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Psychologie 5 Gedanken, die Versagensangst auslösen – und wie wir sie überwinden

5 Gedanken, die Versagensängste auslösen: Frau sitzt verzweifelt über Rechnungen
© Andreassolbakken / Shutterstock
Die Angst, Fehler zu machen kennen wir alle. Und wahrscheinlich haben wir uns auch schon alle mit Gedanken ertappt, die dazu führen, dass wir Angst vor dem Scheitern haben. Aber woher kommt dieses Gefühl – und was können wir solchen Gedanken entgegensetzen?

Dr. Doris Wolf, Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin, erklärte für den "PAL Verlag", dass wir oft schon im Kindesalter lernen, wir wären nur dann liebenswürdig, wenn wir das tun, was Respekt-Personen – also Eltern, Lehrer oder andere Erwachsene – von uns erwarten würden. Weil wir gerade in jungen Jahren noch so stark von der Anerkennung unserer Eltern abhängig seien, nehmen wir uns solche Verhaltensweisen sehr stark zu Herzen. Und legen sie auch im Erwachsenenalter nur selten ab. 

Gedanken, die wir durchbrechen können

Das – unter anderem – führt dazu, dass wir eine viel zu strenge Fehlerkultur mit uns selbst an den Tag legen. Die äußert sich in bestimmten Denkmustern, bei denen wir uns alle schon das ein oder andere Mal ertappt haben. Aber welche können das sein – und wie können wir lernen, sie zu überwinden? Das erklärt Dimitrios Tsatiris, der sich als Psychiater auf Angstbewältigung spezialisiert hat, für "Psychology Today": 

1. "Wieso mache nur ich Fehler?"

Egal ob bei der schlanken Figur, dem Erfolg im Job oder der schöneren Wohnung: Oft vergleichen wir uns mit unseren Mitmenschen und sehen dabei nur, was andere haben – und wir nicht. Laut Tsatiris nehmen wir unser vermeintliches Versagen persönlich, beziehen es nur auf uns und vergessen dabei schnell, dass es "eine universelle menschliche Erfahrung" ist, auch mal Fehler zu machen. Denn natürlich: Niemand ist perfekt! Wir sind alle "nur" Menschen, dass auch mal was in die Hose geht, ist eigentlich ganz normal. Und nur, weil wir erfolgreiche Personen nicht scheitern sehen, heißt es nicht, dass sie das nicht tun. Tsatiris schreibt, es sei wichtig, Versagen nicht persönlich zu nehmen, sondern es als "wertvolle Erfahrung" anzuerkennen, die wir alle durchmachen – auch, wenn wir es nicht nach außen zeigen wollen.

2. "Aber wenn es schiefgeht..."

Oft stellen wir uns vor, was passieren könnte, wenn wir scheitern. In unseren Köpfen malen wir uns die schrecklichsten Szenarien aus, können vor lauter Schwarzmalerei keinen klaren Gedanken mehr fassen – und das, bevor wir überhaupt angefangen haben. Tsatiris greift auf eine Metapher zurück: Er stellt sich eine Gelegenheit als einen Schlüssel vor, der eine Tür öffnen kann. Wenn wir den Schlüssel ergreifen würden, würde sich unser Leben verbessern. Er fragt: "Was ist das schlimmste, das passieren könnte, wenn der Schlüssel nicht funktioniert?" Richtig: Wir bleiben in dem Raum, der Realität, wie sie auch vorher schon war. Nicht mehr und nicht weniger. Kein Drama, kein Weltuntergang, niemand wird uns an den Pranger stellen. Sind wir aber von vornherein so blockiert, dass wir es gar nicht erst versuchen, erreichen wir auch keine Veränderungen zum Besseren. Wir müssen uns "nur" trauen, eine Entscheidung zu treffen.

3. "Wenn ich versage, habe ich dadurch nur Nachteile."

"Scheitern", "Versagen", "Fehler machen" – das sind Wörter, die durch und durch negativ konnotiert sind. Jedenfalls für die meisten von uns. Was wir hören wollen, ist "Erfolg" oder "Gewinn". Das klingt gut, dann können wir stolz auf uns sein, bekommen die Anerkennung von unseren Mitmenschen. Wir tragen es höchstselten in die Welt hinaus, wenn wir gerade ein Projekt so richtig an die Wand gefahren haben. Oder wenn wir uns auf unsere Traumwohnung beworben und sie nicht bekommen haben. Weil wir uns in erster Linie dafür schämen, dass etwas nicht funktioniert hat. Unser Wunsch nach Anerkennung verhindert oft, dass wir Fehler nicht eingestehen wollen – im schlimmsten Fall noch nicht einmal uns selbst. Dabei ist Scheitern ein wunderbarer Weg zu erfahren, wie es eben nicht geht. Tsatiris nennt das eine "Möglichkeit, um zu lernen und zu wachsen". Denn wenn immer alles glatt läuft, warum sollten wir uns dann mit uns selbst auseinandersetzen, uns verändern, in uns wachsen?

4. "Wenn ich scheitere, bin ich ein Versager"

In einer Welt, in der alles perfekt zu sein scheint, haben Fehler keinen Platz. Es ist in unserer Gesellschaft oft nicht selbstverständlich, sein Scheitern offen zuzugeben. Wir denken nur in schwarz und weiß, dies oder das, Top oder Flop. Dass es dazwischen eine riesige Grauzone gibt, vergessen wir gern – schließlich sind wir meist darauf konzentriert, das Optimum zu erreichen. Hat früher in der Schule jemand eine bessere Note geschrieben als wir, obwohl unsere Leistungen bisher vergleichbar waren, haben wir uns schnell abgewertet. Schließlich waren wir doch offensichtlich weniger erfolgreich, sind weniger wert – oder? Es ist wichtig, dass wir uns vor Augen halten, dass unsere (Miss-) Erfolge nichts mit unserem vermeintlichen "Wert" zu tun haben. Sie definieren uns auch nicht als Menschen, sondern gehören einfach dazu. Zu jedem von uns. 

5. "Wenn ich nichts ändere, habe ich auch nichts zu verlieren"

Vor lauter Angst zu scheitern werden wir manchmal faul. Machen lieber nichts anders, damit auch ja nichts in die Hose geht. Bleiben bei unseren altbewährten Mustern, weil wir Sicherheit suchen – und etwas Neues zu beginnen natürlich auch ein gewisses Risiko mit sich bringt. Tsatiris betont, dass wir nicht vergessen dürfen, dass es immer "zwei Seiten einer Münze gibt". Und dass uns unser vorsichtiges Ich-bleibe-wo-ich-bin-Verhalten oft mehr kostet, als der Schritt nach vorn – egal, ob wir damit Erfolg haben oder nicht. Wenn wir etwa mit unserem Job nicht zufrieden sind und trotzdem nicht kündigen wollen, weil wir uns nach einer finanziellen Sicherheit sehnen, bedeutet das gleichzeitig auch, dass wir wahrscheinlich von Tag zu Tag unglücklicher werden. Ob es uns das wert ist, muss am Ende jeder für sich entscheiden. Aber niemand sollte etwas aufgeben, bevor man es überhaupt richtig angefangen hat. 

Verwendete Medien: palverlag.de, psychologytoday.com

Brigitte

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