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Psychologie 3 Wahrheiten über dein Gehirn, die dir helfen, dich besser zu verstehen

Psychologie: Eine Frau meditiert
© Breslavtsev Oleg / Shutterstock
Hast du auch manchmal Schwierigkeiten, dein eigenes Verhalten oder das von anderen Menschen zu verstehen? Vielleicht helfen dir diese drei Fakten über die Funktionsweisen deines Gehirns ein bisschen weiter.

Unabhängig von unserer individuellen kognitiven Fähigkeit ist unser Gehirn ziemlich genial. Bislang, so heißt es, sei es Wissenschaftler:innen unmöglich, das menschliche Gehirn auch nur ansatzweise nachzubauen oder eine Maschine zu entwickeln, die ähnliche Leistungen vollbringen könnte wie dieser unförmige Nervenklumpen unter unserer Schädeldecke.

Irgendwo in diesem Klumpen verstecken sich Antworten auf viele der Fragen, die Menschen seit Jahrtausenden beschäftigen: Warum sind wir, wie wir sind? Wieso haben wir unterschiedliche Persönlichkeiten? Was beeinflusst unser Verhalten? Auch wenn Neurolog:innen gerade in den vergangenen Jahrzehnten schon sehr viele spannende und erhellende Fakten über unser Gehirn herausgefunden haben, wird es wahrscheinlich noch einige Zeit dauern, ehe man es vollständig versteht.

Was die Prinzipien angeht, nach denen unser Denken erfolgt, sind unter anderem folgende drei Eigenheiten unseres genialen, kleinen Nervenbündels bekannt, die weitreichende Folgen für unseren Alltag und unser Leben haben.

3 Wahrheiten über dein Gehirn, die vieles erklären

1. Dein Gehirn lässt dich Unsicherheit kaum ertragen

Der Datenwissenschaftler Archy de Berker hat 2016 folgendes Experiment durchgeführt: Proband:innen sollten im Rahmen einer Art Computerspiel Felsbrocken umdrehen. Unter manchen Felsbrocken befanden sich Schlangen, und die Proband:innen bekamen einen (leichten) Stromschlag, wenn sie ihn umdrehten, bei den anderen war alles okay. Zunächst war es möglich, logisch herzuleiten, unter welchen Steinen der Stromschlag lauerte, doch dann wurde schrittweise eine Unvorhersehbarkeit eingeführt, da die Schlangen begannen, sich unbemerkt zu bewegen. 

Anfangs stieg, wie man erwarten würde, mit zunehmender Unsicherheit das Stresslevel der Proband:innen. Dann aber, als die Wahrscheinlichkeit, einen Stromschlag zu bekommen, immer größer wurde, geschah etwas Erstaunliches: Die Stresslevel begannen wieder zu sinken. Bei 100 Prozent Chance, einen verpasst zu kriegen, waren die Testpersonen schließlich genauso gestresst beziehungsweise entspannt wie bei null Prozent. Bedeutet: Nicht zu wissen, was passiert, stresst uns mehr, als zu wissen, dass etwas Schlimmes passiert.

Das klingt jetzt vielleicht erst einmal putzig, doch auf unseren Alltag und unser Leben hat es einen gewaltigen Einfluss. Ob es uns bewusst ist oder nicht, für Sicherheit und Klarheit sind wir bereit, Opfer zu bringen, und verzichten auf jede Menge Chancen. So bleiben einige Menschen zum Beispiel lieber in einem Job, den sie hassen, als zu kündigen und sich etwas Neues zu suchen. Oder in einer Beziehung, in der sie unglücklich sind. Andere Leute ziehen es vor, eine Faktenlage, die viele Fragen offen lässt, zu ignorieren oder für eine Lüge zu halten, und stattdessen an eine alternative Wahrheit zu glauben, die ihnen ein Gefühl von Sicherheit vermittelt – dieses Phänomen haben wir beispielsweise während der Coronapandemie beobachten können. Gerade in komplexen und unsicheren Situationen lechzen wir nach Klarheit und lassen uns leicht von Personen manipulieren, die uns welche geben.

2. Dein Gehirn lässt dich die Welt niemals so sehen, wie sie ist

Jede Sekunde prasseln zahlreiche, an sich chaotische Sinneseindrücke auf uns ein, doch was wir wahrnehmen, sind keine zusammenhanglosen Farben, Geräusche und Texturen, sondern Bäume, Heizungen, Menschen und Honiggläser. Unser Gehirn ordnet die Welt für uns und blendet dabei Millionen von Informationen aus, schert unterschiedliche Dinge über einen Kamm und macht uns für viele Details und Einzelheiten blind. So erkennen wir Zusammenhänge und Sinn und müssen uns nicht andauernd neu orientieren und zurechtfinden. Deshalb ordnen wir jede Person, die uns begegnet, unwillkürlich nach gewissen Kriterien in Kategorien ein – weiblich, blond, dunkelhäutig, dünn –, mit denen wir meistens auch noch Informationen verbinden, die wir nicht aus unserer Wahrnehmung beziehen, sondern aus unserer Erinnerung oder sozialen Prägung. Und häufig treffen diese Informationen auf den betreffenden Menschen gar nicht zu.

In den 70er-Jahren hat die US-amerikanische Forscherin Elizabeth Loftus folgendes Experiment durchgeführt: Zwei Gruppen von Versuchspersonen bekamen ein und dasselbe Video eines Verkehrsunfalls gezeigt. Anschließend wurde die Gruppe A gefragt: "Mit welcher Geschwindigkeit trafAuto 1 auf Auto 2?" Gruppe B stellte man die Frage: "Mit welcher Geschwindigkeit krachte Auto 1 auf Auto 2?" Gruppe A schätzte die Geschwindigkeit im Schnitt auf 50 Stundenkilometer, Gruppe B tippte auf 65 Stundenkilometer und meinte außerdem, am Unfallort zerbrochenes Glas gesehen zu haben, obwohl im Videoclip keines zu sehen war.

Einige werden jetzt vielleicht sagen, ja, ja, Framing, ist doch ein alter Hut, aber dieser alte Hut ist von großer Bedeutung: Wie wir die Welt sehen, hängt davon ab, welche Sprache wir sprechen, was wir erwarten, wie wir geprägt sind und von einigem mehr. Wir können niemals unvoreingenommen sein. Und es gibt haufenweise anderer möglicher Sichtweisen, die genauso richtig beziehungsweise falsch sind wie unsere.

3. Dein Gehirn lässt dich auf Negatives stärker anspringen als auf Positives

Die meisten Menschen kennen dieses Phänomen, dass sie sich, wenn 99 Dinge gut laufen, über die eine einzige Sache ärgern, die nicht funktioniert hat. Evolutionsbiolog:innen erklären das meist damit, dass es grundsätzlich wichtiger für uns ist, Gefahren zu erkennen und darauf zu reagieren, als uns über Ungefährliches zu freuen – denn wenn wir nur eine Gefahr unterschätzen, kann das unser Ende bedeuten. Nach diesem Prinzip bilden wir tatsächlich auch unsere (Vor-)urteile. Wenn wir einmal von einem Mann verletzt werden, wird sich das stärker in unser Gedächtnis brennen, als fünf Männer, die uns gut behandelt haben.

Verwendete Quelle: Kevin Dutton, "Schwarz. Weiß. Denken. Warum wir ticken, wie wir ticken, und wie uns die Evolution manipulierbar macht"

sus Brigitte

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