Die meisten von uns kennen Stresssituationen. Man fühlt sich aufgeladen, kann eigentlich schon gar nicht mehr richtig denken und dennoch muss man es. Bereits wissenschaftlich erwiesen ist, dass Umarmungen einen zur Ruhe kommen lassen und den Stress reduzieren können. Eine neue Studie des Teams um Gesa Berretz von der Universität Bochum fand jetzt allerdings heraus, dass es einen Unterschied zwischen den Geschlechtern geben soll – Frauen sind nämlich nach einer Umarmung wesentlich entspannter als Männer. Aber warum?
Unerwartete Ergebnisse des Experiments
Die Untersuchung wurde mit 38 Liebespaaren durchgeführt. Ein Teil der Paare sollten sich vor dem Test für einige Zeit umarmen und anschließend ihre Hand so lange wie möglich in eiskaltes Wasser halten. Während dessen sollten sie ständig in eine Kamera schauen. Der dadurch ausgelöste Stress wird durch den Cortisolspiegel (Stresshormon) im Blut analysiert.
So konnte herausgefunden werden, dass der Wert dieses Stresshormons bei den Frauen schwächer anstieg, die zuvor umarmt wurden als bei den Männern. Denn bei den männlichen Teilnehmern war kein Unterschied zu denen, die nicht umarmt wurden, zu erkennen. In dem Sinne bedeutet es der Studie nach, dass die vorherige Umarmung den Stress hauptsächlich bei den Frauen reduziert hat.
Doch warum ist das Ergebnis geschlechtsverschieden?
Dass die Werte der Geschlechter nach verschieden sind, könnte laut den am Experiment beteiligten Forscher:innen nicht an der Bewertung der Beziehung liegen, denn darauf wurde bei der Auswahl der Proband:innen geachtet – alle Paare waren glücklich und zufrieden in ihrer Beziehung.
Wissenschaftler:innen vermuten, dass es wahrscheinlich an der unterschiedlichen Sozialisierung beziehungsweise Erziehung der Geschlechter liegt. Eine Umarmung in der Öffentlichkeit könnte von Männern daher als eher unangenehm wahrgenommen werden und nur Frauen würden von einer innigen Umarmung profitieren.
Sensibilität und Empfänglichkeit bei Körperkontakt ist bei Frauen biologisch ausgeprägter als bei Männern
Aus biologischer Perspektive betrachtet könnte es auch daran liegen, dass Frauen nach der Umarmung mehr Oxytozin freisetzen als Männer. Oxytozin ist ein Botenstoff, der den Cortisolspiegel senkt – so wie es im Blut der umarmten Frauen nach der Stresssituation analysiert wurde. Psycholog:innen der Universität in Rom sind der Meinung, dass es evolutionäre Gründe gibt: Mütter sind empfänglicher für Kommunikation über den Körperkontakt. Schon wenn sie ihren Säugling im Arm halten, sind sie darauf angewiesen seine Gestik zu deuten und zu reagieren.
Das Ergebnis der Untersuchung sei sehr unerwartet. Julian Packheiser, Mitwirkender des Experiments, sagt, dass dieser Befund nicht das letzte Wort sei – nur weil der Effekt bei Männern nicht aufkam, bedeutet es nicht, dass er nicht da ist.
Eins ist klar: Eine Umarmung schadet nicht und es brauch auch keine wissenschaftliche Erklärung, um jemanden damit glücklich zu machen – das ist schließlich ganz unabhängig vom Geschlecht.
Verwendete Quellen: edition.cnn.com, spektrum.de