Wer ausschließlich vegane Mode kauft, verzichtet auf Leder, Wolle, Seide, Pelz und Daunen. Ist das wirklich immer nötig? Und wie alltagstauglich sind die Alternativen? Die wichtigsten Infos und Shop-Empfehlungen.
Das stimmt nicht ganz. Nach Angaben der Tierrechtsorganisation Peta werden 40 Prozent der Tiere nur wegen ihres Leders geschlachtet, ihr Fleisch wird nicht gegessen. Wie sehr manche Tiere für unsere Kleidung leiden müssen, zeigt das Beispiel Indien: Dort werden Kühe von den Hindus als heilig verehrt. Das Schlachten von Kühen ist in großen Teilen Indiens verboten. Nach Schätzungen von Peta werden deshalb pro Jahr zwei Millionen indischer Kühe über weite Strecken in das benachbarte Bangladesh transportiert - meist in viel zu engen Transportern und ohne Wasser oder Futter - und dort getötet. Die Produktion von Leder ist zudem alles andere als umweltfreundlich. Üblicherweise wird mit Chrom gegerbt, was sowohl der Natur als auch den Menschen schadet. In Deutschland beziehen wir Lederkleidung und -schuhe zu fast 100 Prozent aus dem Ausland – und wissen nicht, zu welchen Bedingungen dort produziert wird.
Hochwertige Kunstleder-Schuhe können, im Gegensatz zu billigen PVC-Schuhen, durchaus mit der Qualität von Lederschuhen mithalten. Modernes Gewebe wie Polyurethan (PU) enthält feine Poren und ist dadurch atmungsaktiv. Außerdem ist es dehnbar und passt sich dem Fuß ein Stück weit an. Im Gegensatz zu PVC enthält es auch keine Weichmacher.
Das Siegel „Standard Naturleder“ vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) garantiert unter anderem, dass das Leder umweltfreundlich hergestellt und pflanzlich gegerbt wird. Bei der Tierfreundlichkeit wird es schon schwieriger: Woher die Häute für das Leder stammen und wie die Tiere gehalten wurden, erfährt man als Käufer nicht. Und auch die Bezeichnung „Bio-Leder“ führt eher in die Irre, denn der Begriff ist nicht geschützt. Meist wurde „Bio-Leder“ zwar pflanzlich gegerbt, die Häute stammen aber nicht von Tieren aus kontrolliert biologischer Tierhaltung. Tatsächlich gibt es für Leder im Gegensatz zu Fleisch aus Bio-Haltung keine Kennzeichnung, da die Häute in den Schlachtereien nicht getrennt werden. Trotzdem achten einige wenige Lederhersteller in Deutschland neben der Umwelt- auch auf die Tierfreundlichkeit. Anne-Christin Bansleben beispielsweise, Geschäftsführerin des Labels „Deepmello“, bezieht die Häute für ihr Leder ausschließlich von Kleinbauernhöfen aus Deutschland, davon etwa die Hälfte aus ökologischer Tierhaltung. „Es ist uns wichtig, zu wissen, woher die Tiere kommen“, sagt Bansleben. Das Leder aus Ihrer Produktion wird zudem pflanzlich mit Rhabarber gegerbt, die komplette Produktion findet in Deutschland statt. Auch der Leder-Hersteller „Ecopell“ kauft ausschließlich Häute aus Bayern und arbeitet daran, den Anteil aus ökologischer Tierhaltung zu erhöhen. Doch das sind leider Ausnahmen, die zudem sehr kostspielig sind. Schuhe aus der aktuellen Kollektion von „Deepmello“ gibt es ab 350 Euro, für eine Lederjacke der Designerin Aleks Kurkowski, die ausschließlich mit „Deepmello“-Leder arbeitet, legt man mal eben 669 Euro hin. Die gute Nachricht: Auch einige konventionelle Hersteller verarbeiten inzwischen Leder von Tieren aus biologischer Haltung in ihren Kollektionen. Beim bayerischen Berg- und Trekkingschuhersteller „Hanwag“ gibt es beispielsweise Schuhe aus Leder von kroatischen Bio-Bauernhöfen und auch H&M hat Produkte aus Bio-Leder von schwedischen Bio-Höfen im Sortiment. Noch ist der Anteil gering, aber: Die Nachfrage bestimmt das Angebot.
