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Lehren fürs Leben 5 Gründe, weshalb mich meine Oma inspiriert

Großmutter und Enkelin umarmen sich
© Halfpoint / Adobe Stock
Großeltern haben in ihrem Leben oft schon so viel erlebt, dass sie Bücher darüber schreiben könnten. Dazu wird es bei meiner Oma wohl nicht kommen – dafür möchte ich fünf ihrer Eigenschaften teilen, die mich ganz besonders inspirieren.

Manchmal stelle ich mir vor, wie es wäre, meine Oma mehrere Tage 24/7 zu begleiten. Gut, ich wäre wahrscheinlich sehr müde, wenn ich um fünf Uhr morgens mit ihr aufstehen, über den Tag verteilt tausende Schritte durch den Hamburger Westen laufen, an Wander- und Spielegruppen teilnehmen und zwischendurch natürlich noch einkaufen, kochen und waschen würde. Aber ich könnte sicherlich noch so viel mehr lernen, als ich es ohnehin bereits tun durfte. Für mich steht auf jeden Fall fest: Großeltern können wahnsinnig inspirierend sein. Fünf Gründe, weshalb es meine Oma für mich ist:

1. Gesellig und offen

Es klingt banal und doch steckt so viel dahinter. Wenn ich daran denke, wie schwer ich es manchmal jetzt schon finde, auf fremde Menschen zuzugehen und Smalltalk zu führen, bin ich immer wieder beeindruckt von meiner Omi. Auf einem Ohr so gut wie taub, auf dem anderen auch nicht mehr die beste Hörleistung, geht sie auf (neue) Menschen zu und wirbt für Spiele- oder Wandergruppen, in denen sie ein fester Teil ist. Einsam im Alter? Das gibts bei ihr nicht! Das inspiriert mich, immer offen und neugierig zu bleiben, mich auch im Alter nicht zu verschließen, sondern in Gesellschaft noch eine gute Zeit zu genießen. 

2. Loslassen, denn Erinnerungen sind stärker

Wie auch immer sie es schafft: Meine Oma kann besser ausmisten als jede:r, den:die ich sonst kenne. Ganz allein entschied sie sich vor Jahren ihr Haus zu verkaufen, zuvor hat sie schon nach und nach Dinge weggeschmissen oder verschenkt. Sie meldete sich in einem Wohnstift an und ließ das Haus, in dem ihre Kinder groß geworden und in dem viele Erinnerungen auch noch mit meinem verstorbenen Opa stecken, zurück. Natürlich fiel es ihr nicht leicht, doch sie hat sich jahrelang darauf vorbereitet und sich daran festgehalten, dass die Erinnerungen für immer bleiben werden. Einfach mutig und so stark! 

3. Cool und furchtlos durch Tag und Nacht

Apropos mutig. Jahrelang alleine in einem großen Haus wohnen, das hätte bei mir vermutlich zu vielen Panikanfällen geführt. Doch nicht nur das hat meine Oma entspannt gemeistert. Jetzt im Wohnstift, im ersten Stock, schläft sie je nach Temperaturen eigentlich nur im Herbst und Winter drinnen. Ansonsten stellt sie sich eine Liege auf den Balkon und schläft seelenruhig draußen. Wie cool ist das bitte? In meinen Gedanken tauchen sofort wilde Tiere oder Einbrecher auf – gut, vielleicht auch nicht die realistischste Einschätzung, aber drinnen fühle ich mich doch sicherer. Und trotzdem beneide ich meine Oma so sehr um ihren Mut und ihre Coolness. 

Und auch am Tag ist sie so locker drauf, davon würde ich mir gerne eine Scheibe abschneiden. Wir sind mit der Familie zum Essen verabredet, sie taucht einfach nicht auf. Wir machen uns Sorgen, dass etwas passiert ist oder überlegen, ob sie das Restaurant verwechselt hat. An ihr Handy geht sie nicht. 30 Minuten später kommt sie rein und erzählt, dass der Bus einen Unfall hatte und sie ein paar Kilometer zu Fuß gegangen ist. Ihr Handy ist in der Tasche, aber es ist ja nichts Schlimmes passiert, da fand sie anrufen und sich abholen lassen unnötig. Okay, vielleicht sollte sie sich etwas mehr Gedanken darüber machen, dass wir uns sorgen. Aber ihre Selbstständigkeit und entspannte Herangehensweise in jeglichen Situationen finde ich schon auch erstrebenswert. 

4. Um Hilfe bitten und beharrlich bleiben

Gleichzeitig weiß meine Oma aber auch, wann der Zeitpunkt ist, Hilfe anzunehmen. Schwere Getränkekisten schleppen kann sie nicht mehr, da fragt sie dann ihre Kinder oder Enkel. Wenn sie etwas akustisch nicht versteht, hakt sie nach. Wenn sie im Dunkeln nach Hause muss, fragt sie, ob wir sie fahren können, denn dann sieht sie schlecht. Die Quintessenz: Fragen ist in Ordnung, nein, sogar gut. Nur so können wir im Leben vorankommen und unseren Alltag für uns ideal gestalten. Und passend dazu lehrte mich meine Oma: Beharrlich bleiben. Wenn wir etwas brauchen oder möchten, dürfen wir auch mehrmals fragen – schließlich geht es um unser Wohlbefinden. 

5. Immer in Bewegung und voll verplant

Einen Grund gibt es noch, weshalb mich meine Oma inspiriert. Wenn ich mit 87 Jahren so fit bin wie sie, dann bin ich wirklich happy. Jeden einzelnen Tag der Woche geht sie tausende Schritte, läuft mehrere Kilometer durch Hamburg und ist einfach immer unterwegs. Sie spontan in ihrer Wohnung zu überraschen, das ist wirklich Glückssache und am Großteil des Tages fast unmöglich. Zwischen ihren ausgiebigen Spaziergängen nimmt sie an zusätzlichen Wandergruppen oder Spieletreffen teil. Geht einkaufen, kocht und backt, macht ihre Wäsche und kümmert sich um alles, was sonst noch anfällt. Mit 87! Unglaublich …

Und es gibt noch so viel mehr, was ich von meiner Oma gelernt habe. Gemeinsame Erinnerungen, die ich nie vergessen werde. Ich bin so glücklich und dankbar, dass wir Zeit zusammen verbringen dürfen und wünsche mir sehr, dass es noch viele Jahre so weitergeht. Denn ich bin mir sicher: Dann wird es nicht nur bei diesen fünf Gründen bleiben, die mich schon jetzt sehr inspirieren. 

Brigitte

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