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Therapeutin verrät So gelingt es dir, nicht so viel auf die Meinung anderer zu geben

Mund von vielen "Bla"-Sprechblasen umgeben (Illustration)
© annetdebar / Adobe Stock
"Oh nein, was denkt er jetzt wohl von mir?" Wie wir aus diesen und ähnlichen Gedanken herausfinden, verrät Psychotherapeutin Jenny Maenpaa.

Erinnerst du dich, als du dich vor diesem gutaussehenden Typen mit nur einer Aussage so richtig peinlich gemacht hast? Der konnte dich wahrscheinlich von Anfang an nicht so richtig leiden, denkst du dir vielleicht. Deine Peinlichkeit war am Ende nur das i-Tüpfelchen. Wie, das ist jetzt schon ein Jahr her? Fühlt sich für dich an, als sei es gestern gewesen, so deutlich spürst du die Scham, jedes Mal, wenn sich die Szene ungewollt vor deinem geistigen Auge abspielt.

Bis zu einem gewissen Grad ist es wohl jedem Menschen wichtig, was andere über ihn denken. "Aber es ist möglich, sich zu viele Sorgen zu machen", schreibt die Psychotherapeutin Jenny Maenpaa in einem Artikel für das Online-Magazin "Make it". Sie hat ein paar Tipps für all die Leute, die zu viel auf die Meinung und Gedanken anderer geben.

Wie du erkennen kannst, dass du soziale Ängste entwickelst

Sicherlich, die Meinung einer langjährigen Freundin über uns als Person ist uns selten vollkommen egal – sollte dem so sein, müssten wir über die emotionale Tiefe dieser Freundschaft nachdenken. Doch wenn uns bereits eine Begegnung mit einem uns vollkommen fremden Menschen emotional überfordert, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass wir unter sozialen Ängsten leiden.

Wer unter einer Sozialphobie leidet, kann große Schwierigkeiten damit haben, mit anderen zu sprechen, neue Leute kennenzulernen oder an gesellschaftlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Soziale Ängste sind etwas anderes als Schüchternheit: Wer schüchtern ist, für den:die kann der Umgang mit Menschen beispielsweise auf der Arbeit eine Herausforderung darstellen – doch der Leidensdruck ist für Menschen mit einer Sozialphobie ein gänzlich anderer. Laut Zahlen des Pharmaunternehmens MSD sind jährlich etwa 9 Prozent der Frauen und 7 Prozent der Männer von einer sozialen Angststörung betroffen.

Mögliche Anzeichen sind unter anderem:

  • Du spielst vergangene, soziale Interaktionen in deinem Kopf immer wieder durch
  • Grundsätzlich gehst du davon aus, dass Leute dich nicht leiden können
  • Du grübelst oft darüber nach, was du sagen sollst
  • Dir ist Kontrolle über dein Image sehr wichtig, weswegen du dein wahres Ich verbirgst
  • Du liegst nachts oft wach und fragst dich, wie du mit einer sozialen Interaktion umgehen sollst
  • Es gibt körperliche Symptome, wenn du mit anderen Menschen interagierst, wie unter anderem Herzrasen, eine flache Atmung, Konzentrationsschwäche, Schwindelgefühle oder Magenschmerzen

Wie können wir diese Ängste überwinden?

Soziale Ängste können für unseren Alltag eine schwerwiegende Belastung sein. Psychotherapeutin Maenpaa hat zwei Tipps, um sie besser in den Griff zu bekommen. 

Übe dich an "kognitivem Reframing"

Es ist so eine Sache mit der Realität – jeder Mensch nimmt sie anders wahr, denn jeder Mensch hat andere Filter, die er (bewusst oder unbewusst) über seinen individuellen Blick auf die Dinge legt. In anderen Worten: Es gibt nicht nur die eine Wahrheit, nicht nur die eine Geschichte. Unsere persönliche Wahrnehmung muss nicht mit der von anderen Menschen übereinstimmen. 

Bei der Umdeutung ("Reframing") wird einer Situation eine andere Bedeutung beziehungsweise ein anderer Sinn zugewiesen, indem versucht wird, das Geschehene in einem anderen Kontext (oder "Rahmen" beziehungsweise "Frame") zu betrachten. Der Sinn dahinter: Der Rahmen eines Bildes definiert den Ausschnitt vom Gesamtbild – und der Blickwinkel einer einzelnen Person auf eine Szene, tut dies genauso. Doch wie der Rahmen, der begrenzt ist, ist auch unser Blick auf die Welt begrenzt und wenn wir uns dieser Tatsache bewusst werden, können wir alternative/ andere Deutungen auf das Geschehene besser zulassen. 

Ein Beispiel gibt die Therapeutin auch mit auf den Weg: "Ich habe nicht damit gerechnet, gestern Abend auf der Veranstaltung den Ehepartner meines Chefs zu treffen und ich habe mich so dumm verhalten." Mag sein, dass du dich in dieser Szene nicht von deiner besten Seite gezeigt hast – aber das ist nur eine Sicht auf die Dinge. Eine weitere Perspektive könnte sein: "Ich war unvorbereitet, aber da das Gespräch nur etwa fünf Minuten gedauert hat, habe ich wahrscheinlich nichts allzu Schlimmes gesagt. Außerdem sind mir solche ähnlichen Dinge schon öfter im Leben passiert und es ging immer gut."

Verlange stichhaltige Beweise bei einer inneren Diskussion

Wir sind uns selbst die größten Kritiker:innen und oftmals nehmen wir die mitunter harschen Worte unserer inneren Stimme allzu leicht für bare Münze. Warum eigentlich? "Du bist so dumm, niemand kann dich leiden. Gerade ist die Kollegin einfach an dir vorbeigegangen, ohne ein Wort zu sagen. Sie hasst dich." – statt so eine Aussage hinzunehmen, rät die Therapeutin dazu, dass wir uns daran gewöhnen, der inneren Stimme zu entgegnen: "Was hast du für Beweise für deine steile Hypothese?" In diesem Beispiel könntest du dir all die Erfolge selbst aufzählen, die du bereits verbuchen konntest und all die Menschen nennen, die sehr gerne Zeit mit dir verbringen. Hat die Kollegin dir gesagt, dass etwas zwischen euch nicht stimmt? Hat dich jemand anderes auf ihren Unmut dir gegenüber hingewiesen? 

Kurzum: Solange die innere Stimme keine stichhaltigen Beweise für ihre garstigen Meinungen hat, sind sie am Ende nichts weiter als heiße Luft – und eben sicherlich keine Fakten.

Wichtig ist, diese Ängste nicht herunterzuspielen oder gar zu ignorieren: Es kann wichtig und hilfreich sein, sich an professionelle therapeutische Hilfe zu wenden, wenn man das Gefühl hat, allein nicht aus dem gedanklichen Teufelskreis herauszukommen.

Verwendete Quellen: cnbc.com, healthline.com, msdmanuals.com

csc Brigitte

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