Ob wir lieber in der Stadt oder auf dem Land leben, ist eine der Gretchenfragen unserer modernen Zeit. Ironischerweise liegt diese Präferenz schon in unserem steinzeitlichen Gehirn begründet. Denn das fühlte sich in der überschaubaren Umgebung von Savannen und Co. wohler und ist für das trubelige Stadtleben alles andere als optimal ausgerüstet.
Basierend darauf haben die beiden Psychologen Satoshi Kanazawa und Norman Li die sogenannte Savannenglückstheorie entwickelt und in einer großen Studie untersucht. Dabei haben sie das Umfeld, in dem die Teilnehmenden sich wohlfühlen – eher urban oder ländlich, eher viele soziale Kontakte oder eher wenige –, in Relation zur Intelligenz gesetzt. Mit interessanten Ergebnissen!
Studie: Wie hängt Glück mit Lebensform und Intelligenz zusammen?
Li und Kanazawa haben für ihre Studie 15.000 Erwachsene im Alter von 18 bis 28 Jahren befragt. Sie wollten dabei herausfinden, wie glücklich Menschen in ihrem jeweiligen Lebensumfeld sind und wie das Ganze mit dem Intelligenzquotienten zusammenhängt.
Dabei kamen die Forschenden unter anderem zu dem Ergebnis, dass intelligente Menschen eher in der Stadt als auf dem Land wohnen, während weniger schlaue Menschen zum Leben auf dem Land tendieren. Die Begründung für diese Erkenntnis sehen die Psychologen in der Savannenglückstheorie.
Dabei geht es um die Funktionsweise unseres Gehirns. Denn laut Kanazawa und Li agiert das Gehirn bei vielen Menschen heute nicht viel anders als in der Steinzeit – nur unsere Lebensweise hat sich stark verändert. Intelligenten Menschen fällt es offenbar leichter, sich den modernen Entwicklungen anzupassen – sie kommen deshalb auch im hektischen Stadtumfeld gut klar. Ihr Gehirn hat sich so weiterentwickelt, dass es auch zwischen vielen Menschen, mit Lärm und mehr Stress gut leben kann. Menschen mit hohem IQ empfinden das Leben in der Stadt wohl oft sogar als inspirierender und haben das Gefühl, dass sie dort mehr Chancen zur Selbstverwirklichung haben als auf dem Dorf.
Weniger kluge Personen dagegen fühlen sich laut der Studie oft auf dem Land wohler. Dort ist der Alltag dem ursprünglichen Leben des Menschen – etwa in der Savanne (daher der Name) – deutlich ähnlicher als in der Großstadt.
Savannenglückstheorie: Brauchen intelligente Menschen in der Stadt mehr Zeit für sich?
Ein weiterer Punkt, den die beiden Psychologen untersucht haben, ist die Qualität und Quantität zwischenmenschlicher Beziehungen: Also: Wie viel soziale Interaktion mit anderen Menschen brauche ich, um glücklich zu sein?
Auch hier sind sie zu spannenden Ergebnissen gekommen: Intelligente Menschen neigen eher dazu, mit weniger sozialen Interaktionen zufrieden zu sein und introvertierter zu leben. Bei den weniger schlauen Teilnehmenden konnten Li und Kanazawa das Gegenteil entdecken: Sie fühlen sich schneller einsam und sind glücklicher, wenn sie sich mit mehr Menschen treffen.
Zwischen den Kernfragen Stadt oder Land und viel oder wenig soziale Interaktionen konnten die Psychologen einen Zusammenhang herstellen: Kluge Menschen, die eher urban leben, nutzen die Zeit alleine, um sich vom städtischen Trubel zu erholen. Würden sie dann noch mehr Zeit mit Freund:innen und Familie verbringen, so die These der Wissenschaftler, würde das für zusätzlichen Stress sorgen.
Die weniger intelligenten Menschen, die sich laut Studie auf dem Land wohler fühlen, nutzen die Zeit mit ihren Lieben wiederum zum Stressabbau – für sie ist die Pflege ihrer sozialen Beziehungen offenbar ein Mittel zur Entspannung.
Introvertierter Städter = Genie? So einfach ist es nicht
Die Ergebnisse dieser Studie zur Savannenglückstheorie sind natürlich keine allgemeingültigen Aussagen – nicht jede:r Stadtbewohner:in ist hochintelligent und nicht jede:r Einzelgänger:in ein Genie, genauso wie es natürlich Menschen gibt, die sehr gesellig und gleichzeitig überaus clever sind. Aber die Studienergebnisse geben doch spannende Einblicke in die Faktoren, die eine Rolle beim Glücksempfinden und der Zufriedenheit unterschiedlicher Menschen spielen.
Und wenn wir das nächste Mal keine Lust auf eine Party haben, können wir einfach sagen: Ich brauche jetzt etwas Zeit für mich – ich muss meine Intelligenz pflegen!
Verwendete Quelle: British Journal of Psychology