Anzeige

Psychologie Fünf Angewohnheiten, die unsere Sicht auf Beziehungen verschleiern

Eine Frau und ein Mann sitzen angespannt nebeneinander auf einem Sofa
© Bettencourt/peopleimages.com / Adobe Stock
Im Streit verfallen wir oft in gewohnte Muster, und teilweise sehen wir nur uns selbst und nicht unser Gegenüber. Wir verraten, was dahinter steckt und wie du das Problem lösen kannst.

Wirst du im Streit schnell defensiv und wendest dich ab? Oder gibst du Kontra und lässt deinen Emotionen freien Lauf? Vielen Menschen fällt es schwer, in einem Streitgespräch einen klaren Kopf zu behalten und nicht nur die eigenen Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen, sondern auch die des:der anderen. Fünf Faktoren spielen dabei eine besonders große Rolle.

Fünf Angewohnheiten, die unsere Sicht auf die Dinge verschleiern

Psychotherapeut David Richo erklärt in seinem Buch "How to be an adult in relationships" ("Wie man in Beziehungen erwachsen ist"), warum wir uns in Beziehungen oft so verhalten, wie wir es tun. Die folgenden fünf Dinge stehen uns laut Richo in Gesprächen mit Partner:innen häufig im Weg und verhindern eine neutrale und faire Betrachtung.

Angst oder Sorge

Die Menschen, die wir lieben, sind uns besonders wichtig. Verständlich, dass wir sie beschützen und sicher wissen möchten. Doch diese Angewohnheit kann dazu führen, dass die Beziehung leidet. Denn wir implizieren mit unserer Angst, dass wir nicht den Fähigkeiten des:der anderen oder der Kraft der Partnerschaft vertrauen. Meist sind es unsere eigenen Sorgen und Ängste – und wir sollten sie nicht auf andere projizieren. Stattdessen ist es sinnvoller, die Perspektive des Gegenübers einzunehmen und auf dessen:deren Fähigkeiten zu vertrauen.

Eigene Bedürfnisse

In Beziehungen möchten wir unsere Bedürfnisse erfüllt sehen. Manchmal übersehen wir dabei, welche Bedürfnisse unserer Liebsten wir selbst unerfüllt lassen. Das kann passieren, wenn wir uns von dem:der anderen etwas wünschen. Wir berücksichtigen dann nicht mehr die Sicht des:der anderen und stellen unsere Wünsche voran. So fühlt er:sie sich wiederum nicht wahrgenommen. Es ist wichtig, dass Partner:innen die Möglichkeit bekommen, Bedürfnisse zu kommunizieren und damit auch gesehen und gehört zu werden.

Positive oder negative Urteile

Wir alle bilden uns eine Meinung von anderen Menschen. Vielleicht denken wir von einer Person, dass sie alles schaffen kann – und eine andere sehen wir als hoffnungslosen Fall. Urteile können sich laut David Richo beispielsweise in Bewunderung, Kritik, oder Anschuldigung äußern. Wenn wir etwa überzeugt davon sind, dass unsere Freundin alles schaffen kann, sie aber gerade gestresst ist und unser Gefühl nicht nachvollziehen kann, fühlt sie sich möglicherweise nicht verstanden. Auch hier ist es wichtig, die Sicht unserer Liebsten wahrzunehmen.

Der Wunsch nach Kontrolle

Ein extremer Fall von Ego ist, den Wunsch nach Kontrolle auf andere zu übertragen. Ein Beispiel: A wünscht sich von B, dass diese:r öfter zu Geburtstagen von As Freund:innen mitkommt. Doch B ist introvertiert und fühlt sich in größeren Gruppen unwohl. A versucht nun, B zu verändern oder nennt Gründe, warum ihm:ihr diese Geburtstage guttun könnten – er:sie übersieht dabei die Gefühle von B, was die Beziehung belasten kann.

Illusion statt Realität

Manchmal übertragen wir unsere eigene Sicht der Dinge auf eine Beziehung. Und dadurch sehen wir nicht mehr das, was wirklich ist. Beispielsweise braucht ein Freund Aufmerksamkeit, und da er diese nicht bekommt, denkt er, dass etwas nicht stimmt. Dabei ist die andere Person nur im Stress und möchte besagten Freund damit nicht belasten. Während der Freund denkt, dass die Freundschaft in Schwierigkeiten steckt und er nicht mehr wichtig ist, wartet die zweite Person nur auf einen besseren Moment, um wieder Kontakt aufzunehmen. Unsere eigenen mentalen Bilder von einer Beziehung können uns täuschen. Umso wichtiger ist es, solche Vermutungen anzusprechen und zu sehen, ob sie wahr sind.

Die fünf Mindsets sich nicht nur schlecht

Es sei nicht möglich, uns komplett von solchen Verhaltensweisen zu lösen, schreibt David Richo. In seinem Buch erklärt er aber, wie wir sie umlenken können. "Angst kann für kluge Vorsicht genutzt werden. Bedürfnisse machen es möglich, andere zu erreichen. Urteile inkludieren intelligente Bewertung. Kontrolle ist bei den meisten täglichen Aktivitäten notwendig. Fantasie ist das Sprungbrett zu Vorstellungskraft und Kreativität", schreibt der Psychotherapeut. Wir können lernen, unsere Wünsche, Gedanken und Bedürfnisse wahrzunehmen und zu sehen, wie sie uns beeinflussen. Damit wir sie nicht gegen andere verwenden und uns entzweien, sondern an ihnen wachsen.

Verwendete Quelle: "How to be an adult in relationships" - David Richo, 2021

lkl Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel