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Laut Therapeutin Diese Sätze meiner Eltern haben mich unbewusst ängstlich werden lassen

Frau versteckt sich unter einer Decke
© EGHStock / Adobe Stock
Ich habe Angst vor dem Alleinsein, Angst vor Unfällen, Angst bei Dunkelheit, Angst vor Schlangen und noch so viel mehr. Vieles beruht auf negativen Erfahrungen. Aber dass ich generell eher der ängstliche Typ bin, liegt wohl auch an Sätzen, die mir immer wieder gesagt wurden – und die vielen bekannt vorkommen werden.

Vorweg gesagt: Angst ist ein sehr subjektives Thema. Genauso wie die Erziehung und Sätze aus dieser, wie sie wahrgenommen werden. Manche werden meine "Angstsätze" vermutlich gar nicht schlimm finden, sich fragen, warum ich da so ein Thema draus mache. Aber vielleicht gibt es auch andere, denen es ähnlich geht, die unbewusst selbst Angst zu spüren bekommen oder Angst schüren. Die sich nach diesem Artikel fragen, ob die Ausdrucksweisen wirklich sinnvoll sind, genauso wie ich es vor einiger Zeit tat. Die dann ihre Mitmenschen darauf aufmerksam machen und tatsächlich etwas "befreiter" durch den Alltag gehen können.

Jede Auffassung hat natürlich ihre Berechtigung. Denn an sich sind die folgenden Sätze nicht schlimm – aber sie haben einen gewissen Unterton, werdet ihr merken.

Sätze, die mich unbewusst haben ängstlich werden lassen

"Sei vorsichtig."

Ich sollte als Kind Holz auf den Kamin legen, "vorsichtig". Ich durfte den Baum hochklettern, aber "vorsichtig". Ich bin allein zur Schule gefahren, aber "vorsichtig". Vorsicht war bei uns immer ein großes Thema und ich habe es ehrlich gesagt nie als schlimm oder störend empfunden. Bis ich mit meiner Therapeutin über die Message sprach, die eigentlich hinter diesen Sätzen steckt: Bist du nicht vorsichtig, passiert dir etwas. Ist ja auch wahr. Und nett von meinen Eltern, mich zu warnen. Andererseits haben sie mir damit unterbewusst vermittelt, dass ständig – eigentlich immer – etwas passieren kann und ich auf der Hut sein muss. 

Eine Frage meiner Therapeutin ist mir dabei besonders im Kopf geblieben: "Wenn deine Mutter dir nicht gesagt hätte 'sei vorsichtig', was hättest du gemacht?" Natürlich wäre ich trotzdem vorsichtig gewesen, denn ich wollte mich ja nicht verbrennen, ich wollte nicht vom Baum fallen oder dass mir auf dem Schulweg etwas passiert. Genauso bei "Fahr vorsichtig": Würde ich unvorsichtig fahren und einen Unfall riskieren, nur weil mir niemand gesagt hat, ich soll vorsichtig fahren? Nein! Ich war und bin mir selbst diesen Gefahren bewusst. Die Aufforderung "vorsichtig zu sein" ist oft – aber nicht immer, das weiß ich – überflüssig.

"Pass auf dich auf."

Ähnlich ist es bei der typischen Eltern-Redewendung "Pass auf dich auf". Klingt liebevoll und ist es an sich auch. Doch einen gewissen Unterton gibt es dennoch, der wieder sagt, dass wenn du nicht immer auf dich aufpasst, dir etwas Schlimmes passiert. Und passen wir nicht ohnehin auf uns auf, weil wir genau das nicht wollen? Wir wissen es – und brauchen zumindest nicht ständig eine Erinnerung. In Maßen ist der Satz in Ordnung finde ich, hin und wieder sogar angebracht, zum Beispiel wenn jemand krank ist und sich die Person nicht ausruhen möchte, aber in vielen Situationen, wie wenn man nur quer über die Straße läuft, eher weniger.

"Melde dich, wenn du angekommen bist."

Das kennen vermutlich überwiegend die Frauen – aber natürlich auch manche Männer – unter uns: Wir sind abends oder nachts zusammen unterwegs, trennen uns und fordern die andere Person auf, sich unbedingt zu melden, wenn sie:er gut zuhause angekommen ist. Dieser Satz löst in mir den größten Zwiespalt aus. Einerseits finde ich es auch wirklich beruhigend zu wissen, dass Freundin XY jetzt im Bett liegt. Andererseits schwingt bei diesem Satz – zumindest für mich – auch immer ein Unterton mit. Es gibt eine Wahrscheinlichkeit, keine allzu geringe, dass auf dem Rückweg etwas passiert. Denn sonst würde mir doch nicht gesagt werden müssen, dass ich mich melden soll, wenn alles gut gegangen ist? 

Wenn mir jemand diesen Satz sagt, bevor ich nachts alleine nach Hause muss, fangen in meinem Kopf sofort die Horrorszenarien an, was alles passieren kann. Überfälle, Entführungen und anderes. Ich kenne aber auch Freund:innen, denen es überhaupt nicht so geht und denen ich den Satz gerne sage, bevor sie sich auf den Weg machen. 

Was mir anstelle dieser "Angstsätze" helfen würde

Ganz wichtig: Diese Sätze haben es nicht allein bewirkt, dass ich heute ängstlich bin. Dazu zählen noch viele weitere Faktoren, Erfahrungen, die Nachrichtenlage und so weiter. Dennoch haben sie wohl ihren kleinen Teil dazu beigetragen. Als ich meinen Eltern von der Therapiesitzung, in der ich diese Erkenntnis hatte, erzählte, konnten sie es sofort verstehen. Es ging dabei überhaupt nicht darum, eine Entschuldigung zu bekommen, meinen Eltern zu zeigen, dass sie etwas falsch gemacht haben, denn das haben sie meiner Meinung nach auch nicht. Es ging schlichtweg darum, ihnen zu vermitteln, was bisher in meinem Alltag unbewusst Angst in mir ausgelöst hat und wie sie – und natürlich auch Freund:innen, mit denen ich ähnliche Gespräche führte – mich künftig unterstützen und eher bestärken können. Zusammen sind uns vier ermutigende Sätze eingefallen:

  • "Trau dich."
  • "Sei mutig."
  • "Du schaffst das."
  • "Du bist stark."

Außerdem zwei Sätze, die mir zeigen, dass andere es geschafft haben und ich das auch tue, dass die Gefahr nur in meinem Kopf besteht:

  • "Ich habe das auch letztens gemacht."
  • "Es wird nichts passieren."
Brigitte

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