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Leben ohne Gott 7 Dinge, an die ich auch als Atheistin glauben muss

Woran glauben Atheisten? Eine Frau von hinten
© Alexander Deviatka / Shutterstock
Atheist*innen sind ungläubige, fantasielose, rational denkende Menschen? Dem würde unsere gottlose Autorin aber entschieden widersprechen.

Laut Wikipedia ist in etwa jeder siebte Mensch in Deutschland atheistisch und ich zähle mich dazu, seit ich knapp über 20 bin. Als Kind habe ich an Gott geglaubt und jeden Abend gebetet (allerdings ohne je offiziell einer Religionsgemeinschaft angehört zu haben), als Jugendliche und zu Beginn meines Studiums war ich unentschieden, also Agnostikerin, und mittlerweile bin ich seit gut zehn Jahren Atheistin und fühle mich angekommen. Für mich war es gut und wichtig, mich festzulegen, und ich empfinde es nach wie vor als kraftspendend, große Erleichterung und Befreiung, Gott los zu sein.

Wenn ich mich mit religiösen Menschen austausche (was ich zugegebenermaßen nicht täglich tue, aber doch hin und wieder), merke ich oft, dass sie denken, als Atheistin glaube ich an gar nichts. Das ist allerdings ein Irrtum, ich glaube an seeeehr viel. Um nur sieben Beispiele zu nennen ...

7 Dinge, an die ich als Atheistin glauben muss

1. Ich glaube, dass es Gott nicht gibt.

Das Wichtigste zuerst: Ich glaube nicht einfach nur nicht an Gott, sondern ich glaube, dass es ihn nicht gibt. Ich könnte auch sagen, ich weiß oder bin überzeugt, dass es ihn nicht gibt, aber ebenso könnten religiöse Menschen sagen, sie wissen oder sind überzeugt davon, dass es ihn gibt. Für mich ist das allein eine Frage der Formulierung bzw. der Reflexionsfähigkeit: Ich weiß, dass ich nichts weiß, deshalb kann ich nur glauben. Wer (gerade in Bezug auf Gott) behauptet zu wissen, hat entweder eine andere Auffassung von Wissen als ich oder ist womöglich weniger reflektiert.

2. Ich glaube an den Zufall.

Da für mich kein höherer Plan und Schöpfer hinter meinem und all den anderen Leben auf dieser Erde steckt, muss ich mir die Frage, wie das alles wohl zustande gekommen ist und was das soll, irgendwie anders beantworten – und momentan tendiere ich stark zum Zufall. Klar haben irgendwelche physikalischen Kräfte dazu geführt, dass unser Universum so aufgebaut ist, wie es ist, und in unserer Galaxie ein Planet existiert, auf dem sich dank seiner Atmosphäre und Beschaffenheit Leben bilden und auf erstaunliche Weise entwickeln und vervielfältigen konnte. Aber dass diese Kräfte so wirken (müssen), wie sie wirken, oder dass z. B. ausgerechnet ich entstanden bin, weil meine Eltern in einem ganz bestimmten Moment Sex hatten, darin sehe ich keinen höheren Sinn oder Plan, sondern einfach nur einen sehr glücklichen Zufall.

3. Ich glaube, dass es Leben auch auf anderen Planeten in unserem Universum gibt.

Ich kenne mich mit Astronomie nicht so gut aus, aber wenn die Naturgesetze, die in der Milchstraße gelten, das auch in anderen Galaxien tun, und wenn es dort ähnliche Materialien gibt wie bei uns, glaube ich, dass wir Erdlinge nicht die einzigen Lebewesen sind.

4. Ich glaube, dass es mit dem Tod nicht einfach zu Ende ist.

Ich glaube zwar weder an Himmel, Hölle oder unsterbliche Seele, aber daran, dass jedes Leben, insbesondere jedes Menschenleben, nach dem Tod noch Auswirkungen hat. Wie groß diese Auswirkungen sind, hängt von der jeweiligen Person ab (bei einem Immanuel Kant sind sie z. B. sicherlich größer als bei mir), doch es spielt meiner Meinung nach auch keine Rolle. Jeder Mensch gibt irgendetwas weiter, ob an seine Kinder, Freunde, Verwandte oder auch nur eine flüchtige Bekanntschaft. Mit dem Tod machen wir anderen Platz, aber verschwinden meinem Glauben zufolge nicht.

5. Ich glaube an mich.

Kurz nachdem ich mich entschieden hatte, dass es Gott für mich nicht gibt, habe ich gemerkt, wie sehr mein Selbstvertrauen dadurch gewachsen ist. Ich glaube, dass ich ganz allein oder mit der Hilfe meiner Liebsten richtige Entscheidungen treffen und Herausforderungen bewältigen kann. Auch aus Lebenskrisen bin ich bislang immer ziemlich gut ohne Gottes Beistand herausgekommen – ich persönlich komme tatsächlich deutlich besser klar, seit ich mich auf mich selbst verlasse, statt auf Gott.

6. Ich glaube, jeder verdient Vergebung.

Ich finde es schwierig, über Menschen zu urteilen, aber ich glaube eher an das Gute im Menschen als an das Schlechte – wahrscheinlich weil ich glaube, dass grundsätzlich alles etwas Gutes hat bzw. dass es mir besser damit geht, wenn ich in allem etwas Gutes sehe. Wenn Menschen sich blöd verhalten, z. B. andere verletzen oder sogar Schlimmeres tun, glaube ich, dass sie aus irgendwelchen Gründen nicht anders konnten. Vielleicht waren sie krank, traumatisiert oder einfach völlig überfordert, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der eine Situation klar erfasst, aus reiner Böswilligkeit Schaden anrichtet. Deshalb bin ich der Meinung, dass jeder Vergebung verdient und mehrere Chancen bekommen sollte – wenn er Reue, Einsicht und den Willen zur Besserung zeigt. 

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7. Ich glaube, dass es gut ist zu glauben.

Ich bezweifle, dass ich glücklich sein könnte, ohne an die genannten und vielen anderen Dinge zu glauben, an die ich glaube. Wahrscheinlich würde mich die Unklarheit und Unentschiedenheit ziemlich quälen und um meinen Schlaf bringen. Deshalb respektiere und schätze ich auch jeden Glauben und jede Religion – ich freue mich für jeden Menschen, für den das, was im Koran oder der Bibel oder sonst einer religiösen Schrift steht, Sinn macht und funktioniert. Ich glaube, dass wir von einer Vielfalt an Glaubensrichtungen und Glaubenssätzen profitieren und uns gegenseitig bereichern und inspirieren können. Allerdings nur, wenn wir dafür offen sind und zuhören – und nicht versuchen, andere von unserem Glauben zu überzeugen.

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