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Zurück in die Vergangenheit Wie mein Kindheitshobby heute mehr Leichtigkeit in mein Leben bringt

Wie mein Kindheitshobby heute mehr Leichtigkeit in mein Leben bringt
© Jacob Lund Photography / Action Press
Unsere Autorin hat mit Ende zwanzig wieder angefangen, im Chor zu singen. Wie das Kindheitshobby ihr Leben heute positiv beeinflusst, erfahrt ihr hier.

Hat dich der Alltag mal wieder in seinen Klauen? Hakst du fleißig To-dos auf deiner To-do-Liste ab, die jedoch nie enden will? Und erwischst du dich beim erschöpften Aufatmen dann dabei, wie du dir denkst: Früher war alles besser. Als deine größte Sorge war, die Hausaufgaben nicht gemacht zu haben und diese dann hektisch im Bus bei der Sitznachbarin abzuschreiben – oder der Vokabeltest, für den du nicht gelernt hast. Sonst fühlte sich das Leben doch früher meist süß und leicht an – wie ein großer flauschiger Teppich, der sich vor dir ausbreitet und in dem deine Zehen leicht versinken.

Die Nostalgie-Falle

Viel zu oft schwelgen wir ganz nostalgisch in unseren Erinnerungen. Fast jede:r sehnt sich mal zurück nach Kindheit und Jugend, denkt an Pippi Langstrumpf und Bumbum-Eis aus dem Freibad – und vielleicht auch an das Kindheitshobby. Dazu sollte gesagt sein, dass wir im Nachhinein auf unser Leben gerne durch eine rosarote Brille schauen, die Negatives im Laufe der Zeit einfach ausblendet. "Der Wert der Erinnerung ergibt sich aus dem Gedanken", erklärt Daniel Rettig in "Die guten ­alten Zeiten. Warum Nostalgie uns glücklich macht". Heißt also, dass die Erinnerungen, die wir gesammelt haben, mit den Jahren immer schöner werden. Und solange sie uns ab und an durch die Ungewissheiten und Herausforderungen des Erwachsenenlebens tragen, ist es völlig fein, in diesen zu schwelgen. 

Jedoch sollten wir dabei nicht das aus den Augen verlieren, was wir wirklich noch zu unseren Wünschen gestalten können. Schon Paul Watzlawick schrieb 1983 in "Anleitung zum Unglücklichsein", dass der Mensch sich selber unglücklich mache, indem er in sich in Gedanken ständig in der Vergangenheit aufhalte, statt im Hier und Jetzt. Denn die Gegenwart ist doch die Zeit, die wir aktiv beeinflussen können, im Vergleich zur Vergangenheit, die bereits abgeschlossen ist und der Zukunft, die noch vor uns liegt. Aus diesem Grund habe ich mir vorgenommen, nicht mehr nur verklärt an meine Jugend zu denken, sondern ein Stück dieser Unbeschwertheit in mein jetziges Leben zurückzuholen.

So holst du dir die Leichtigkeit von früher zurück

Kinder sind mutig, neugierig, vergessen sich selbst. Das sind Fähigkeiten, die im Erwachsenenalter verloren gehen und oft von Vernunft überschattet werden. Einige dieser Fähigkeiten können der Seele aber auch heute noch guttun, bestätigt Psychologin Stefanie Stahl in "Das Kind in dir muss Heimat finden". Ich habe mich dazu entschieden, einen Teil meiner Kindheit in Form eines Hobbys in mein heutiges Leben zu integrieren. Ich habe früher viel gesungen. Nahezu meine gesamte Kindergarten- und Schulzeit über war ich im Chor. Dann irgendwann wurde singen uncool und obwohl es mir immer noch Spaß bereitet hat, bin ich einfach nicht mehr zu den Proben hingegangen. 

Seit kurzem singe ich wieder in einem Chor und ich liebe es. Ich habe nicht erwartet, dass das Gefühl von früher eins zu eins zu mir zurückkommt – und das ist es auch nicht. Heute fühle ich mich zwar beim Singen nur fast genauso frei wie früher, aber es ist ein Gefühl von Dankbarkeit hinzugekommen, das ich als Kind nicht verspürte. Dankbarkeit mit Gleichgesinnten zusammenkommen zu dürfen, meine Stimme benutzen zu dürfen, Verbundenheit.

Einen Versuch ist es wert

Das Singen ist nun mehr als ein Blick durch die rosarote Brille in die Vergangenheit, es ist ein aktiver Bestandteil meines Lebens – durch den ich so richtig abschalten kann. Das fühlt sich gut an. Stefanie Stahl bestätigt das. Sie erklärt, dass wir uns durch alte Hobbys oder auch ganz simpel Bewegung dem inneren Kind annähern können. Dabei kann es selbstverständlich auch passieren, dass sich der rosarote Filter, durch den wir die Erinnerung gesehen haben, plötzlich auflöst, das Bumbum-Eis aus dem Freibad doch eher nach verstaubten Kaugummi schmeckt statt nach gefrorenem Glück. Aber einen Versuch ist es allemal wert – und ansonsten muss eben ein neues Hobby her.

Brigitte

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