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Psychologie 3 Gründe, warum wir manche Menschen instinktiv blöd finden

Katze schaut grimmig
© farbkombinat / Adobe Stock
Manche Menschen provozieren uns bei der ersten Begegnung. Aber warum ist das so? Und was sagt das am Ende über uns selbst aus?

Schon der bloße Gedanke an diesen Menschen – ugh! Wie er schon aussieht, wie er sich bewegt, wie er redet, vor allem was er redet. Die Liste an Eigenschaften mag kurz oder ellenlang sein, klar ist: Sie nerven dich. Dieser Mensch nervt dich. Und das seit eurer ersten Begegnung.

Manchmal weißt du nicht einmal, wie der Mensch mit Nachnamen heißt. Du hast keine Ahnung, was seine Lebensgeschichte ist, welche Schicksalsschläge wohl dazu geführt haben mögen, dass er so fürchterlich irritierend ist für dich. Und ja, es gibt wohl das Gegenstück zur "Liebe auf den ersten Blick" – den "Hass auf den ersten Blick". Doch woher kommt diese Antipathie? Wie kann es sein, dass es Menschen gibt, die wir instinktiv nicht leiden können? Die Psychologie hat dafür so manche Erklärung.

Warum wir Abneigung empfinden

Abneigung gegenüber unseren Mitmenschen zu empfinden, mag gesellschaftlich zunächst einmal keine unbedingt erstrebenswerte Eigenschaft sein. Und man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass irrationale und starke Abneigung gegenüber Gruppen von Menschen mehr als nur "nicht erstrebenswert" ist – sie ist der Keim, aus dem Diskriminierung entsteht gegenüber Frauen, Queeren, Persons of Color und anderen Gruppen. Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und andere strukturelle Diskriminierungsformen rühren auch von irrationalen, unfairen und deplatzierten Abneigungen und sind eine gesellschaftliche Herausforderung, mit der wir als Menschheit (leider) noch lange zu kämpfen haben werden.

Doch woher kommt dieses Gefühl eigentlich? Tatsächlich handelt es sich bei Abneigung um einen Schutzmechanismus, der uns zu Urzeiten am Leben hielt. Sie hat ihren Ursprung unter anderem in der Angst, wie Robert Sapolsky in seinem Buch "Why Your Brain Hates Other People" (übersetzt: "Warum dein Gehirn andere Menschen hasst") beschreibt: Beim Anblick einer Person, die beispielsweise anders aussieht als wir, kommt es zu einer Aktivierung der Amygdala, also einer Gehirnregion, die für Angst und Aggressionen zuständig ist. 

Wird die Abneigung noch durch Handlungen der anderen Person bestätigt (wenn sie uns zum Beispiel beleidigt oder physisch angreift), wird die Angst rational, unsere negativen Gefühle gegenüber der Person werden stärker. "Unsere Kampf-oder-Flucht-Reaktion ist die Art und Weise, wie unser Körper mit so einem Stressor umgeht", erklärt AJ Marsden, Assistenzprofessorin für Psychologie am Beacon College in Florida im Interview mit "Headspace". Das Problem dabei: "Leider kann unser Körper nicht zwischen einem tatsächlichen Stressor (von jemandem mit einem Messer verfolgt zu werden) und einem gefühlten (mit jemandem arbeiten zu müssen, den:die man hasst) unterscheiden."

Warum wir manche Leute "instinktiv" nicht leiden können

Zu- und Abneigung geschehen auf einer unterbewussten Ebene, weswegen es uns oberflächlich betrachtet gerne so scheint, als würden wir eine Person vollkommen ohne Grund nicht leiden können – aber dem ist nicht so, manchmal müssen wir nur genauer hinschauen, um die wahren Gründe zu erkennen. Und wenn wir denen erst einmal auf die Spur gekommen sind, können wir im nächsten Schritt daran arbeiten, die – oftmals unfaire und unnötig energiezehrende – Abneigung zu überwinden.

1. Unser Gegenüber ist "anders"

"Anderssein" ist für manche ein Lebensstil, für andere grenzt es an ein Trigger-Wort. Was bedeutet denn schon "anders"? Laut Duden unter anderem "abweichend", "verschieden" aber auch "besser" und "schöner". Im Kontext von individuellen Menschen und ihrem Miteinander kann "anders" aber auch schnell zum Synonym werden für "schlecht" oder "schlechter als …". Der Mensch neigt dazu, Menschen, die er in irgendeiner Weise anders als sich selbst wahrnimmt, auszuschließen.

Dieses Verhalten ist auch bekannt unter dem Begriff "Othering" (kann als "Andersmachung" übersetzt werden) und meint die Distanzierung und Differenzierung zu anderen Gruppen, um die eigene "Normalität" zu bestätigen, wie es die Universität zu Köln beschreibt. Menschen oder Gruppen werden hierbei eine Reihe negative Eigenschaften zugeschrieben, die im Kontrast zur Wahrnehmung der eigenen Gruppe stehen (Beispiel: "Diese Menschengruppe klaut alles, was nicht gesichert ist!"). Kurzum geht es um eine Kategorisierung und Unterscheidung zwischen "uns" und "den anderen".

Unterschiede können beispielsweise durch das Aussehen festgestellt werden – beispielsweise die Hautfarbe. Eine solche Form des "Otherings" ist der Grundstein für Rassismus, Nationalismus und Vorurteile. Aber auch unterschiedliche kulturelle Identitäten (worunter auch beispielsweise Religion zählt) können dazu führen, dass man einen Menschen als "anders" – und damit als problematisch – wahrnimmt.

2. Die andere Person ist in irgendeiner Form eine Konkurrenz

Vor vielen tausend Jahren mussten Menschen automatisch miteinander konkurrieren, um ihren sozialen Stand zu erhöhen – ein höherer Status war gleichbedeutend mit Zugang zu besseren Ressourcen und höheren Überlebenschancen. Und auch, wenn heutzutage in den seltensten Fällen unser Überleben von unserem sozialen Status im Alltag abhängt, hat sich das negative Bild der "Konkurrenz" gehalten: Ein:e Kolleg:in, der:die klüger, schneller, erfahrener ist als wir, ein attraktiver Mensch, der um die Gunst der Person buhlt, die wir selbst anhimmeln … oder auch der plötzliche Auftritt eines neuen Partners unserer besten Freundin, mit dem wir uns auf einmal die Aufmerksamkeit einer uns wichtigen Person teilen müssen – es gibt viele Beispiele für Menschen, mit denen wir in irgendeiner Weise in Konkurrenz stehen.

Neid und Eifersucht können also oft der Grund dafür sein, dass wir einer Person – gelinde gesagt – skeptisch gegenüberstehen. Da wir solchen Menschen in irgendeiner Form unterlegen sind – oder uns zumindest so fühlen – versuchen wir manchmal, diese Personen indirekt herabzusetzen, beispielsweise, indem wir sie kritisieren oder anderweitig schlecht machen.

3. Sie erinnert uns an etwas Bedrohliches

Ein weiterer möglicher Grund dafür, jemanden auf Anhieb unsympathisch zu finden, kann der sein, dass uns die Person mit ihrem Verhalten an etwas Bedrohliches erinnert. Beispielsweise könnte uns die Nase der Person an die unseres Vaters erinnern, der uns als Kind immer angeschrien hat. Unser Gehirn arbeitet sehr viel mit Assoziationen: Schokolade macht beispielsweise nicht wirklich glücklich – zumindest nicht ausgehend von den Bestandteilen der Süßigkeit. Doch viele von uns verbinden Schokolade mit Kindheitserinnerungen, mit Belohnungen, mit schönen Momenten – und unser Gehirn sorgt für die wohligen Emotionen.

Nach einem ähnlichen Prinzip arbeitet das Gehirn leider auch bei negativen Erfahrungen: Wer einen Unfall mit einem Auto hatte, fühlt sich womöglich nie wieder wohl darin – einfach, weil das Gehirn das Fahrzeug mit Gefahr assoziiert. Musste man eine Pilzvergiftung durchmachen, wird vielen kurze Zeit darauf schon beim bloßen Gedanken an Pilze schlecht. Und so können auch Signale oder Merkmale von anderen Menschen in uns eine tiefe Abneigung auslösen, weil wir bestimmte Dinge mit furchtbaren Erfahrungen verbinden.

Wir sind mehr als unser "Instinkt"

Dieser Artikel stellte nur drei von vielen möglichen Beispielen vor, warum wir andere Menschen "instinktiv" nicht leiden können. Gerade Vorurteile und "Othering" kann aus der Welt geschafft werden, wenn man sich bildet und Neuem und "Fremden" gegenüber aufgeschlossen und interessiert begegnet. Wer einen anderen Menschen als bloße Konkurrenz sieht, tut diesem für gewöhnlich unrecht: Wir sind selten nur eine Eigenschaft – oftmals kann es lohnend sein, sich mit der Person näher auseinanderzusetzen. Ein:e Kolleg:in mit viel Berufserfahrung muss beispielsweise kein Hindernis auf dem Weg an die Spitze des Unternehmens sein, sondern vielleicht ein:e wertvolle:r Mentor:in.

Und um die eigenen Trigger zu wissen (beispielsweise mithilfe einer Therapie) kann dabei helfen, Situationen, in denen uns negative Emotionen unerwartet treffen, besser einschätzen und meistern zu können. Am Ende aller Tage müssen wir nicht mit jedem Menschen, dem wir in unserem Leben begegnen, eng befreundet sein. Doch es kann sehr spannend und aufschlussreich sein, sich mit den Personen zu beschäftigen, die uns "instinktiv" nerven – was sagt unsere Abneigung über uns aus? Über unsere Vergangenheit aber auch über die Menschen, die wir jetzt sind und sein wollen?

Verwendete Quellen: psychmechanics.com, headspace.com, duden.de, vielfalt.uni-koeln.de

csc Brigitte

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