Anzeige

Psychologie Psychologin verrät: 5 Geheimnisse von Menschen, die genügend Selbstmitgefühl haben

Psychologie: Eine Frau mit Hund auf einem Berg
© SHOTPRIME STUDIO / Adobe Stock
Als Menschen sind wir grundsätzlich empathische Wesen, doch an Selbstmitgefühl mangelt es einigen von uns. Woran das liegt und was Menschen auszeichnet, die ein gesundes Selbstmitgefühl haben, hat uns die Psychologin Claudia Zeidler verraten.

Für die meisten Menschen ist es kein Problem, für andere Personen Verständnis aufzubringen und sie respektvoll, bestärkend und fürsorglich zu behandeln – das gilt insbesondere für Personen, die ihnen nahestehen, beispielsweise Freund:innen, Angehörige, Lebenspartner:innen. Dein Kumpel hat eine Absage auf eine Bewerbung bekommen? Selbstverständlich wirst du ihn daraufhin aufbauen, ihm klarmachen, dass das kein Weltuntergang ist, er nicht allein dasteht, dass es beim nächsten oder übernächsten Mal schon klappen kann und er nicht aufgeben muss. Bist du allerdings die Gescheiterte – redest du dir dann genauso zu wie deinem Kumpel? Oder hagelt es dann Selbstvorwürfe? Ist Letzteres der Fall, bist du damit nicht allein. Es gibt nämlich einige Menschen, denen ihr Selbstmitgefühl im Laufe des Lebens abhandenkommt.

"Ein gesundes Selbstmitgefühl zu kultivieren, ist nicht unbedingt ein zentraler Bestandteil unserer Sozialisation", sagt Claudia Zeidler vom Lanserhof Sylt. Die Diplompsychologin hat sich intensiv mit diesem Thema befasst und sieht als mögliche Gründe für ein mangelhaftes Selbstmitgefühl die oft von klassischen Rollenbildern geprägte Erziehung sowie das tendenziell leistungsorientierte Denken in unserer Gesellschaft. "Meist wird uns vermittelt, dass wir hart und stark sein müssen, um Erfolg zu haben", sagt sie. "Unsere Schwächen und wunden Punkte, die uns eigentlich ja ebenso ausmachen wie unsere Stärken, lernen wir eher zu verstecken, anstatt als Potenziale wahrzunehmen." Dadurch verlieren wir ein Stück weit die Verbindung zu uns selbst und gewöhnen uns an, stets streng und selbstkritisch mit uns umzugehen. Das ist langfristig allerdings nicht gesund, weder für uns als Einzelpersonen noch für unsere Gesellschaft. "Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Selbstmitgefühl vielfältige positive Auswirkungen hat", sagt die Psychologin. So habe sich zum Beispiel gezeigt, dass es in US-amerikanischen Schulen, in denen es in den Lehrplan integriert ist, zu deutlich weniger Konflikten, Mobbing und Gewalt kommt.

Auch folgende positiven Effekte seien laut Claudia Zeidler meist auf ein gesundes Selbstmitgefühl zurückzuführen.

5 Geheimnisse von Menschen, die ein gesundes Selbstmitgefühl haben

1. Sie sind authentisch

Menschen mit einem ausgeprägten Selbstmitgefühl leben im Einklang mit ihren Werten und ihren Bedürfnissen. Deshalb wirken und sind sie besonders authentisch. Ihre Handlungen und Worte stimmen miteinander überein, sie halten ihre Versprechen, sagen Nein, wenn sie es meinen.

2. Sie entfalten ihr Potenzial

"Bei Selbstmitgefühl denken viele Menschen erst einmal an Selbstmitleid oder sich selbst in Watte packen", sagt Claudia Zeidler. "Doch darum geht es ganz und gar nicht. So sprechen wir etwa von einem sanften Selbstmitgefühl und einem starken Selbstmitgefühl." Das starke Selbstmitgefühl sei dasjenige, das uns motiviert, uns die Kraft gebe, an uns zu arbeiten und uns zu verändern. Auf der anderen Seite schützt uns Selbstmitgefühl vor toxischem Perfektionismus und überhöhten Ansprüchen. "Perfektionismus lähmt uns häufig und kostet unverhältnismäßig viel Kraft", sagt die Expertin.

Wer ein gesundes Maß an Selbstmitgefühl hat, weiß und versteht zum Beispiel, dass sie:er nicht jeden Tag auf dem Höhepunkt ihrer:seiner Leistungsfähigkeit sein kann. Er:sie hat ein Gespür dafür, wie er:sie sich selbst motiviert und was er:sie braucht, um die eigenen Energiereserven klug zu nutzen und wieder aufzufüllen, wenn sie einmal aufgebraucht sind. Dadurch sind diese Personen oft besonders leistungsfähig und erfolgreich und entfalten in jedem Fall ihr Potenzial.

3. Sie fühlen sich mit anderen Menschen verbunden

Das Gefühl von Verbundenheit ist laut Claudia Zeidler ein zentrales Element von Selbstmitgefühl. Menschen mit einem gesunden Selbstmitgefühl empfinden sich als Teil eines Ganzen, als Mitglied einer Gemeinschaft, als Teilhabende am Wunder des Lebens. Wenn sie beispielsweise traurig sind oder etwas verloren haben, das ihnen lieb war, dann ist ihnen bewusst, dass es in genau diesem Moment andere Personen gibt, die etwas Ähnliches durchmachen wie sie und dass sie niemals alleine sind mit dem, was sie fühlen. "Das Gefühl der menschlichen Verbundenheit, das tiefe Wissen, ich bin nicht allein, ist ein Aspekt, der Selbstmitgefühl von Selbstmitleid maßgeblich unterscheidet", sagt die Psychologin. "Selbstmitleid führt dazu, dass wir uns einsam fühlen und isolieren, Selbstmitgefühl bewirkt genau das Gegenteil."

4. Sie sind flexibel

Selbstmitgefühl befähigt uns dazu, Graustufen wahrzunehmen und ermöglicht es uns, den Raum zwischen den Extremen zu erkennen und zu nutzen. "Unser Gehirn ist dazu gemacht, in Schubladen und Kategorien zu denken, doch manchmal fehlt uns dabei die Balance, das Feintuning, das uns angemessen auf unsere Umwelt reagieren lässt", sagt Claudia Zeidler. Dieses Feintuning hilft uns Selbstmitgefühl zu verbessern, da es unsere Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit erhöht. Beispielsweise fühlen und verstehen wir mit einem ausgeprägten Selbstmitgefühl, dass es zwischen gescheitert und Ziel erreicht noch sehr, sehr viel Weiteres gibt ebenso wie zwischen krank und topfit, schön und hässlich, dick und dünn. 

5. Sie sind frei

Menschen, die über ein gesundes Selbstmitgefühl verfügen, haben in der Regel weniger Angst vor Schmerz und negativen Emotionen als manch andere. Sie empfinden Gefühle wie Trauer oder Wut nicht als lästige Spielverderber, sondern begegnen ihnen mit Interesse und Neugier. Dadurch wachsen sie an ihren Erfahrungen und verarbeiten schmerzhafte Erlebnisse vergleichsweise gut. Dies erlaubt es ihnen, frei zu leben und angenehme wie unangenehme Phasen zuzulassen, anstatt stets kurzfristigen Glücksmomenten hinterher zu jagen und sich von Furcht lenken zu lassen. "Wenn wir uns unseren Gefühle zuwenden, erleben wir auch, wie sie sich verändern", sagt Claudia Zeidler. So machen wir unsere Erfahrungen vollständig durch und laufen weniger Gefahr, sie als unverarbeitete Erinnerungen mit uns herumzuschleppen, die uns belasten, verfolgen und uns immer wieder als emotionale Trigger überwältigen.

Selbstmitgefühl verbessern

Um unser Selbstmitgefühl zu kultivieren, sei es laut der Psychologin besonders wichtig, Achtsamkeit zu erlernen und uns selbst zu beobachten. Welche Urteile und Bewertungen schwingen in unseren Selbstgesprächen mit? Welche Ansprüche stellen wir an uns selbst? Welche an andere? Grundsätzlich sei es hilfreich, unseren Umgang mit uns selbst damit zu vergleichen, wie wir uns gegenüber unseren Freund:innen verhalten, und anzustreben, dass beides gleich oder einander sehr ähnlich wird. "In der Bibel heißt es beispielsweise auch schon 'liebe deinen Nächsten wie dich selbst' und nicht 'liebe deinen Nächsten mehr als dich' oder 'liebe nur dich selbst'", sagt Claudia Zeidler. Und unabhängig davon, wie wir zum Christentum oder alten Büchern stehen: Dieser Gedanke erscheint auch aus heutiger Sicht gar nicht so dumm.

Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel