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Main Character Energy Woran du erkennst, dass deine Persönlichkeit Hauptrollenpotenzial hat

Psychologie: Abbildung einer Superheldin auf einem Berg
© krissikunterbunt / Adobe Stock
In den meisten Geschichten gibt es Hauptfiguren und Nebencharaktere – und das gilt für fiktive wie wirkliche. Welche Merkmale typisch für Menschen sind, die über die Persönlichkeit einer Hauptfigur verfügen, liest du hier.

Die App, mit der ich versuche Spanisch zu lernen, verfügt über ein Feature, das mir sehr gefällt: Alle paar Lektionen steht eine kurze Geschichte auf dem Lehrplan, in der einige fiktive Charaktere etwas erleben, worauf sie reagieren und im Rahmen derer sie miteinander sprechen. Am Ende jeder Geschichte bekomme ich eine Frage gestellt, zum Beispiel darf ich den Inhalt mit meinen eigenen Worten wiedergeben oder sagen, welchen Teil der Geschichte ich am meisten mochte. Manchmal lautet die Frage, in welcher der Figuren ich mich am ehesten sehe und warum. Ich würde zwar nicht jedes Mal dieselbe Frage beantworten wollen, aber diese letztgenannte Variante finde ich besonders interessant.

Zugegebenermaßen handelt es sich bei diesen Geschichten in meiner App und bei meiner geringen Spanischkompetenz um kleine Anekdoten, die zwar unterhaltsam sind, aber mir in der Regel keine lebensverändernden Erkenntnisse bieten. Ich antworte auf die genannte Frage so etwas wie, dass ich mich am ehesten mit Oskar identifiziere, weil ich wie er meinen Geburtstag nicht groß feiern mag. Doch diese Fragestellung, "Das ist die Geschichte, welcher Charakter darin wärst du?", die hat etwas. Besonders wenn wir uns vorstellen, dass die Geschichte unser Leben ist.

Inwiefern wir immer die Hauptfigur sind

In unserem subjektiven Empfinden, würde ich vermuten, bilden wir tendenziell den Mittelpunkt unserer Geschichte: Wir spüren am intensivsten, wenn wir Hunger haben, erleben am akutesten, wenn wir selbst in der Patsche sitzen, schämen uns am meisten für unsere eigenen Fehltritte – während die der anderen oft komplett an uns vorbeigehen. Sicher sind wir empathisch und verfügen über ein Bewusstsein für die Menschen um uns herum und unsere Verbindung und Abhängigkeit zu ihnen. Doch was wir fühlen, denken, erlebt haben, dominiert in unserer Wahrnehmung. In unserer Wahrnehmung bilden wir unweigerlich ein Zentrum, um das herum sich alles andere abspielt. Somit haben wir für uns einen Hauptrollenstatus, den wir kaum jemals loswerden können. 

Trotzdem können wir aber darüber nachdenken: Wie sieht es wohl aus einer anderen Perspektive aus? Wie würden Spanisch-Lernende uns einordnen, wenn sie Geschichten aus unserem Leben in ihrer Spanisch-App hörten? Wären wir aus ihrer Sicht eine Hauptfigur? Oder hätten wir eine Nebenrolle?

Bei TikTok und in anderen sozialen Medien kursieren schon seit einiger Zeit Begriffe wie "Main Character Syndrome" oder "Main Character Energy", in denen genau diese Frage mitschwingt. Während dabei einige Stimmen davor warnen, zu große Hauptrollenattitüden zu entwickeln, die zur Folge hätten, dass andere Menschen dadurch zu kurz kämen, und andere dazu aufrufen, mehr zur Hauptfigur zu avancieren, um ein reicheres Leben zu führen, schauen wir an dieser Stelle einmal, was eigentlich eine Hauptrollenmentalität ausmachen könnte. In einem Artikel des Portals "verywellmind.com" sind mit Berufung auf die amerikanische Psychologin Shannon Sauer-Zavala unter anderem folgende Merkmale aufgelistet.

3 Anzeichen, dass du eine Hauptrollenpersönlichkeit hast

Du fühlst dich wohl, wenn alle Aufmerksamkeit auf dich gerichtet ist.

Manche Menschen haben gerne das Wort, genießen es, wenn ihnen alle anderen zuhören, und können sich charmant und leicht inszenieren. Andere hingegen – nicht. Herzrasen, rot anlaufen, vor lauter Panik den eigenen Namen vergessen. Da wir unangenehme Situationen in der Regel eher meiden, werden Letztere in ihrem Leben wahrscheinlich seltener in den Mittelpunkt eines Geschehens treten als Erstgenannte, die auf Beobachtende mehr wie Hauptfiguren wirkten.

Für dich ist selbstverständlich, deine Interessen an erste Stelle zu setzen.

Während einige Menschen intuitiv schneller zugreifen, wenn nur noch eine Scheibe Brot im Korb liegt, würden andere die letzte Scheibe niemals anrühren. Bei dem Beispiel mag zwar die Erziehung eine Rolle spielen, ebenso wie die Situation und das Maß des Hungers, doch grundsätzlich unterscheiden sich Personen darin, wie selbstverständlich sie an sich und andere Menschen denken. Laut Shannon Sauer-Zavala sei ein typischer Zug von Hauptfigurpersönlichkeiten, die eigenen Interessen und Bedürfnisse als wichtig einzuordnen und dafür zu sorgen, dass sie Berücksichtigung finden – mindestens im eigenen Handeln. Aus Sicht von Zuschauenden erscheinen Menschen mit einem solchen Charakterzug vermutlich aktiver, souveräner, selbstbestimmter, kämpferischer – und nehmen dadurch eher eine Hauptrolle ein.

Du lernst lieber eine schmerzhafte Lektion, als eine Gelegenheit vorbeiziehen zu lassen.

Viele unserer Schritte und Entscheidungen bergen Chancen und Risiken. Und manchmal können wir sogar von beiden welche sehen. Menschen mit der Persönlichkeit einer Hauptfigur konzentrieren sich der Psychologin zufolge stärker auf die Chancen und nehmen bewusst Risiken in Kauf. Sie legen mehr Wert darauf, etwas zu erleben, als auf der sicheren Seite zu stehen. Dadurch wirken sie mutig, selbstbewusst und abenteuerlustig. Wie eine klassische Hauptfigur.

Und nun?

Geschichten können unterschiedlichen Menschen unterschiedliche Inhalte vermitteln. Für eine Person kann die Hauptfigur die wichtigste Rolle spielen, für eine andere mag sie einem Nebencharakter zukommen. Das Entscheidende, das uns allen zugutekommt, ist vielleicht, dass es eine Vielfalt an Charakteren gibt. In fiktiven Geschichten und in realen. In Letzteren fällt wiederum oft auf, dass sich kaum eine Person entweder als Neben- oder Hauptfigur eingruppieren lässt. Nahezu alle Menschen scheinen zahlreiche Seiten und Facetten zu haben, von denen je nach Situation und Rahmenbedingung verschiedene in den Vordergrund treten. Wir können zu einer Seite tendieren, mit der wir uns wohl, sicher und angekommen fühlen, doch wir können und müssen uns nicht darauf festlegen. Solange wir leben, schreiben wir unsere eigene Geschichte und können mit jedem hinzukommenden Kapitel etwas Neues in uns entdecken. Und wenn es Anekdoten in unserer Spanisch-App sind, die uns dabei helfen.

Verwendete Quellen: verywellmind.com

Brigitte

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