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Tsundoku Was es über dich aussagt, wenn du mehr Bücher kaufst, als du lesen kannst

Bücherstapel vor einem Bücherregal
© by-studio / Adobe Stock
Bei unserer Autorin stapeln sich zu Hause haufenweise ungelesene Bücher, bei denen sie überhaupt nicht mehr herkommt. Ein Einzelfall? Nein – sondern ein Phänomen: Tsundoku. Was verrät es über uns?

Sehe ich ein Buch mit einem schönen Cover, spannendem Klappentext oder eines, das mir empfohlen wurde, muss ich es haben. Das Ergebnis: Ein sehr hoher Stapel ungelesener Bücher, der mich mittlerweile eher verzweifeln lässt, statt Freude hervorzurufen. Offensichtlich praktiziere ich Tsundoku in vollem Ausmaß – ich kaufe Bücher und staple sie zu Hause, ohne sie zu lesen. Aber wieso nur? 

Was Tsundoku über dich aussagt

Das Phänomen Tsundoku gibt es tatsächlich schon sehr lange: Es geht bis ins 19. Jahrhundert zurück, übersetzt steht die japanische Wortzusammensetzung für "Tsumu" – anhäufen, stapeln – und "Doku" – lesen. Wer Tsundoku betreibt, ist in erster Linie neugierig. Er oder sie wird stark von Neuem gereizt und verspürt den Wunsch, immer auf dem aktuellen Stand zu sein, beispielsweise eben wenn Bestseller oder neue Bücher bestimmter Autor:innen erscheinen. Ähnlich fungieren auch die sozialen Medien als Empfehlungsplattform für Bücher. Öffne ich TikTok, sehe ich zwischen niedlichen Tiervideos vor allem Personen, die unter dem Hashtag "Booktok" Bücher bewerten und empfehlen. Für manche ist damit vielleicht nicht nur die Neugierde oder der Reiz von Neuem für ihr Tsundoku-Verhalten entscheidend, sondern auch, dass sie mitreden wollen. 

In der Praxis sieht es dann oft aber leider aus wie bei mir: Die neu erworbenen Bücher stapeln sich und stapeln sich und stapeln sich. Ungelesen. Auch wenn ich weiß, dass ich so zwar immer genug zum Lesen hätte, stimmt es mich traurig. Und es stresst mich, löst Druck aus, weil ich ja trotzdem immer wieder den neuen Bestseller oder die letzte TikTok-Empfehlung haben möchte. Sollte lesen nicht eigentlich entspannend sein? 

Pflicht statt freudige Freizeitgestaltung

Tatsächlich ist es die Extremform, wenn das Bücherlesen nur noch als eine Pflicht wahrgenommen wird und man sich an dem wachsenden Stapel abarbeitet, statt als entspannende und schöne Auszeit im Alltag zu fungieren. Hinzu kommen Gedanken an das viele Geld, das für die (ungelesenen) Bücher ausgegeben wird – ich möchte gar nicht wissen, wie viel das über die Jahre hinweg bei mir ist. Kurz gefasst: Die Eigenschaften von Menschen, die Tsundoku praktizieren, sind an sich positiv. Neugierde, der Wille auf dem aktuellen Stand zu sein, immer mitreden zu können. Doch die Umsetzung dieser Attribute in Hinblick darauf, die Bücher zu kaufen, ist ausbaufähig. 

Wie wäre es, wenn wir stattdessen in der Zukunft eine Bücherhalle besuchen und Bücher nur noch ausleihen? Das hat gleich zwei Vorteile: Es ist günstiger und es gibt eine zeitliche Begrenzung, in der wir das Buch lesen und zurückgeben müssen. Oder wir fragen im Kreis unserer Freund:innen, Familie oder Kolleg:innen herum? In meinem Umfeld lieben viele das Lesen – die Wahrscheinlichkeit ist also gar nicht so gering, dort den gesuchten Titel zu finden. Andersherum kann ich so auch gut Bücher aussortieren, die ich gelesen habe. Und zuletzt wäre es wohl sinnvoll und hilfreich, sich fest vorzunehmen, dass zwischen zwei Buchkäufen oder -ausleihen mindestens zwei, drei oder vier Wochen liegen müssen und wir pro Monat oder pro Quartal nicht mehr als eine bestimmte Summe für Bücher ausgeben dürfen. Oder wir kaufen/leihen erst ein neues Buch, wenn nur noch drei auf unserem Ungelesen-Stapel liegen. Und damit das bald passiert: Ran an den Stapel! 

Verwendete Quellen: businessinsider.com, mindfulartstherapy.com.au

Brigitte

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