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Spotlight-Effekt Warum andere unsere Fehler gar nicht so schlimm finden wie wir selbst

Frau unter der Bettdecke | Spotlight-Effekt: Warum andere unsere Fehler gar nicht so schlimm finden wie wir
© EGHStock / Shutterstock
Mist, wieder gekleckert… Was denken die anderen jetzt nur von mir? Vermutlich schenken sie dir viel weniger Aufmerksamkeit, als du glaubst. Warum das so ist, erklärt der Spotlight-Effekt.

Noch Jahre später kann uns die Erinnerung an ein peinliches Missgeschick oder einen blöden Fehler heimsuchen. Plötzlich kommt das Schamgefühl wieder hoch, und eine Situation, die Ewigkeiten zurückliegt, macht uns wieder ganz aufs Neue verlegen. Dabei hilft uns das nicht nur absolut nicht weiter – wir überschätzen in der Regel auch völlig, wie peinlich andere uns wirklich finden. Das liegt am sogenannten Spotlight-Effekt.

Der Spotlight-Effekt: Wie peinlich, alle schauen bestimmt nur auf mich!

Der englische Begriff Spotlight bedeutet Scheinwerfer und soll verdeutlichen, dass wir den Scheinwerfer sehr stark auf uns selbst spüren, wenn wir etwas vermeintlich Peinliches tun. Dabei ist das ein Trugschluss, denn die anderen nehmen meist gar nicht so stark wahr, wenn wir uns verhaspeln, etwas Falsches sagen oder unser Top mit Eis bekleckern.

In unserem Kopf stehen wir also im Scheinwerferlicht – in der Realität überschätzen wir aber, wie sehr unser Umfeld überhaupt auf uns achtet und uns wahrnimmt. Weil die meisten eher mit sich selbst beschäftigt sind, fällt ihnen zwar vielleicht auf, dass da ein kleiner Fleck auf der Bluse ist oder wir uns versprechen – sie finden es aber nicht so dramatisch wie wir selbst.

Die meisten Menschen sind mehr mit sich selbst als mit anderen beschäftigt

Der Spotlight-Effekt ist ein Beispiel für eine kognitive Verzerrung. Unsere Sicht auf die Welt, unsere persönlichen Erfahrungen und viele andere subjektive Faktoren sorgen dafür, dass wir uns selbst oft wichtiger nehmen, als wir sind – beziehungsweise als andere es tun. Da das aber nicht nur uns so geht, sondern den meisten Menschen um uns herum, sind viele hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt und viel weniger aufmerksam für Fehler der anderen, als wir meist glauben.

Natürlich stimmt das nicht für jeden Menschen in gleichem Maße. Es gibt Personen, die nehmen generell mehr von ihrer Umwelt wahr als andere, oder solche, die empathischer sind und sich daher mehr in andere hineinfühlen können. Aber grundsätzlich gilt für die meisten Menschen, dass sie sich selbst wichtiger nehmen – also den Scheinwerfer stärker auf sich selbst richten – als andere.

Das sagt die Wissenschaft zum Spotlight-Effekt

Der Spotlight-Effekt wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen. Für eine Untersuchung im Jahr 2000 haben Forschende die Teilnehmenden beispielsweise in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine sollte ein T-Shirt mit einem "peinlichen" Motiv tragen, und zwar einem Foto des Sängers Barry Manilow, der vor allem in den 70er- und 80er-Jahren seine größten Hits hatte. Die andere Gruppe trug ein Shirt mit wahlweise dem Reggae-Sänger Bob Marley, dem Bürgerrechtler Martin Luther King oder dem Comedian Jerry Seinfeld – also Persönlichkeiten, die vor allem zum Zeitpunkt der Studie "cooler" waren als Barry Manilow. Das Ergebnis: Nur ein Viertel der Personen bemerkte das "peinliche" oder "coole" T-Shirt der Studienteilnehmenden. Das waren deutlich weniger, als vor allem die Personen mit dem unangenehmen Barry-Manilow-Shirt befürchtet hatten.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2007 bestätigte den Spotlight-Effekt vor allem im Zusammenhang mit sozialer Phobie ("Social Anxiety" im Englischen), einer psychischen Störung, bei der die Betroffenen sich sehr darum sorgen, was andere über sie denken und wie sie sie beurteilen. Für die Untersuchung bekamen die Teilnehmenden eine Gedächtnis-Aufgabe, bei der sie sich an Dinge erinnern sollten. Der einen Hälfte sagten die Forschenden, dass das Gespräch aufgezeichnet werde, der anderen Hälfte kündigten sie das nicht an. Letztlich waren die Personen, die dachten, dass die Übung auf Video aufgenommen werde, sehr viel verlegener und unsicherer als die anderen.

Beide Studien machen deutlich, wie sehr wir uns oft von der Meinung und dem Urteil anderer abhängig machen – und dass wir überschätzen, wie stark sich diese anderen überhaupt für uns interessieren. Sich das vor Augen zu führen, kann helfen, mit sozialer Phobie und starkem Schamgefühl umzugehen. Denn wenn du dich völlig verrückt machst, weil du glaubst, dass dein Gegenüber nur auf den Eisfleck auf deinem Oberteil starrt, ist es viel wahrscheinlicher, dass die andere Person mit etwas ganz anderem beschäftigt ist, das ihr selbst wahnsinnig peinlich ist.

Verwendete Quellen: perspective-daily.de healthline.com

Brigitte

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