Im Sommer sind zum Beispiel auch Stoffschuhe aus Baumwolle, Leinen oder Hanf eine gute Wahl. Und für Accessoires wie Gürtel oder Geldbörsen ist Kork gut geeignet.
Bei Schafen denken wir an Tiere, die glücklich den ganzen Tag auf der Wiese grasen und einmal im Jahr geschoren werden. Leider ist die Realität meist anders: Haupt-Wollproduzent ist Australien. Die Tiere werden dort in riesigen Gruppen in engen Umzäunungen gehalten. Sie werden durch Chemiebäder getrieben, um Insekten im Fell abzutöten. Zudem ist in Australien das qualvolle Mulesing nach wie vor gängige Praxis. Dabei wird den Lämmern der Merinoschafe ohne Betäubung ein Hautstück um den After herum weggeschnitten, um den Befall mit Fliegenmaden zu verhindern. Die Nachfrage nach Wolle steigt. Vor allem in der Outdoor-Branche wird die feine, geruchsneutrale Merinowolle inzwischen verstärkt eingesetzt - als natürliche Alternative zu Kunstfasern aus Polyester oder Polyamid. Unternehmen wie H&M, Icebreaker, Puma und Adidas verwenden zumindest Mulesing-freie Wolle.
Das ist tatsächlich nicht ganz einfach. So werden Jeans zwar aus Baumwolle produziert, aber das aufgenähte Label ist in der Regel aus Leder. Noch schwieriger wird es bei verdeckten tierischen Produkten wie Textilfarbe aus Läusen und Kleber auf Fischmehlbasis. Seit Oktober 2013 gibt es ein Label von Peta, mit dem vegane Kleidung gekennzeichnet wird: „Peta-Approved Vegan“ steht drauf. Bislang nutzen jedoch nur wenige Hersteller – in Europa rund zwei Dutzend - das kostenlose Angebot. Das hilft beim Bummel durch die Geschäfte nicht wirklich weiter. Wer jedoch gezielt im Internet oder in den entsprechenden Geschäften einkaufen möchte, findet hier eine Liste der Firmen, die das Logo nutzen: www.peta.de/petaapprovedvegan#.U5gCh15lxCc
„Umweltschutz ist auch immer Tierschutz“, sagt Sascha Klemz, Mitinhaber des Unternehmens Zündstoff, einem Anbieter von fairer und ökologischer Kleidung aus Freiburg. Seine Begründung: „Wenn durch eine kaputte Ölplattform Vögel sterben, sind Kunstlederschuhe auch nicht tierfreundlicher als Lederschuhe“. Das Problem: Alternativen zu tierischen Produkten werden oft aus Erdöl hergestellt. Das gilt neben Kunstlederschuhen auch für Fleece und viele Funktionsshirts. Tipp: Auf recycelte oder gebrauchte Produkte setzen und auf gute Qualität und Langlebigkeit achten.
Keine Angst, es gibt eine ganze Menge umwelt- und tierfreundlicher Materialien: Bio-Leinen, -Hanf und -Baumwolle sind in Sachen Nachhaltigkeit die Favoriten. Dasselbe gilt für recycelte Baumwolle. Sogar Chemiefasern wie Polyester und Nylon sind okay, wenn es sich um wiederverwertete Fasern handelt. Die genannten Materialien sind alle in den Top-Klassen A und B von „Made-By“, einer Organisation, die die Umweltfreundlichkeit verschiedener Fasern vergleicht. Zu ihren Empfehlungen gehören auch Innovationen wie Monocel und Tencel. Beide Fasern werden in einem chemischen Prozess aus natürlichen Rohstoffen hergestellt. Das Verfahren ist deutlich umweltfreundlicher als beispielsweise bei Viskose. Monocel und Tencel fühlen sich an wie Seide, sind atmungsaktiv und transportieren Feuchtigkeit vom Körper weg. Sie können problemlos Bettdecken mit Daunenfüllung und Funktionsshirt aus Polyester oder Merinowolle ersetzen.
In diesen Shops gibt es vegane Kleidung, die zudem größtenteils fair und ökologisch produziert wurde:
www.onlineshop.deargoods.com www.muso-koroni.com www.hansvurst.de www.bleed-clothing.com www.umasan-world.com www.avesu.de