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Laut Studie Warum du vielleicht weniger experimentierfreudig bist, als du sein möchtest

Psychologie: Eine nachdenkliche Frau
© skyNext / Adobe Stock
Einfach mal etwas Neues ausprobieren – wenn es denn so einfach wäre. Forschende aus Chicago haben in einer Studie einen weiteren Faktor identifiziert, der unsere Experimentierfreude hemmen kann.

Es gibt auf dieser Welt viel zu entdecken und zu erleben – mehr, als wir jemals könnten. Da wären etwa hunderte interessante Länder zu bereisen, tausende reizvolle Städte zu besuchen und ebenso viele spannende Speisen, Hobbys und Menschen kennenzulernen. Doch anstatt die Vielfalt der Möglichkeiten auszuschöpfen, so weit es immerhin geht, bevorzugen viele Menschen, wenn sie die Wahl haben, das, was sie bereits kennen. Selbst wenn sie sich vornehmen, etwas Neues auszuprobieren und experimentierfreudiger zu sein, fällt es einigen sehr schwer, ihren Vorsatz in die Tat umzusetzen.

Ein Grund dafür liegt sicherlich in unserem Bedürfnis nach Klarheit und Sicherheit, das zwar bei einigen Menschen weniger stark ausgeprägt ist als bei anderen, doch in uns allen zumindest angelegt: Bei Bekanntem wissen wir, was auf uns zukommt, Unbekanntes birgt hingegen immer etwas Ungewisses und potenziell Gefährliches. Das ist aber nicht das einzige Hindernis, das es uns erschweren kann, uns auf Experimente und Abenteuer einzulassen. In einer Studienreihe mit insgesamt rund 6.000 Teilnehmenden haben Forschende der University of Chicago Booth School of Business herausgefunden, dass offenbar auch unser Ausblick auf die Zukunft eine Rolle spielt.

Unbegrenzte Gelegenheiten fördern Abenteuerlust

Im ersten Teil ihrer Studie ließen die Wissenschaftler:innen zunächst gut 1.100 Testpersonen entscheiden, ob sie ein neues Hobby ausprobieren würden oder lieber einem alten noch einmal nachkämen – wenn es das letzte Mal wäre, dass sie die Gelegenheit dazu hätten. Eine deutliche Mehrheit entschied sich für das Bekannte.

In einem anschließenden Versuch verteilten die Forschenden Restaurantgutscheine an Proband:innen mit unterschiedlichen Zukunftsperspektiven: Bei einigen war abzusehen, dass sie in der nächsten Zeit seltener dazu kommen würden, essen zu gehen, andere hatten wiederum keinen Grund, davon auszugehen, dass es für sie demnächst weniger Gelegenheit zu Restaurantbesuchen geben würde. Während Testpersonen der erstgenannten Gruppe sich deutlich häufiger für ein ihnen bekanntes Restaurant entschieden, wählten aus der anderen Gruppe sehr viel mehr Menschen einen für sie neuen Laden aus. Wir können daraus schließen: Wenn wir wissen beziehungsweise glauben, dass wir Spielraum haben und uns mehrere Gelegenheiten zur Verfügung stehen, sind wir tendenziell experimentierfreudiger, als wenn es nur eine Chance gibt. Die Testpersonen gaben in einer Befragung zu ihren Gründen an, dass sie in letzterem Fall eine zu große Angst davor hätten, enttäuscht zu werden. 

Was bedeutet das Ergebnis für unser Leben?

Aufgrund der Studie können wir annehmen, dass wir bei Dingen, die wir häufiger tun, wahrscheinlich experimentierfreudiger sein und eine größere Varianz zulassen werden als bei Anlässen, die sich nur selten in unserem Leben ergeben. Wer beispielsweise zweimal pro Woche essen geht, dürfte offener gegenüber neuen Restaurants oder Küchen sein als eine Person, die nur zweimal im Jahr auswärts isst. Wer ein Buch nach dem anderen weg liest, lässt sich wahrscheinlich leichter auf eine außergewöhnliche Empfehlung, eine:n unbekannte:n Autor:in oder ein ungewohntes Genre ein als ein Mensch, der hin und wieder im Urlaub Zeit zum Lesen findet. Auch unser Alter könnte in Anbetracht dieser Studie Einfluss auf unsere Abenteuerbereitschaft haben: Je weniger Lebenszeit wir zur Verfügung zu haben glauben, umso mehr werden wir uns womöglich Vertrautem zuwenden, anstatt uns auf Unbekanntes einzulassen. 

Neues auszuprobieren kann sich in vielen Fällen lohnen und die meisten Menschen finden in ihrem Leben ein für sie komfortables Gleichgewicht aus Experimenten und Erprobtem, ein harmonisches Zusammenspiel aus ihrem Bedürfnis nach Abenteuer und Entdeckung und dem nach Gewissheit und Klarheit. Wer mit sich und seinem Leben zufrieden ist, muss sich weder dazu zwingen, mehr Experimente zu wagen, noch die eigene Lust unterdrücken, eines nach dem anderen auszuprobieren, ohne jemals bei irgendetwas bleiben zu können. Trotzdem kann es manchmal vielleicht helfen zu wissen, warum wir uns so oder so verhalten. Denn oft können wir dann noch ein bisschen besser entscheiden, was wir wirklich wollen.

Verwendete Quelle: spektrum.de

sus Brigitte

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