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Warum sich Männer und Frauen beim Autofahren nicht ausstehen können

Warum sich Männer und Frauen beim Autofahren nicht ausstehen können
© Getty Images
Frau am Steuer, Ungeheuer? Geschenkt! So richtig gemein werden Frauen als Beifahrer, findet jedenfalls unser Kolumnist. Der fährt gern schnell. Zu schnell
von Björn Krause

Rechts ist das Pedal, das Krach macht. Also trete ich drauf. Hab es eilig heute. Überall zwischen dort, wo ich bin, und dort, wo ich hinwill. Dann ein Blitz ohne Donner. Grelles Licht, blutrot in meinen Augen, bei über 150 Sachen, wo nur 130 erlaubt sind. Oder 120? Oder weniger? Aquaplaning in meinem Kopf. Scheiße. So eine blöde Scheiße.

Wut steigt in mir auf wie Quecksilber in einem Thermometer. Stelle mir einen Polizisten vor, in einem dunkelblauen Ford Transit mit getönten Scheiben, versteckt unter einer Autobahnbrücke. Wie er seit Stunden da lauert. Eingeschlafene Füße, gespannte Uniform, winzige Hörner unter der Mütze. Schnappatmig lachend bei jedem Blitz, dass ihm Krümel aus dem Mund fliegen und kalter Kaffee aus der Nase schwappt. „Abzocker!“, brülle ich. Und „Wegelagerei!“ Und „Mist, Mist, Mist!“

Kann man die ausstellen?

„Selbst schuld“, sagt die Frau an meiner Seite. Nicht das Navi. Die Frau, die sich nicht abschalten lässt. Die Beifahrerin. „Musst ja nicht so rasen.“ Kurze Stille. Unangenehm wie zwischen dem Befehl „Legt an“ und „Feuer“. Schaue rüber zu dir und deinem Grinsen, das ich dir jetzt gern um deinen Hals schnüren möchte, Liebling. Stattdessen Fokus aufs Cockpit. Verkrampfte Hände, weiße Knöchel. Puls im roten Bereich. Sehe deine Worte bildlich vor mir. Überfahre sie. Mehrmals.

Bist noch nicht fertig. Bohrst den erhobenen Zeigefinger tiefer in meine Wunde und rührst darin herum. „Ich bin ja noch nie geblitzt worden“, sagst du. Das wird auch so bleiben. Du wirst nicht geblitzt. Du wirst in Stein gehauen. Weil du nämlich so langsam fährst, dass dich altersschwache Eichen überholen. Trotzdem bist du erfolgreich darin, Autolack wie Blütenstaub in der Stadt zu verteilen. Ein kratzender Regen aus tornadorotem Perleffekt, in Parkhäusern, an Verkehrsschildern und Carports. Stoßstangen wie Knie von Fünfjährigen.

Bitte nicht auch noch hinters Steuer!

Das alles sage ich nicht. Hebe ich mir auf für den Moment, wenn ich mal wieder Beifahrer bin. Beifahrer. Habe sofort Phantomschmerzen im rechten Fuß. Ein Albtraum. Für uns beide. Auf der linken Seite du, den Sitz so weit vorgezogen, dass deine Wimpern die Windschutzscheibe kitzeln. Auf der rechten Seite ich, mit einer Hand am Haltegriff und der anderen im Schwebezustand über der Handbremse. Interessanter Gedanke, ungünstiger Moment. Wir haben hier schon viel zu viel Zeit verloren. Rechts ist das Pedal, das Krach macht. Also trete ich drauf.

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