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Psychologie Warum wir niemals einem People-Pleaser vertrauen sollten

Zeichnung einer Frau, die ein Herz mit einer anderen Person formt
© 2ragon / Adobe Stock
People-Pleaser wollen ihrem Umfeld unbedingt gefallen. Das zehrt an ihnen – und an unserer Beziehung mit ihnen.

"People-Pleaser" – was genau soll daran falsch sein, schon der Begriff liest sich doch sehr angenehm? Sind wir nicht alle irgendwo darauf bedacht, dass es den Menschen in unserem Umfeld gut geht? Sind Tugenden wie Rücksicht, Freundlichkeit und Bescheidenheit nun auf einmal nicht mehr zeitgemäß? 

Keineswegs. Doch People-Pleaser sind mehr als einfach nur "nett", erklärt die Therapeutin Erika Myers im Interview mit "Healthline". Vielmehr ginge es bei dem Phänomen darum, "Worte und Verhaltensweisen um der Gefühle oder Reaktionen einer anderen Person willen zu bearbeiten oder zu verändern". Der Drang, es anderen recht zu machen, könne uns selbst und unseren Beziehungen schaden, wenn wir den Wünschen anderer mehr Bedeutung beimessen würden als unseren eigenen Bedürfnissen, so die Wissenschaftlerin weiter.

Letztlich liegt genau hierin der Grund, warum wir besser daran sind, die Zusicherungen von People-Pleasern mit einer großzügigen Portion Skepsis aufzunehmen.

Diese Menschen stimmen dir stets zu – auch wenn sie es nicht tun

"Da hast du absolut recht" – wer hört das nicht gerne? Gerade, wenn wir uns über andere Menschen oder Umstände aufregen, wenn wir noch ganz rot sind von unserer flammenden Rede über die Missstände dieser Welt (oder unseres Privatlebens). Zustimmung, das Gefühl, gesehen und gehört zu werden, ist für viele von uns der reinste Balsam.

Leider können wir bei People-Pleasern nie so recht sicher sein, ob diese Zustimmung wirklich von Herzen kommt. Was sie wirklich denken und fühlen, ihre wahrhaftige Ansicht auf die Dinge, die uns so umtreiben – wir werden sie nicht so leicht aus ihnen herauskitzeln können, vielleicht nie. Das macht einen echten Dialog, eine echte Verbindung und Kommunikation nahezu unmöglich, denn unser Gegenüber spricht nicht wirklich mit uns, sondern sagt uns, was wir hören möchten.

Sie bieten uns ihre Hilfe an, obwohl sie gar keine Kapazitäten mehr haben

Es tut gut, wenn unsere Mitmenschen Unterstützung anbieten. Im ersten Moment schien die Aufgabe vollkommen überfordernd – beispielsweise das nächtliche Packen der Umzugskartons, weil man es zu einer anderen Zeit einfach nicht geschafft hat. Und da kommen sie, die Retter:innen in der Not, die ungefragt ihre Hilfe offerieren. Zum Glück gibt es diese Menschen, was würden wir nur ohne sie tun?

Ärgerlich nur, dass diese:r Retter:in selbst in Aufgaben untergeht: Arbeit, Hausarbeit, Kinderbetreuung … dieser Mensch hatte schon lange keine Zeit mehr für eigene Projekte, für eigene Hobbies, geschweige denn Entspannung und Ruhe. Deswegen ist die Chance auch relativ hoch, dass dir dieser Mensch entweder absagen oder vollkommen ausgelaugt bei dir erscheinen wird. Da es People-Pleasern tendenziell schwerfällt, selbst um Hilfe zu bitten, wird sich an der Situation womöglich nicht allzu schnell etwas ändern.

Ihr Hang zu gefallen führt dazu, dass sie niemandes Vertraute:r sein können

Der Mensch ist ein soziales Wesen, dafür geboren, um mit anderen zu agieren, sie miteinzubeziehen – ihnen zu vertrauen. Vertrauen ist ein immens wichtiger Faktor, fasst auch die Sozialpsychologin Shelley Taylor zusammen: "Wissenschaftler:innen betrachten heute die fürsorglichen Qualitäten des Lebens – die Eltern-Kind-Bindung, die Zusammenarbeit und andere wohlwollende soziale Bindungen – als entscheidende Attribute, die die Entwicklung des Gehirns vorangetrieben haben … die unseren Erfolg als Spezies begründen."

Doch People-Pleasern können wir nicht vertrauen. Je nach Gesprächspartner:in, je nach Situation, werden sie stets der:die Verbündete einer anderen Person sein. Das mag nicht einmal ihre Intention sein, vielleicht bemerken sie es auch nicht einmal. Sie haben oftmals das starke Bedürfnis, zu gefallen und zu beschwichtigen – und entsprechend werden sie ihre Aussagen und Reaktionen anpassen. Für eine Beziehung, egal ob romantisch oder platonisch, ist das reines Gift. 

Wie können wir Aufrichtigkeit herstellen?

Eines ist im Umgang mit People-Pleasern wichtig zu wissen: Diese Menschen agieren nicht aus niederen Beweggründen. Nicht wenige Menschen, die fast schon zwanghaft um die Gunst ihrer Mitmenschen kämpfen, haben in ihrer Kindheit schlimme traumatische Erfahrungen machen müssen, erklärt Diplom-Psychologin Dr. Bärbel Wardetzki gegenüber dem Gesundheitsmagazin der "AOK": Ihre Gedanken würden stets um die Frage kreisen, wie sie es erreichen, dass die anderen um sie herum zufrieden sind. 

"Der Wunsch nach Anerkennung, ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis oder die Angst vor Ablehnung – das alles kann zum People-Pleasing beitragen und hängt oft mit einem geringen Selbstwertgefühl zusammen." Das Verhalten habe seine Wurzeln häufig in der Kindheit, so die Wissenschaftlerin weiter: "Haben Kinder das Gefühl, Liebe und Aufmerksamkeit gibt es nur, wenn sie für das Wohlbefinden eines Elternteils sorgen, kann das den Grundstein für People-Pleasing legen."

Während People-Pleaser alles daran setzen, dass es anderen um ihnen herum gut geht, fühlen sie selbst sich oftmals frustriert, ausgelaugt, ausgenutzt. Ihre Beziehungen leiden darunter: Zum einen, weil sie selbst damit unzufrieden sind, um die Unehrlichkeit wissen. Zum anderen, weil ihr Gegenüber über kurz oder lang frustriert über sie sein wird. Wir selbst werden ihre Tendenzen nicht ändern können, das können nur sie selbst tun. Doch wir können ihnen dabei eine Unterstützung sein, indem wir:

  • Die Person ermutigen, mehr Zeit für sich in ihren Alltag einzuräumen
  • Ihr zeigen, dass es in Ordnung ist, "anzuecken" und einer anderen Meinung zu sein – dass wir unsere Zuneigung nicht entziehen, wenn sie nicht dafür sorgen, dass wir uns wohlfühlen
  • Versuchen, ihnen klarzumachen, dass ständige Unterstützung nicht unser Wunsch ist: Wir wollen keinen Papageien, wir wollen einen Menschen, der uns spiegelt und auch offen ist, wenn wir uns in Emotionen oder Situationen verrennen
  • Wir setzen klare Grenzen: Wenn wir Hilfe von der Person möchten, dann fragen wir sie danach – nicht andersherum

Verwendete Quellen: yourtango.com, healthline.com, hbr.org, aok.de

csc Brigitte

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