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Lebensträume verwirklichen: "Wir haben immer eine Wahl!"

Lebensträueme verwirklichen? Gar nicht so schwer!
© Dubova / Shutterstock
Lebensträume sind gar nicht so unerreichbar, wie viele von uns glauben. Ein Interview mit dem Psychologen Tom Diesbrock über Freiheit und Selbstbestimmung.

BRIGITTE.de: Herr Diesbrock, Sie sagen, dass Unfreiheit nicht immer von außen kommt, sondern viele Menschen sich unbewusst selbst Grenzen setzen.

Tom Diesbrock: Ja, die größte Einschränkung ist, nicht zu erkennen, welche Möglichkeiten ich habe. Viele Menschen möchten ihr Leben verändern und sehen nicht, welche Wege ihnen offen stehen.

Wie kommt das?

Freiheit macht vielen Menschen Angst, weil sie sich von der Vielfalt ihrer Möglichkeiten bedroht fühlen. Sobald ich eine Veränderungsmöglichkeit erkenne, muss ich mich mit ihr auseinandersetzen und dann entscheiden, wie ich handeln möchte. Das könnte mein Weltbild verändern. Andererseits ist es einfacher, es sich in seinem Schicksal als arme Sau bequem zu machen und zu schimpfen. Ich kann ja schließlich nichts daran ändern - wie praktisch! Aber ich zahle dann einen hohen Preis für meine Bequemlichkeit.

Woran erkenne ich, dass ich mir selbst im Weg stehe?

An zwei Symptomen: Erstens verbringe ich viel Zeit damit, zu rechtfertigen, warum ich an meiner Lage nichts ändern kann. Manche machen daraus ja fast eine Vollzeitbeschäftigung, anderen zu erklären, dass es wirklich nicht anders geht. Wenn ich mich also immer wieder dabei ertappe, scheinbar vernünftige Argumente gegen meine Idee zu sammeln, sollte ich hellhörig werden. Dann stimmt etwas nicht. Es gibt immer Möglichkeiten, wir haben immer eine Wahl!

Und der zweite Punkt?

Ich spüre, dass ich unzufrieden bin, werde aber nicht aktiv. Dabei ist Unzufriedenheit ein ganz wichtiger Motor, wenn wir sie kreativ nutzen. Dazu muss ich diese Einsicht aber überhaupt erst einmal zulassen: Ja, ich bin unzufrieden. Das ist der wichtige erste Schritt.

Allein der Wille macht den Unterschied?

Der Wille und eine Portion Mut, aber das gehört zusammen.

Wie kann ich denn meine Mutlosigkeit überlisten?

Sie müssen sich gar nicht überlisten. Wenn Sie Angst vor der Veränderung haben - wunderbar! Weniger konstruktiv ist es, die Angst gar nicht wahrzunehmen und die Möglichkeiten von vornherein auszublenden. Wenn ich etwa singen möchte, kann ich natürlich sagen: Geht nicht, kann ich nicht. Dann war's das. Ich kann aber auch sagen: Ich würde gerne singen, aber ich habe auch Angst davor. Dann nehme ich meine innere Ambivalenz wahr und bin ich einen Schritt weiter. Ich kann mich fragen: Wovor genau habe ich Angst? Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Wie realistisch ist das?

Und dann?

Dann kann ich über Alternativen nachdenken. Um beim Singen zu bleiben: Wenn ich Angst davor habe, ausgelacht zu werden, kann ich ja zu Hause beginnen, wo mich niemand hören kann. Oder ich nehme Gesangsstunden. Ob ich irgendwann ein Publikum habe, ist nebensächlich, denn ich bin auf dem richtigen Weg.

Der Weg ist das Ziel?

Genau. Selbst, wenn mein Gesang den ersten Zuhörern nicht gefällt, habe ich wenigstens gesungen. Wichtig ist, sich kleine Schritte vorzunehmen, die man bewältigen kann. Kleine Erfolgserlebnisse machen Mut für weitere Schritte. Wer in unserem Beispiel gleich volle Konzertsäle vor Augen hat, wird gar nicht erst anfangen.

Aber ist es für manche Veränderungen nicht vielleicht sowieso zu spät?

Wenn ich mit Mitte Vierzig noch Astronaut werden will, klappt das höchstwahrscheinlich nicht. Dann muss ich mich fragen, was genau mich an dem Beruf fasziniert. Die Astronomie? Die Technik? Damit kann ich mich auch beschäftigen, ohne gleich ins All zu fliegen. Das ist die entscheidende Frage: Geht es vielleicht eine Nummer kleiner? Kann ich mir vielleicht einen Teil des Traums erfüllen? Die Freiheit liegt im Kleinen. Ich kann mir im Alltag ganz viele kleine Grenzen suchen, die ich erweitern möchte.


Mehr von Tom Diesbrock unter https://tomdiesbrock.de

Henning Hönicke

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