten Konferenz einen grandiosen Vorschlag machen. Alle Kolleginnen hängen an meinen Lippen.

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Frau Ryborz-Eckl reicht mir eine Sonnenbrille und cremefarbene Handschuhe. Ich sehe aus, als würde ich gleich zum Golfspielen fahren. Meine Shopping-Beraterin erzählt mir, ich sei ein klassisch-eleganter Typ. Der Stil, der ihrer Ansicht nach besonders gut an mir aussieht, ist ziemlich teuer: Das Goldknopf-Jackett würde mich 569 Euro kosten, die Schuhe 259 Euro. Was wohl auf dem Preisschild des Himbeer-Mantels steht? Ich schmachte zu ihm hinüber, denke an die 30 Euro in meiner Handtasche und verfluche mich dafür, dass ich meine ECKarte zu Hause auf dem Schreibtisch liegen gelassen habe.

Das nächste Kleidungsstück, das Frau Ryborz- Eckl sich für mich überlegt hat: eine blauweiß gestreifte Bluse. Ich ziehe sie an - und fühle mich furchtbar. Die Bluse reicht mir bis zu den Knien, die dicken blauen Streifen gefallen mir nicht. Zu allem Überfluss prangt auf meiner linken Brust noch ein Polospieler auf einem braunen Pferd. "Tut mir leid, aber das muss ich schnell wieder ausziehen", sage ich. Zum Glück ist meine Shopping-Beraterin nicht beleidigt. "Sie sollen sich auf keinen Fall verkleidet vorkommen", sagt sie. Es sei sehr wichtig, dass ich mich in den Klamotten wohl fühle. Das Ziel der sieben Shopping-Berater bei Breuninger sei, einen "Einklang zwischen dem äußeren Erscheinungsbild und dem inneren Wesen herzustellen".

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Mit dem dunkelroten Abendkleid klappt das deutlich besser. Es passt wie angegossen und sieht in Kombination mit einer schwarzen Netzstrumpfhose und spitzen Pumps verführerisch aus. Außerdem ist es schon für 155 Euro zu haben. Es klopft, Frau Ryborz-Eckl geht zur Tür. Ich nutze den unbeobachteten Augenblick, um den himbeerfarbenen Mantel überzuziehen. Er ist etwas groß.

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Frau Ryborz-Eckl führt mich in die Ecke des Kaufhauses, in der noch viele weitere himbeerfarbene Mäntel hängen. Einer davon passt perfekt, er ist ein Traum, der absolute Oberhammer. Leider kostet er 920 Euro. Ich schaue zum Fenster. Überlege, ob ich nach draußen klettern und mit dem Mantel durchbrennen könnte. Wenn nur die Schuhe nicht so hohe Absätze hätten.

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Frau Ryborz-Eckl hält mich zurück. Mit einem knallgrünen Pulli. "Ich kann Grün nicht leiden", sage ich ernüchtert. "Nun probieren Sie es doch einmal kurz aus", lockt sie. Grummelnd schlüpfe ich in den Rollkragenpullover. "Sehen Sie, der steht Ihnen", sagt Frau Ryborz-Eckl und zieht mich vor den Spiegel. Sie hat Recht. Vielleicht sollte ich öfter einmal etwas anderes als Rot, Weiß und Schwarz tragen. Ich bedanke mich für die kostenlosen Tipps und fahre mit leeren Händen nach Hause. Nehme mir vor, einen grünen Pulli zu kaufen. Und ab jetzt ganz, ganz viel Geld zu verdienen.

Kaufhäuser mit Shopping-Beratung Den kostenlosen Service gibt’s z. B. bei: Breuninger in Stuttgart, Tel. 07 11/ 211 18 90. KaDeWe in Berlin, Tel. 030/ 21 21 25 54. Alsterhaus Hamburg, Tel. 040/35 90 16 77. Ludwig Beck in München, Tel. 089/23 69 12 17.

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