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"Ihr habt einen großen Busen? Feiert ihn!"

Die Designerin Anna Scholz entwirft seit 20 Jahren Mode in großen Größen - und fragt sich, wie man auf die Idee kommt, einen Minimizer-BH zu kaufen.

BRIGITTE: Viele Plus-Size-Models sind in sozialen Netzwerken aktiv, es gibt ständig neue Body-Acceptance-Aktionen und immer mehr schöne Mode für große Größen. Hast du auch das Gefühl, dass sich da gerade etwas tut?

Anna Scholz: Ich arbeite seit 20 Jahren in dieser Branche und habe den Eindruck, dass es immer mal wieder solche Wellen gibt. Aber ich merke auch, dass üppige, modisch gekleidete Frauen dank Blogs und Instagram viel präsenter geworden sind. Kurvige haben eine starke Stimme bekommen und einige Plus-Size-Models sind richtig berühmt. Viele von ihnen propagieren, so wie ich auch, dass man jenseits der Größe 38 gesund und glücklich sein kann. Diese Botschaft finde ich enorm wichtig.

Das klingt sehr positiv. Gibt es Dinge, die dich nach der langen Zeit im Geschäft immer noch nerven?

Der gesamten Plus-Size-Branche wird immer mal vorgeworfen, dass wir es den Leuten zu leicht machen würden, dick zu sein. Es heißt dann gern, dass Übergewicht ein Gesellschaftsproblem sei und man es nicht auch noch unterstützen solle, indem man Mode in großen Größen anbietet. Aber die Leute sind ja nicht übergewichtig, weil wir ihnen schöne Mode zur Verfügung stellen! Ich finde es wahnsinnig wichtig, dass Leute ein positives Gefühl für sich selbst haben. Dazu gehört auch, etwas Schönes anzuziehen und dadurch vielleicht dazu angeregt zu werden, mehr auf sich zu achten, ein bisschen Sport zu treiben, sich gesund zu ernähren. Dabei geht es aber nicht um diesen wahnsinnigen Schlankheitswahn, der keinem Menschen guttut.

"Solange die Proportionen stimmen, könnt ihr alles tragen"

Inwieweit ist der Design-Prozess von Plus-Size-Kollektionen anders als das Entwerfen für reguläre Konfektionsgrößen?

Ich entscheide mich zunächst für einen Trend und überlege dann, wie ich ihn für einen kurvigen Körper umsetzen kann. Ich würde sagen, man muss geschickter sein in der Schnitttechnik. Es ist herausfordernder – auch, weil keine Größe 46 ist wie die andere. Einige Frauen tragen ihr Gewicht in der Mitte, andere an der Hüfte, wieder andere haben eine große Oberweite. Wir versuchen, mit verschiedenen Passformen verschiedene Figurtypen abzudecken. Ein Kleid mit einem Bindegürtel ist zum Beispiel eine gute Lösung, weil es sich individuell anpassen lässt. Mir geht es bei meinen Entwürfen nie darum, etwas zu verstecken. Ich möchte kleine Problemzonen kaschieren und die schönen Seiten unterstreichen.

Verrätst du uns ein paar Styling-Tipps? Was würdest du zum Beispiel Frauen mit sehr großem Busen raten?

Ich würde sagen: Feiert ihn! Es gibt nichts Schöneres als tolle Kurven. Die sollte man zelebrieren und nicht verstecken. Ich habe noch nie verstanden, warum sich jemand einen Minimizer-BH kauft, um alles platt zu drücken. Wer einen großen Busen hat, sollte in richtig gut sitzende BHs investieren. Ansonsten lautet der klassische Tipp: Tragt einen V-Ausschnitt, der streckt die Silhouette. Ich habe auch einen großen Busen und trage trotzdem ganz gern mal etwas Hochgeschlossenes. Das geht! Zu strenge Styling-Regeln finde ich doof. Egal ob Querstreifen, große oder kleine Muster – das funktioniert alles auch in großen Größen, solange die Proportionen insgesamt stimmen.

Und was sind deine Tipps, wenn man ein Bäuchlein hat?

Wir arbeiten bei den Schnitten viel mit Raffungen. Wenn der Stoff etwas lockerer fällt und fließt, zeichnet sich weniger ab. Sehr beliebt ist zum Beispiel ein Kleid von mir mit einer zweilagigen Vorderseite. Die Unterseite ist flach, die zweite Lage hat ein paar Falten, die den Bauch umspielen.

Anna Scholz für Sheego - die Herbst-/Winter-Kolllektion 2015

Was ist denn dein Lieblingsteil aus deiner neuen Herbst-/Winter-Kollektion für Sheego?

Sehr gern mag ich unsere Lederjacke mit den kleinen Raffungen an der Schulter. Sie passt auch super zu dem Spitzenkleid. Es ist so schade, wenn Kleider das ganze Jahr im Schrank hängen und nur zu besonderen Anlässen herausgeholt werden. Mit schweren Boots, einer dicken Strumpfhose und einer Lederjacke lassen sie sich jeden Tag tragen.

Und was sind deiner Meinung nach die größten Trends für den nächsten Sommer?

Die Siebziger Jahre mit Schlaghosen, Paisley-Mustern und Boho-Chic werden bleiben. Und in der Branche ist man sich einig, dass Gelb ganz stark im Kommen ist und frische Naturtöne Schwarz ablösen werden. Ich habe da allerdings meine Zweifel. Gerade in Deutschland ist und bleibt das schwarze Kleid der Favorit. Ich habe das Gefühl, dass Frauen hierzulande schon überzeugt werden müssen, überhaupt mal wieder ein Kleid anzuziehen. Und der erste Griff geht dann eben zum kleinen Schwarzen.

Welche Frauen bewunderst du für ihren Stil?

Salma Hayek ist toll, weil sie so wunderbare Kurven hat. Und modisch gesehen finde ich Solange Knowles, die jüngere Schwester von Beyoncé, ganz großartig. Sie geht so toll mit Farben und Drucken um und wirkt gleichzeitig so ungekünstelt.

Eine Video-Botschaft von Anna Scholz an alle BRIGITTE-Leserinnen

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