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Selbstversuch Kann man seinen Schutzengel kontaktieren? Ich habs probiert!

Schutzengel haben die Menschen von jeher fasziniert. Doch gibt es sie wirklich? Und gibt es Menschen, die tatsächlich den besonderen Draht nach oben haben? Ich habe das Experiment gewagt und bin zu einem Schutzengel-Channeling gegangen ...

Eines will ich vorweg klarstellen: Ich glaube der Esoterik-Branche kein einziges Wort. Niemand hat mich bisher von Heilsteinen oder Lichttempeln überzeugen können.

Ich habe einen eher durchschnittlichen Sinn fürs Überirdische. In Kirchen habe ich schon die eine oder andere Kerze gestiftet. Man kann ja nie wissen, ob es da oben nicht doch jemanden gibt. Und diesem „jemand“ oder „etwas“ etwas Gutes zu tun, kann zumindest nicht schaden, so meine bisherige Einstellung.

Mit dieser etwas diffusen Vorstellung vom „guten Geist“ bin ich nicht allein. In Deutschland sind nur 64 Prozent von der Existenz Gottes überzeugt. 66 Prozent der Menschen glauben hingegen, dass es Schutzengel gibt. Das ergab eine Studie des Meinungsforschungsinstitutes Forsa. Völlig logisch, meint Theologin Christa A. Thiel im Gespräch mit 'Die Welt'. Sie glaubt, dass Schutzengel „greifbarer als Gott" sind.

Der Glaube an Schutzengel hilft ganz sicher bei einer Sache: beim Geld machen. Inzwischen findet man in fast jeder größeren Stadt so genannte „Engel–Medien“. Diese Personen werben damit, Kontakt zu Schutzengeln aufzubauen. Sie wollen als Kanal zwischen den Menschen und der "anderen Welt" fungieren. So wie Medium Petra. Sie ist überzeugt: "Ein Channel- Medium ist ein Dolmetscher für die Lichtsprache. Wir überbringen Botschaften, die für den Menschen wichtig sind." Zwischen 80 und 250 Euro kostet die Kontaktaufnahme bei ihr.

Meinen persönlichen Schutzengel über einen „Engel-Channel“ kennenlernen? Da hört mein Glaube an das Übersinnliche eigentlich auf. Trotzdem wage ich das Experiment – ohne zu wissen, dass mich die "Begegnung" am Ende mehr mitnehmen wird, als ich es für möglich gehalten hätte.

Es ist ein Wochentag in Hennef, einem gutbürgerlichem Vorort von Bonn. Eine unscheinbare Gegend. Ich bin dort mit Petra, selbsternanntem Engel-Medium und Hellseherin, in ihrem Haus verabredet. Das mit roten Klinkersteinen verzierte Gebäude ist klein und ein wenig bieder – genauso wie seine Besitzerin.

Petra ist Mitte vierzig, trägt ausgeleierte Jeans und ein Karo-Hemd. Ihre hellblond gefärbten Haare hat sie zu einem unordentlichen Zopf zusammengebunden und ihr Gesicht wirkt ledrig. Irgendwie passt diese Gestalt nicht zu dem Bild, das ich von einem Medium habe. Aber keine Zeit für Vorurteile, ich will endlich wissen, was sie kann – oder eben nicht. Ich habe mir fest vorgenommen, ihre Tricks zu durchschauen.

In Petras Haus setzen wir uns an einen runden Tisch. Auf ihm steht eine Flasche Wasser und ein voller Aschenbecher. Trotzdem riecht es im ganzen Raum weniger nach Zigaretten, als penetrant nach Lavendel. Im Hintergrund läuft entspannende Musik. Zugegeben, das Szenario wirkt. Ich fühle mich locker.

Jeder Mensch hat ein bis drei Schutzengel

Dann geht die Sitzung sehr konkret los: Laut Petra habe ich zwei Schutzengel – einen männlichen und einen weiblichen Himmelsboten. "Sie stehen hinter Ihnen - sie rechts und er links. Er hat seine Flügel leicht um sie gelegt", sagt sie sehr überzeugend. Was für ein Klischee! Ich drehe mich trotzdem kurz um - nur für alle Fälle. Und sehe: natürlich nichts. Doch so kitschig und unwahrscheinlich dieses Bild auch sein mag, läuft mir doch ein leichter Schauer über den Rücken.

Aber dann legt Petra richtig los.

"Erinnern Sie sich noch, als sie sieben Jahre alt waren? Sie hatten einen schweren Unfall und ihre Engel mussten da zum ersten Mal richtig ran", sagt Petra. Diverse Stürze mit meinen Rollschuhen oder dem Fahrrad – mir fallen auf Anhieb unzählige gefährliche Situationen ein.

Ich brauche Details. "Es war ein Autounfall. Sie saßen mit Ihrer Mutter im Wagen und ein anderes Auto ist frontal in ihres geknallt", sagt Petra. In mir steigt langsam die Erinnerung hoch. Petra redet von einem Erlebnis, dass ich all die Jahre versucht habe zu verdrängen. Damals kamen meine Mutter und ich nur knapp mit dem Leben davon. Wie kann sie davon wissen, schießt es mir durch den Kopf. Vielleicht ist sie kein Medium, sondern ein Recherche-Genie, versuche ich mich zu beruhigen. Ich bin mir schließlich nicht sicher, ob es von dem Unfall nicht vielleicht einen Artikel in der lokalen Zeitung gegeben hat. Aber das bedrückende Gefühl, das sich in mir breit macht, lässt sich dadurch nicht verdrängen.

Sprachrohr zur geistigen Welt - Berufung oder Einbildung?

Alle Engel-Medien berichten davon, dass sie eines Tages eine Engel-Erfahrung gemacht haben, die sie dazu bewegt hat, ihre Gabe - das Kommunizieren mit der geistigen Welt - zum Beruf zu machen. Petra hat immer schon Zeichen wahrgenommen und das als Hinweise ihrer Schutzengel begriffen. Doch vor sechs Jahren veränderte sich ihr Leben drastisch. Die Geschichte, die als Petras Erweckungserlebnis gilt, geht nach ihren Angaben folgendermaßen: Petra ist mit dem Auto unterwegs, als sie die Kontrolle über ihr Fahrzeug verliert. Plötzlich, so sagt sie, erscheint neben ihr auf dem Beifahrersitz eine große Gestalt mit riesigen, weißen Flügeln, die hastig nach ihrem Lenkrad greift und Petra sicher zurück auf die Fahrspur führt. Seitdem erscheinen ihr nicht nur die Schutzengel regelmäßig. Auch die etwas höher gestellten Erzengel nutzen sie als Sprachrohr, um ihre Botschaften in die Welt zu tragen.

Dabei sprechen sie nicht direkt mit ihr. Angeblich bekommt sie die Nachrichten in ihr Bewusstsein geschickt - sie hat dann urplötzlich einen Gedanken im Kopf, den sie weitergeben soll. So wie jetzt bei mir: „Sie sind auf dem richtigen Weg. In einigen Jahren wird er sich zwar noch mal verändern, das ist aber nur zu ihrem Vorteil.“ Ganz schön vage – so in etwa hab ich das auch in meinem Horoskop letztens gelesen. Doch es soll nicht die einzige Botschaft bleiben, die meine himmlischen Begleiter für mich parat halten.

"Ihr Großvater war ein sehr reicher Mann. Das meine ich nicht im materiellen Sinn. Er schaut auch jetzt immer noch, dass es seiner Familie gut geht. Er ist stolz auf sie und weiß genau, was Sie in jener Nacht sagen wollten. Er möchte nicht, dass Sie sich damit weiter quälen", sagt Petra und dreht sich eine Zigarette.

Ich stehe nach dieser vermeintlichen Nachricht aus dem Jenseits ein wenig unter Schock. Ihre Aussage trifft einen wunden Punkt in meiner Vergangenheit. Ich bin aufgewühlt und berührt. Wie kann sie mich so treffen?

Fakt ist: Ich habe Petra noch nie zuvor in meinem Leben gesehen. Wir haben keine gemeinsamen Freunde oder Bekannte. Sie kannte weder meinen Nachnamen, noch mein Geburtsdatum oder meine Adresse. Ich habe ihr nichts über mich erzählt und versucht, meine Körpersprache neutral zu halten. Und doch wusste sie Dinge, die sie nicht hätte wissen können. Dinge, die nicht einmal meine engsten Vertrauten wissen.

Fakt ist auch: Mein Großvater, über den Petra spricht, war mein bester Freund. Er starb schnell und unerwartet. Und meine Erinnerungen an den letzten Abend, den wir gemeinsam hatten, sind sicherlich nicht im Internet zu finden.

Ich bin nun schon seit über einer Stunde hier und habe alles über Engelschöre, Erzengel und Schutzengel erfahren. Petra hat es geschafft, dass ich mich wohlfühle. Wir lagen auf einer Wellenlänge. Ob genau das ihr Geheimnis ist?

Ich glaube, Petra ist eine hochsensible Frau, die gut beobachten kann. Ob sie einen direkten Draht zum Überirdischen hat? Ich möchte es immer noch bezweifeln. Was bleibt, ist aber das Gefühl, durchschaut worden zu sein. Sind Schutzengel wirklich nur bloßer Mythos? Ich bin mir nicht mehr sicher ...

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