Anzeige

Unentschlossenheit Wenn dir die einfachsten Entscheidungen plötzlich schwer fallen

Psychologie: Eine Frau an einem See
© fotoduets / Adobe Stock
Wenn wir für die simpelsten Alltagsentscheidungen ungewöhnlich viel Zeit und Energie benötigen, ist das meistens ein Zeichen dafür, dass etwas nicht ganz stimmt. Was das sein könnte, liest du hier.

Bestelle ich mir eine Pizza? Oder habe ich mehr Lust auf Pasta? Oder auf Thai? Oder mache ich mir lieber selbst etwas? Vielleicht eine Gemüsepfanne mit Reis und Ei? Oder Nudeln? Oder mal wieder klassisch Abendbrot mit Käse und Rohkost? Und was mache ich nun mit der Geburtstagseinladung? Sage ich zu? Wird mir das an dem Wochenende zu viel? Schaffe ich es, vorher noch ein Geschenk zu besorgen? Möchte ich überhaupt hingehen?

Ging das nicht alles irgendwann einmal leichter? Wahrscheinlich schon. Die meisten Menschen kennen Lebensphasen, in denen ihnen die kleinen Entscheidungen des Alltags keinerlei Probleme bereiten. Selbst wenn sie darüber nachdenken, was sie essen möchten oder wie sie ihre Freizeit gestalten wollen, tun sie das in solchen Phasen mit Freude und Lust, beziehen daraus eher Energie, als dass sie welche aufwenden müssten. 

Viele Menschen kennen aber ebenso das Gegenteil: Phasen, in denen plötzlich jede Entscheidung schwerfällt. In denen sie Minuten lang überlegen, ob sie zuerst die Wäsche waschen oder Geschirr spülen, und hinterher so ausgelaugt von dem Entscheidungsprozess sind, dass sie sich erst einmal aufs Sofa setzen und nichts von beidem tun. Wie kommt es zu dieser gelegentlichen Entscheidungsunfähigkeit?

Phasenweise Unentschlossenheit entsteht meist durch einen Mangel an Energie

Wenn es sich um wiederkehrende, aber vorübergehende Phasen handelt, ist Unentschlossenheit oft ein Zeichen von Erschöpfung. Diese kann stressbedingt sein, also beispielsweise der Tatsache geschuldet, dass wir viel Energie für die Arbeit aufwenden oder für unsere Beziehungen oder private Ziele, aber uns wenig erholen können. Sie kann außerdem körperliche Ursachen haben: Sind wir erkältet oder tragen einen Infekt in uns, befindet sich unser Hormonhaushalt im Ungleichgewicht, mangelt es uns an bestimmten Nährstoffen oder sind wir hohen Belastungen durch Arbeit, Sport oder Umweltbedingungen ausgesetzt, schwächt das unseren Körper – schwächt das also uns. Schließlich verfügen wir nur über einen Topf an Energie, aus dem wir sowohl für körperliche als auch für geistige Tätigkeiten wie Entscheidungen schöpfen. 

Um durch solche Phasen der Unentschlossenheit möglichst rasch und mit minimaler Unannehmlichkeit hindurch zu kommen, ist es logischerweise ratsam, Maßnahmen zu ergreifen, die gegen Erschöpfung helfen und Kraft spenden, wobei die bei unterschiedlichen Menschen ganz unterschiedlich aussehen können: Manchen Leuten tut es gut, sich mit anderen Personen zu verabreden, andere brauchen besonders viel Zeit für sich. Einige beziehen Energie daraus, ein neues Hobby auszuprobieren, und andere können am besten auftanken, indem sie sich ein paar Tage langweilen. Einziges Problem an dieser Strategie: Befinden wir uns in einer Phase der Unentschlossenheit, fällt es uns oft außerdem schwer, die eigenen Kraftquellen zu erspüren.

Alltagsentscheidungen sind Teil unserer Identität

Für sich genommen sind die kleinen Entscheidungen unseres Alltags vergleichsweise bedeutungslos. Ob wir heute Pizza oder Pasta essen und am Freitag den 34. Geburtstag einer Bekannten mitfeiern, der wir gerade einmal einen Gutschein schenken, hat für den Verlauf unseres Lebens kaum eine Relevanz. Fallen sie uns schwer, weil wir erschöpft sind, könnten wir uns theoretisch also ohne Weiteres sagen: Ist sowieso egal, ich werfe eine Münze und spare mir jede weitere Anstrengung.

Das tun wir aber in der Regel nicht. Für uns sind unsere Alltagsentscheidungen nämlich mehr als das, was sie für sich genommen sind: Sie sind Teil unserer Identität. Sie zeigen (uns), was für ein Mensch wir sind. Denn was, wenn nicht all das, was wir jeden Tag tun und entscheiden, macht uns aus? Insofern weisen uns Phasen der Unentschlossenheit häufig noch auf etwas anderes hin als Erschöpfung: Darauf, dass wir uns selbst gerade nicht spüren. Dass wir selbst zurzeit nicht vollständig da sind. Das kann durchaus mit Erschöpfung zusammenhängen. Doch dazu kann es ebenso kommen, wenn wir zum Beispiel über einen langen Zeitraum ununterbrochen den gleichen Routinen gefolgt sind. Oder wenn wir langfristig spontane Impulse und Bedürfnisse unterdrückt haben. 

Haben wir uns selbst einmal verloren und tun uns deshalb schwer mit eigentlich einfachen Entscheidungen, kann es helfen, uns Situationen auszusetzen, in denen wir eher spontan reagieren müssen: Uns mit Menschen verabreden, die wir nicht jeden Tag sehen. Verreisen. Etwas ausprobieren, das wir noch nie gemacht haben. Außergewöhnliche Herausforderungen zwingen uns meist dazu, intuitiv zu reagieren und können es uns auf diese Weise auch wieder beibringen. 

Fazit

Entscheidungen sind nicht immer leicht und müssen es nicht sein. An großen und schweren Entscheidungsprozessen können wir reifen und sie können unser Selbstbewusstsein stärken. Eine andauernde Unfähigkeit, alltägliche Entscheidungen zu treffen, kann hingegen ein Hinweis auf eine Krankheit oder eine psychische Störung sein und ein Anlass, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Beobachten wir wiederum Schwankungen in unserer Entschlossenheit in Bezug auf Alltagsentscheidungen, reflektieren diese Schwankungen meist unser Befinden und unser Verhältnis zu uns selbst. Sie können von alleine an uns vorbeiziehen, ohne dass wir etwas tun, wobei es in diesem Fall unter Umständen passieren kann, dass Unentschlossenheit irgendwann zu einem Dauerzustand für uns wird. Reagieren wir auf diese Schwankungen, indem wir etwa nach Ursachen suchen und entsprechende Maßnahmen ergreifen – ausruhen, Abwechslung in unser Leben bringen, auf spontane Impulse achtgeben und eingehen –, können wir im besten Fall schneller zu unserer Entschlossenheit zurückfinden und im schlimmsten Fall etwas über uns lernen. 

Verwendete Quellen: psychcentral.com, healthline.com

sus Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel