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Markus und Daniel Freitag im Interview

Markus und Daniel Freitag sind Brüder - und ein erfolgreiches Team. Gemeinsam haben sie vor 15 Jahren das Taschen-Label Freitag gegründet. Im Interview erzählen die sympathischen Züricher, wie aus einer spontanen Idee ein erfolgreiches Unternehmen wurde
Daniel und Markus Freitag (v.l.) sind die kreativen Köpfe hinter den Freitag-Taschen
Daniel und Markus Freitag (v.l.) sind die kreativen Köpfe hinter den Freitag-Taschen
© Theresa Rundel

1993, Zürich: Markus und sein Bruder Daniel sitzen am Küchentisch in Markus' kleiner Wohnung. Es regnet. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt. Denn eigentlich müssen die beiden Grafikdesign-Studenten gerade jetzt ihre neuesten Entwürfe abgeben. Ein Auto haben sie nicht, nur ein Fahrrad, oder besser gesagt "Velo", wie es die Schweizer nennen. Und plötzlich ist die Idee geboren: Was sie jetzt bräuchten, ist eine Kuriertasche aus wasserabweisenden, robusten Planen.

2008, Hamburg: Daniel,37, und Markus,38, sitzen auf der kleinen schwarzen Ledercouch in der Lobby der Hamburger Deichtorhallen. Das Grafikdesign-Studium haben sie abgeschlossen. Ein Auto haben sie mittlerweile auch. Nur Taschen produzieren sie immer noch. Ihre Geschichte erzählen sie uns im Interview.

BYM.de: Kam euch die Idee für euer Taschenkonzept eigentlich wirklich so spontan?

Markus: Ja, wir wollten nur eine Fahrradkurier-Tasche, es gab keine zu kaufen und dann beschlossen wir eben, selbst eine zu machen.

Das Küchenfenster der Jungs
Das Küchenfenster der Jungs
© Daniel Freitag

BYM.de: Ihr hab damals an einer sehr stark befahrenen Straße gewohnt, richtig?

Markus: Ja, und der Blick auf die Straße hat uns die Antwort auf die Materialfrage gegeben. Ständig bretterten die LKWs an unserem Küchenfenster entlang! Die Planen waren perfekt: robust, wasserfest und innerhalb von nur einer Woche hatten wir den ersten Prototyp gefertigt. So kam das Material von der Straße wieder auf die Straße.

BYM.de: Wie seid ihr denn überhaupt an das Material gekommen?

Markus: Wir sind zu einer Spedition gefahren, haben uns dort ein Stück LKW-Plane geholt, haben Autogurte und Fahrradschläuche besorgt und haben die Tasche dann mit der Nähmaschine unserer Mutter zusammengenäht.

Daniel: Die haben wir dabei allerdings zerstört, weil sie mit der LKW-Plane überfordert war.

Markus: Ja, das stimmt. Eine neue Nähmaschine war dann auch unsere erste große Investition.

Daniel: Das war eine alte Industriemaschine für etwa 100 Euro, mit der wir die erste Serie produziert haben.

Markus und sein Bruder Daniel (v.l.)
Markus und sein Bruder Daniel (v.l.)
© Theresa Rundel

BYM.de: Wie viele Taschen umfasste die erste Serie?

Daniel: Das waren so in etwa zehn bis fünfzehn Taschen.

BYM.de: Und wer hat sie gekauft?

Markus: Unsere Freunde und Mitstudenten waren unsere ersten Kunden. Dabei hat die erste Tasche wirklich schrecklich ausgesehen! Sie war dreckig, hat auch ein wenig gestunken, kein Label war aufgenäht, und dennoch war eine gewisse Anziehungskraft schon damals vorhanden. Dank unserer lieben Kunden haben wir dann begonnen, immer mehr Taschen zu machen. Am Anfang war es nur ein Hobby, auf die Ich-AG-Welle sind wir dann erst später aufgesprungen.

BYM.de: Das klingt so einfach. Gab es nie Schwierigkeiten?

Markus: Doch. Am Anfang haben wir nur in unserer Freizeit produziert und dann irgendwann festgestellt, dass wir wohl nicht davon leben können werden. Wir waren kurz davor, aufzuhören, hatten aber noch einen kleinen Berg mit alten Planen, die wir vorher noch verarbeiten wollten. Während dieser zwei Monate stellten wir fest, dass es viel zu schade wäre, aufzuhören. Also haben wir unsere richtigen Jobs gekündigt, um unsere Taschen professionell zu produzieren.

BYM.de: Woher kam das Geld? Gab es Investoren?

Daniel: Es gibt keine Investoren. Einzig und allein die Nähmaschine war eine Investition. Wir haben eine Tasche genäht, diese verkauft und die nächsten beiden aus deren Erlös produziert. Und so haben wir uns entwickelt.

Was in der Küche begann, findet nun hier in der Produktionsfirma in Zürich statt
Was in der Küche begann, findet nun hier in der Produktionsfirma in Zürich statt
© Freitag

BYM.de: Was braucht eine gute Idee, um eurer Meinung nach erfolgreich zu sein?

Markus: Ich glaube, es gibt schon viel zu viele Produkte. Eine normale Handtasche zu machen, wäre meiner Meinung nach nicht nötig gewesen. Im Fall von Freitag gab es ganz klare Argumente: Sie sind funktional, was man von vielen Taschen nicht behaupten kann. Sie haben eine hohe Qualität und sind bezahlbar. Und jede Tasche ist ein Unikat. Wobei das mit der Individualität erst später hinzukam. Denn erst, als wir die zweite LKW-Plane gekauft hatten, merkten wir, dass in dem unterschiedlichen Design dieser Planen ein großes Potenzial liegt. Eine gute Idee braucht demnach ganz klare Unterscheidungsmerkmale. Und natürlich auch Glück.

Daniel: Zum einen sollte das Produkt einen klar definierbaren Nutzen haben. Und sobald es neben diesem noch weitere Argumente für das Produkt gibt, ist es eine gute Idee.

BYM.de: Was ratet ihr jungen Leuten, die ihre Idee verwirklichen wollen?

Markus: Gerade gestern haben wir in Hamburg einen Vortrag an einer Kunstschule zum Thema gehalten. Wir haben den Studentinnen und Studenten geraten, klein anzufangen. Zunächst sollte man einen Prototypen entwickeln und seine Funktionalität testen. Erst dann sollte man damit beginnen, eine Firma oder eine Marke um die Idee herum zu entwickeln. Es kann ganz schön gefährlich sein, zunächst einmal nur die Zahlen zu kalkulieren, Marktgrößen zu berechnen und dann erst das Produkt zu testen, weil man dann vielleicht doch feststellen muss, dass es nicht funktioniert.

BYM.de: Das Produkt steht also ganz klar im Vordergrund.

Markus: Ja. Man muss sich immer zunächst selbst von seinem eigenen Produkt überzeugen können. Das macht schon Sinn. Ansonsten ist es die falsche Idee.

Daniel: In unserem Fall sind ja auch keine großen Maschinen notwendig, keine großen Werkzeuge, keine spezielle, sehr komplizierte Technik. Und das machte es uns einfach, zu beginnen. Eine Idee, mit der das möglich ist, befindet sich auf einem guten Weg.

Der Freitag-Shop in Zürich besteht aus alten Containern
Der Freitag-Shop in Zürich besteht aus alten Containern
© Freitag

BYM.de: Wie ist es für euch, mit dem Bruder zusammenzuarbeiten?

Daniel: Ich glaube, dass man es mit Geschwistern leichter hat. Die letzten fünfzehn Jahre sprechen da auch für sich. Wir haben schon im Kinderzimmer geübt, miteinander zu kommunizieren. Heute sind manche Dialoge sogar so stark verkürzt, dass wir sie für Außenstehende übersetzen müssen. Klar ist es nicht immer einfach. Aber man kann sich eben auch mal offen und ehrlich die Meinung sagen und spätestens an Weihnachten unter'm Christbaum ist dann wieder alles in Ordnung.

Markus: Und seitdem wir ein paar Mitarbeiter haben, haben wir uns auch wieder ein paar Umgangsformen angewöhnt, die im Allgemeinen gebräuchlich sind. (lacht) Also nicht mehr so ganz wie im Kinderzimmer.

BYM.de: Vor fünfzehn Jahren wurde man als „Öko“ beschimpft, befasste man sich mit der Nachhaltigkeit der Ressourcen. Ganz im Gegenteil zu heute. Wurdet auch ihr damals belächelt?

Markus: Unsere Kunden haben uns verstanden und unser Anliegen sehr ernst genommen. Belächelt wurden wir eigentlich eher von den Spediteuren. Für die war es einfach eine dreckige Plane. Das war für sie anfangs schon seltsam. Heute überhaupt nicht mehr. Wir haben sehr viele Lieferanten, die mittlerweile großen Spaß daran haben.

Auch im Freitag-Shop in Hamburg ist die Auswahl riesig
Auch im Freitag-Shop in Hamburg ist die Auswahl riesig
© Theresa Rundel

BYM.de: Glaubt ihr, dass die Zukunft der Mode in einem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen liegt?

Daniel: Das hoffe ich. Dabei besteht die Gefahr, dass es medial vielleicht derzeit auch fast ein zu großes Thema ist. Hoffentlich nehmen die Unternehmen das wirklich ernst und setzen nachhaltig auf dieses Thema anstatt es kurzfristig auszuschlachten, um bekannter zu werden und einen höheren Profit zu machen. Ob nach der jetzigen grünen Welle wieder die Dekadenz gefragt ist, ob die Modewelt zu schnell wieder in eine andere Richtung umschlägt, das bleibt zu beobachten. Vielleicht ist es in Zukunft gar kein großes Unterscheidungsmerkmal mehr sondern wird Normalität, das hoffe ich.

BYM.de: Welche Pläne hat Freitag für die Zukunft?

Daniel: Taschen machen! (lacht) Das, was wir machen, versuchen wir richtig zu machen, besser zu machen. Es gibt noch viel zu tun. Es gibt noch viele Taschen, die wir gestalten wollen. Und wir haben sehr viel Spaß an unserem Produkt.

Interview Veronika Zweckerl

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