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Psychologie Warum uns der "Retro-Fehler" unglücklich macht – und wie du ihn umgehst

Retro-Fehler: Eine Frau guckt sich Fotos an
© Vadim Georgiev / Shutterstock
Je älter man ist, desto schwieriger wird das Leben? Würden einige sicher bejahen – unter anderem, weil sie den "Retro-Fehler" machen. Was dahintersteckt und wie DU ihn vermeidest!

Auch schon mal von deiner Mama, Opa oder sonst jemandem jenseits der 50 gehört, wie schön die Welt war, als es zum Beispiel noch kein Internet oder Handy gab? Wie viel winterlicher die Winter, sommerlicher die Sommer, sicherer die Straßen und freundlicher die Menschen waren?

Kein Wunder, sondern eine typisch menschliche Gedächtnisschwäche. Im Rückblick wirkt unser Leben schöner, als es wirklich war. Besonders problematisch für Menschen über 40, aber auch Jüngere sind vom "Retro-Fehler" betroffen. Und das ist jetzt blöd ... Denn er ist ein sicherer Weg ins Unglück. 

Negative Emotionen rückblickend wie ausgelöscht

Schon Ende der 90er-Jahre (wisst ihr noch, was für tolle Musik es damals gab ...?) wiesen US-amerikanische Psycholog:innen in einer Serie von Experimenten den sogenannten Retro-Fehler nach. Sie befragten unterschiedliche Proband:innen zu drei verschiedenen Situationen: Radtour durch Kalifornien, Thanksgiving-Feier und Europa-Trip. Während der jeweiligen Erlebnisse dokumentierten sie viele negative Emotionen, zum Beispiel Selbstzweifel, Enttäuschung und Erschöpfung. Wenige Tage später wiederholten sie die Befragung und – oh Wunder! – auf einmal waren die negativen Konnotationen und Aspekte wie ausgelöscht. Nur ein paar Tage waren vergangen, und das Zurückliegende erschien den Proband:innen deutlich schöner und positiver, als sie es in Wahrheit erlebt hatten. Erschreckend, aber wahr: Wir können unserer Erinnerung nicht trauen!

Mit dem Alter rückt das Schöne immer weiter in die Ferne

Besonders dramatische Folgen hat der Retro-Fehler für uns aber erst, wenn wir ein reiferes Erwachsenenalter erreichen, also in etwa ab 40. Denn dann kommt noch der sogenannte "Reminiszenz-Bump" hinzu: Die meisten Menschen behalten mehr von ihrer Jugend und ihrer jungen Erwachsenenzeit in Erinnerung als aus den gesetzteren Lebensjahren. Sehr wahrscheinlich, so vermuten Psycholog:innen, weil wir in dieser früheren Phase unsere Identität bilden und sie daher besonders prägend ist.

Wenn nun aber das Gedächtnis voller rosarot gefärbter Erinnerungen aus der Jugend ist, wächst die Sehnsucht nach dem Vergangenen mit jedem weiteren Jahr – und mit ihr die Unzufriedenheit mit der Gegenwart ...

(K)ein Ausweg aus der Gedächtnisschwäche?!

Zum Glück gibt es genug Beispiele glücklicher älterer Menschen, die belegen, dass wir trotz Gedächtnisschwäche nicht zur Altersunzufriedenheit verdammt sind. Wie die 75-jährige Greta Silver, die von sich sagt, gerade erst ihre Blütezeit erreicht zu haben und zu Recht gerne mal darauf hinweist: "Die Zeit zwischen 60 und 90 ist genauso lang wie die Zeit zwischen 30 und 60."

Menschen wie Greta zeigen: Mit der richtigen Einstellung können wir uns vor der fatalen Unglücks-Kombi aus Retro-Fehler und Reminiszenz-Bump schützen. Allerdings sollten wir uns die eben nicht erst mit 40, 50 oder 60 aneignen, sondern am besten genau jetzt! Je früher wir uns nämlich daran gewöhnen, uns auf das Positive zu konzentrieren und aus den gegebenen Umständen das Beste zu machen, umso leichter gelingt uns das später auch im Alter – und umso mehr können wir unser Leben zu jedem Zeitpunkt genießen. 

sus Brigitte

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