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Freundschaft Warum ich mich öfter nur wie eine Followerin meiner Freundinnen fühle

Eine Frau schaut lustlos auf ihr Handy
© Beton Studio / Adobe Stock
Hier ein Link, da ein Reel, dort ein digitales Herz: Ich vermisse die Zeit, wo man sich geschrieben, ein paar Worte gewechselt oder sich angerufen hat. 

Trotz der sozialen Medien ist es schwierig geworden, sich mit Menschen zu verbinden. Gerade mit denjenigen, die ich seit Jahren kenne und die mir wirklich wichtig sind. Ein Problem ist die räumliche Distanz, da viele von uns nicht in derselben Stadt wohnen. Ein anderes ist, dass wir offenbar verlernt haben, uns Zeit füreinander zu nehmen. Aber dürfen unsere Empfindungen wirklich nur noch mit GIFs, Videos und digitalen Herzen gezeigt werden? 

Ich weiß, dass das viele Menschen nicht stört. Mir persönlich fehlen die Gespräche über ernste und wichtige Themen, die wir früher hatten, und es fühlt sich so an, als ob die Verbindung mit manchen Freund:innen schwindet. Offenbar sehen wir das, was eine Freundschaft ausmacht, ziemlich unterschiedlich. Wo ein Reel für sie ein netter Austausch bedeutet und ein "Hey, ich habe dabei an dich gedacht", löst es bei mir ein "Oh nein, schon wieder etwas, das ich mir ansehen und worauf ich reagieren soll", aus. Ich persönlich würde lieber weniger Zeit am Handy verbringen, denn mich zieht die dort investierte Zeit oft runter. Außerdem leben wir doch real und nicht digital, auch wenn es sich nicht immer so anfühlt.

Ich hatte genug von den sozialen Medien

Von Snapchat trennte ich mich als erstes. Danach war mein größter Störfaktor Instagram. Seit einer gefühlten Ewigkeit hatte ich keine Lust mehr, durch den Feed zu scrollen und Zeit zu verlieren, die ich anderswo gebrauchen könnte. Die Storys meiner Freundinnen interessierten mich immer weniger, das fünfte Spaziergangsvideo der Woche, die Sonnenuntergangsbilder, all das brachte mich absolut nicht weiter. Ich wollte nicht mehr. Und wenn ich mal etwas dazu schrieb, wurde ein Herz unter die Nachricht gesetzt. Abgehakt. So wirkte das auf mich. Eine menschliche Reaktion zu zeigen, haben viele im digitalen Trott verlernt. Gleichzeitig hatte ich keine Lust, selbst etwas aus meinem Leben zu posten. Ein Bild meiner Kaffeetasse oder vom Kuchen im Café erschien mir so unfassbar leer. Ich wollte lieber in dem Moment sein und diesen mit den Menschen vor Ort genießen anstatt mich von einem Beitrag im Internet ablenken zu lassen.

Im Urlaub nahm ich mir die Zeit, abends meine Storys zu befüllen. Was auch daran lag, dass meine Reisebegleitung das Gleiche tat. Ich fand das so unnötig – und die meisten Menschen, die sich die Bilder und Videos ansahen, blieben stille Beobachter:innen. Ich selbst hatte außer den Likes also nichts davon. Ich fragte mich, wozu? Um andere neidisch zu machen, um in die Welt zu posaunen, dass ich in diesen wenigen Tagen woanders etwas Schönes erlebe und glücklich bin? Solche Dinge sind doch viel schöner im Nachhinhein zu berichten. Persönlich.

Kurz nach dem Urlaub, als wieder Reels und GIFs auf Instagram eintrudelten, löschte ich die App vom Handy und fühlte mich sofort besser. Inzwischen schaue ich nur noch ein bis zwei Mal pro Monat rein, überwiegend für die Arbeit. Immer, wenn ich die Seite öffnete, schrieb ich den Reel- und GIF-Sender:innen, dass ich keine Lust mehr auf die App habe und mich nur sporadisch melden würde. Ein erster Schritt, mit dem ich ziemlich gut klarkomme. Nichtsdestotrotz fehlt mir aber eine Sache, von der ich das Gefühl habe, dass wir sie verlernen.

Ich wünsche mir mehr Neugier

Früher habe ich regelmäßig mit meinen Freundinnen telefoniert. Wir haben uns dazu verabredet und über alles Mögliche geredet. Nach einem Urlaub haben wir uns Fragen gestellt, uns Fotos gezeigt, teilweise sogar kleine Dia-Shows auf dem Laptop erstellt. Heutzutage nehmen wir uns nur selten die Zeit für solche wichtigen Momente. Und reale Treffen werden immer seltener. Meine längsten Freund:innen sehe ich teilweise nur noch ein paar Mal pro Jahr, andere ein Mal pro Monat. 

Ich habe gemerkt, dass ich mehr echten Austausch brauche. Soziale Medien gehören da für mich nicht dazu. Zum Glück hatten all meine Freund:innen dafür Verständnis, als ich ihnen meine Social-Media-Abstinenz mitteilte. 

Ich möchte in Zukunft lieber zwischendurch fragen, was bei dem einen oder der anderen los ist und wünsche mir dasselbe von ihnen. Ich möchte wieder Abende planen, an denen ich mit jemandem quatschen kann – ob am Telefon oder persönlich. Und ich möchte weg von den Videos, GIFs und Likes, die mich und meine Beziehungen nicht wirklich weiterbringen. Denn ich sehe oder höre nicht, wie die anderen darauf reagieren. Und das fehlt mir. Ich möchte gemeinsame Momente mit meinen Freund:innen anstatt zeitversetzte, die sich für mich einsam anfühlen. Und ich hoffe, dass ich in dieser Hinsicht schon auf dem richtigen Weg bin.

Brigitte

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