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Persönlichkeit Warum ist unsere FOMO jetzt größer denn je?

FOMO: Mädchen stützt sich energielos auf den Tisch mit Smartphone in der Hand
© Mangostar / Shutterstock
Hilfe, wir kehren Schritt für Schritt zur Normalität zurück und da ist sie wieder, die altbekannte "fear of missing out". Wie wir am besten mit ihr umgehen und warum etwas zu verpassen auch gut tun kann, erfahrt ihr hier.

Was ist FOMO überhaupt?

Die "fear of missing out" oder zu deutsch, "die Angst etwas zu verpassen", begegnet vielen fast täglich. Die beste Freundin postet ein Bild vom Sport und sofort denken wir "Mist, das Gym habe ich auch schon viel zu lange nicht mehr von innen gesehen!". Der Kollege lädt ein Foto von den Feierabend-Drinks hoch und wir ärgern uns über die Absage: "Och Mann, wieso habe ich mich nicht doch aufgerafft?" 

Wir sind soziale Wesen, daher ist das Grundbedürfnis nach Austausch, Anschluss und Gesellschaft menschlich. Durch die sozialen Medien wird das noch verstärkt, weil wir durch Instagram, Snapchat, Facebook und co. ständig dem ausgesetzt sind, was andere Leute großartiges treiben. Der Druck, etwas zu erleben oder auch die Angst etwas zu verpassen, wird so ständig erhöht. Auch vergleichen wir das Leben der anderen mit unserem und werden dadurch tendenziell unzufriedener und einsamer. Ein böser Kreislauf. Dabei ist Social Media nur ein kleines Fenster zur Realität und nicht alles, was wir dort sehen, entspricht dieser auch zu 100 Prozent.

Wer leidet unter FOMO?

Mit dem Alter hat FOMO so gut wie nichts zu tun. Das fanden Sozialforscher:innen der Washington State University heraus. Obwohl die Smartphone-Nutzung FOMO steigert und diese vermutlich eher jüngeren Menschen zugeschrieben wird, sind alle Altersklassen betroffen. Die Gemeinsamkeiten liegen in der Persönlichkeit der für FOMO anfälligen Menschen. Diese sind öfter von Einsamkeit geplagt, unzufriedener, stellen höhere Anforderungen an sich selbst und tendieren zu einem getrübten Selbstbild. Die digitale Inszenierung von Erlebnissen über Apps maximiert das Unzufriedenheitsgefühl tagtäglich.

FOMO und die Pandemie

Der Lockdown, in dem wir uns in der Höchstphase der Pandemie befanden, hat unsere FOMO ausgebremst. Ausgangssperren. Bars und Restaurants blieben geschlossen. Von Clubs brauchen wir gar nicht erst zu reden. Freizeitaktivitäten waren auf ein Minimum beschränkt. Alle saßen wir im selben Boot und niemand musste Angst haben, etwas zu verpassen. Es ist schlichtweg nicht viel passiert.

So langsam kehrt aber die Normalität zurück in unseren Alltag. Restaurants, Kinos und Cafés haben wieder geöffnet. Wir dürfen endlich raus und unsere Freund:innen und Familie sehen. Damit steigt natürlich auch der Druck, in der neu gewonnen Freizeit, möglichst viel zu erleben. Dabei würden einige am liebsten alles aufholen, was sie die letzten anderthalb Jahre verpasst haben. Freizeitstress pur! Einer der meistgesagten Sätze 2020 lautete eben: "Das holen wir alles nach!" Was ist, wenn wir jetzt gar keine Lust mehr dazu haben? 

Es muss nicht immer Vollgas sein

Nur weil man jetzt wieder kann und sich damals alles mögliche vorgenommen hat zu tun, müssen wir jetzt nicht! Es besteht kein Zwang, jedes Wochenende im Club zu verbringen, dreimal die Woche ins Fitnessstudio zu rennen oder jeden zweiten Abend neue Restaurants auszutesten. Im Gegenteil, es ist zwar völlig ok, das zu tun, es ist aber nicht verwerflich, es eben nicht zu tun. Unsere von der Pandemie noch geschwächten Schultern, müssen sich erst wieder an all diese Freiheiten gewöhnen. Unter vielen Menschen zu sein, Socializing, das alles ist nunmal eine Umstellung, die Energie aufbraucht und, teilweise zumindest, neu erlernt werden muss. 

Was die Pandemie uns gezeigt hat: JOMO statt FOMO

Unzählige Lockdowns haben uns klar gemacht, dass der volle Terminkalender kein Statussymbol sein sollte und das Nichtstun auch mal gut tun kann. Dass eine Handy-Auszeit, insbesondere von den sozialen Netzwerken, manchmal der Retter in der Not ist und hilft, einfach mal auf sich selbst zu hören und abzuschalten. Aus FOMO kann JOMO ("joy of missing out" werden): Sei ganz ehrlich zu dir. Hast du wirklich Lust auf diese Party zu gehen, obwohl du morgen um sechs Uhr aufstehen musst und dir eigentlich keinen Kater erlauben kannst. Nein? Das ist völlig legitim. Sich bewusst gegen ein Event zu entscheiden und sich stattdessen "me time" zu gönnen, kann befreiend sein. 
Studien zeigen: FOMO wirkt sich auf die allgemeine Stimmungslage aus und kann psychische Krankheiten begünstigen. Umso schöner, dass mit zunehmender mental health awareness auf solche Probleme aufmerksam gemacht wird. Unter dem Hashtag #jomo (Joy of missing out) posten Menschen Fotos von sich beim Chillen. Und unter #mehrrealitätaufinstagram zeigen Influencer:innen die ganz unspektakulären, alltäglichen Dinge des Lebens – ohne Glam und Tamtam. Diese kleine Abwechslung kann ehrlich erfrischend sein. Und so wird Nichtstun vielleicht doch noch salonfähig. 

Quellen: deutschlandfunk.de, taz.de, suedddeutsche.de

Brigitte

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