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Psychologie 5 Wege, wie du dich selbst sabotierst, ohne es zu merken

Michaela Muthig: Eine blonde junge Frau sitzt mit gesunkenem Kopf auf dem Boden an eine Wand gelehnt
© Lia Koltyrina / Shutterstock
Zugegeben, das Leben ist manchmal schwer. Doch oft machen wir es uns schwerer, als es ist – aus purem Versehen, aber mit großem Erfolg ...

Mal sind wir konstruktiv und pragmatisch, mal liebevoll und sensibel, mal stellt sich uns unser Schweinehund stinkend in den Weg und wenn wir Glück haben, kommt hin und wieder auch das Kind in uns durch. Alle Menschen haben die ehrwürdige Lebensaufgabe mitgegeben bekommen, sich gleich mit mehreren Persönlichkeitsanteilen anzufreunden – und sie alle irgendwie unter einen Hut zu bekommen ...

Einer dieser Anteile ist zwar ziemlich unscheinbar, hat aber großen Einfluss auf unser Leben. Die Psychologin und Medizinerin Michaela Muthig nennt ihn den "kleinen Saboteur" und hat ihm, um seinen Bekanntheitsgrad ein bisschen zu pushen und ihn damit in Bedrängnis zu bringen, ein ganzes Buch gewidmet ("Der kleine Saboteur in uns. Unbekannte Widerstände erkennen und auflösen", dtv).

5 Gründe, warum der Saboteur in dir so erfolgreich ist

In ihrem Buch stellt Muthig unter anderem fünf typische Gründe vor, warum der Saboteur in unserem Unterbewusstsein so erfolgreich ist und dabei trotzdem unentdeckt bleibt. Wie es scheint, wollen wir ihn nämlich häufig gar nicht sehen – und tun deshalb einiges, um ihn zu beschützen, ohne dass wir es mitbekommen. Diese fünf Arten der Selbsttäuschung sind laut der Psychologin dabei am verbreitetsten (und bewährtesten ...).

1. Der "Ich hab's ja gewusst"-Irrtum

Mit dem "Ich hab's ja gewusst"-Irrtum überzeugen wir uns typischer Weise davon, dass sich bestimmte negative Muster unumstößlich durch unser Leben ziehen. Ein Beispiel. Wer in der Schule Außenseiter war und dann nur ein einziges Mal im Seminar keine Referatsgruppe findet, wird viel häufiger daraus schließen, dass er auf Lebenszeit zum Außenseiter verurteilt ist, als andere. Problem: Ist er zu dieser Überzeugung erstmal gelangt, begleitet ihn diese Einstellung auf Schritt und Tritt, wirkt sich auf sein Verhalten und seine Wirkung auf andere aus und tada – bewahrheitet sich. Stichwort selbsterfüllende Prophezeiung. Und während der kleine Saboteur dann fein raus ist, hadern wir mit unserem fiesen Schicksal ...

2. Die "Ich kann nichts dafür"-Ausrede

Mit der "Ich kann nichts dafür"-Ausrede schützen wir unseren Saboteur, indem wir uns vor Selbstreflexion drücken und stattdessen der Einfachheit halber die Schuld bei anderen sehen. Psychologen nennen das Externalisierung und im Beispiel des Außenseiters würde das einer Sichtweise wie "Immer grenzen mich alle anderen aus, niemand versteht mich" entsprechen. Problem: Wenn wir externalisieren, können wir an einer Situation nichts ändern, sie also auch nicht verbessern. Was den Saboteur natürlich freut, denn eine konstruktive Herangehensweise wie sich aktiv integrieren oder auf ein paar wenige gute Freunde konzentrieren, mit denen man eine gemeinsame Ebene hat, ließe uns deutlich glücklicher sein und im Leben leichter vorankommen ... 

3. Die "Ich habe gute Gründe dafür"-Schönmalerei

Bei der "Ich habe gute Gründe dafür"-Schönmalerei spielt die sogenannte kognitive Dissonanz eine große Rolle, das heißt, dass die Wahrnehmung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Bei dieser Strategie schützen wir unseren Saboteur vor allem, indem wir alles Negative in unserem Verhalten relativieren oder ausblenden und uns stattdessen immer wieder erklären, warum wir so handeln, wie wir handeln. Der Außenseiter könnte sich zum Beispiel wunderbar damit trösten, dass er sich alleine sowieso wohler fühlt und er zu viel Stolz und Selbstachtung hat, um sich für andere zu verbiegen oder ihnen "hinterherzulaufen".

4. Der "Es muss einfach wahr sein"-Schwindel

Der "Es muss einfach wahr sein"-Schwindel ermöglicht uns, an einer Überzeugung festzuhalten, obwohl das Schicksal, die Ereignisse oder unsere Mitmenschen sie eigentlich widerlegen. Du ahnst es sicher schon: Wenn unser imaginärer Außenseiter jetzt plötzlich Freunde und Anschluss findet, wird er sich zum Beispiel sowas sagen: "Die wollen mich nur ausnutzen, deshalb sind sie so nett zu mir. Ich sollte vorsichtig sein und mich ihnen nicht zu sehr öffnen." Und schwupps, hat der Saboteur wieder nichts zu befürchten.

5. Die "Ich kann es beweisen"-Lüge

Die "Ich kann es beweisen"-Lüge ist ein effizientes Mittel, uns in unserer (falschen) Überzeugung zu bestärken und zu stabilisieren. Sie unterscheidet sich von der "Ich habe gute Gründe"-Schönmalerei in erster Linie dadurch, dass wir bei dieser Lüge gezielt Beobachtungen sammeln, die für die Wahrheit unserer Überzeugung sprechen. Der bereits bekannte Außenseiter braucht nur alle Situationen aufzulisten, in denen er "mal wieder" nicht zum Inner Circle gehört hat, und schon wird er sich selbst bestätigt (und seinen Saboteur in Sicherheit gebracht) haben – selbst wenn er in Wahrheit nur 8,5 Prozent aller Situationen seines Lebens erfasst und in den anderen 91,5 genauso dazugehört hat wie alle anderen auch.

Die gute Nachricht: So richtig wirksam und zuverlässig sind diese Selbsttäuschungsstrategien nur, solange sie geheim sind und sich im Verborgenen abspielen. Denn wenn wir sie kennen, können wir unsere Gedankengänge gezielt daraufhin überprüfen und umleiten (gegebenenfalls auch mit professioneller Hilfe oder Hilfe von anderen!). Und dann soll sich der Saboteur mal so richtig warm anziehen ...

Verwendete Quelle: Michaela Muthig, Der kleine Saboteur in uns. Unbekannte Widerstände erkennen und auflösen, dtv

sus Brigitte

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