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Laut Wissenschaft An welchen Merkmalen du passiv-aggressive Menschen wirklich erkennst

Psychologie: Eine Gruppe von Menschen an einem Tisch
© Jose Calsina / Adobe Stock
Passiv-aggressives Verhalten ist irritierend und kann sehr kräftezehrend sein – unter anderem, weil es nicht immer ganz leicht einzuordnen ist. Nun haben Forschende Kriterien entwickelt, anhand derer wir passive Aggressivität klarer erkennen können.

Wenn uns ein Mensch offensichtlich angreift, ist das in der Regel furchteinflößend, aufregend und alles andere als schön, aber wir wissen immerhin, woran wir sind – und wie wir am besten auf diesen Menschen reagieren. Je nach Situation und je nach unserer eigenen Verfassung können wir uns verteidigen, probieren, ihn zu beruhigen, uns in Sicherheit bringen und flüchten oder was uns sonst als angemessen erscheint. Bei passiv-aggressivem Verhalten ist das meist deutlich kniffeliger. 

Begegnet uns eine Person mit passiver Aggressivität, fühlen wir uns häufig gleichermaßen angegriffen wie verunsichert. Ähnlich wie bei Double Binds, also widersprüchlichen Aussagen, oder Gaslighting zweifeln wir an unserer Wahrnehmung und an unserer emotionalen Einordnung der Ereignisse. Das wiederum passt dazu, was vielfach in den Menschen selbst vorgeht, die sich passiv-aggressiv verhalten beziehungsweise in uns, wenn wir es tun: Passiv-aggressiv zu agieren bedeutet, im Widerstreit mit den eigenen Gefühlen zu handeln, genauer gesagt mit unterdrückter Wut.

Studie zu passiver Aggressivität

Um passive Aggressivität klarer erfassen und einordnen zu können, haben Forschende der Sahmyook University in Korea standardisierte Kriterien entwickelt, die passiv-aggressives Verhalten kennzeichnen. Mithilfe von Expert:innen aus Psychologie und verwandten Disziplinen haben sie dazu zunächst Aussagen gesammelt, die passive Aggressivität in all ihren Dimensionen beschreiben. Diese Aussagen haben sie dann an einer größeren Gruppe von Versuchspersonen zusammen mit anderen möglicherweise relevanten Fragen getestet. Anhand der Ergebnisse haben sie schließlich unter Anwendung statistischer Verfahrensweisen für eine maximal aussagekräftige Auswahl ihre Kriterien ermittelt, also die entscheidenden Merkmale passiv-aggressiven Verhaltens.

Laut der Analyse der Forschenden gibt es drei wesentliche Ausprägungen passiver Aggressivität, die sich teilweise durchmischen, häufig aber voneinander unterscheiden lassen. Für jede der drei Ausprägungen haben die Wissenschaftler:innen jeweils sieben Aussagen gefunden, die sie charakterisieren.

Die drei Aspekte passiv-aggressiven Verhaltens

1. Versteckte Kritik

Versteckte Kritik können Komplimente sein, die bei näherer Betrachtung Beleidigungen sind oder sein können, Kritik, die nicht direkt an die betroffene, sondern an eine dritte Person adressiert ist, oder so etwas wie öffentliche Bloßstellungen. In dem Aussagekatalog dieser Komponente passiv-aggressiven Verhaltens finden sich unter anderem folgende Beispiele:

  • Wenn ich eine Person nicht mag, tue ich so, als würde ich ihr ein Kompliment machen, während ich gleichzeitig auf ihre Schwächen hinweise.
  • Wenn ich eine Person nicht mag, weise ich bei höher gestellten Menschen auf ihre Fehler hin, um ihrer Reputation zu schaden.
  • Wenn ich eine Person nicht mag, stelle ich ihr unbequeme Fragen im Beisein von anderen, die sie nicht beantworten kann oder die ihr unangenehm sind.
  • Wenn ich eine Person nicht mag, tätige ich sarkastische Äußerungen und behaupte, es sei nur Spaß.

2. Ignorieren

Ignorieren ist ziemlich genau das Gegenstück zu einer Konfrontation, die bei Wut oder Aggression tendenziell eine natürliche Reaktion wäre, die wiederum zu einer Klärung der Situation führen kann. Wer andere Menschen gezielt meidet, nimmt ihnen damit die Chance, sich auszusprechen und den Konflikt zu lösen. Zu den wissenschaftlich ausgewählten Aussagen zu diesem Aspekt gehören beispielsweise: 

  • Ich vermeide grundsätzlich Blickkontakt mit einer Person, die ich nicht mag.
  • Wenn mich eine Person, die ich nicht mag, versucht zu kontaktieren, reagiere ich einfach nicht darauf.
  • Sehe oder begegne ich einer Person, die ich nicht mag, versuche ich ihr auf jeden Fall aus dem Weg zu gehen.
  • Ich zeige einer Person, die ich nicht mag, grundsätzlich die kalte Schulter.

3. Sabotieren

Sabotieren bedeutet im Zusammenhang passiv-aggressiven Verhaltens, eine Person unbemerkt in ihrem Tun zu behindern oder ihr zugesagte Unterstützung vorzuenthalten. Beispiele für diese Dimension passiver Aggressivität sind laut der koreanischen Studie folgende Aussagen:

  • Personen, die ich nicht mag, lasse ich absichtlich warten oder vermiese ihnen ihre Zeit.
  • Wenn mich eine Person, die ich nicht mag, um einen Gefallen bittet, sage ich ja, gebe mir aber keine Mühe.
  • Wenn ich eine Person, die ich nicht mag, enttäusche, denke ich mir schlechte Entschuldigungen aus wie "habe ich vergessen".
  • Bittet mich eine Person, die ich nicht mag, um etwas, erledige ich es mangelhaft und sage hinterher, "ich dachte, es war nicht so wichtig". 

Fazit

Passive Aggressivität klar zu erkennen – sowohl in unserem eigenen Verhalten als auch in dem unserer Mitmenschen –, ist die erste und vielleicht wichtigste Voraussetzung, um darauf zu reagieren. Obwohl sie sich nicht als solche äußert, entspringt diese Form der Aggressivität einem Gefühl von Wut, für das es Gründe gibt beziehungsweise das einem Zweck dient. Diese Gründe oder diesen Zweck wiederum gilt es, zu verstehen und darauf einzugehen. Mit einer unterschwelligen, unbeachteten Wut ist es uns unmöglich, gesunde Beziehungen zu führen. Und ohne die wird es sehr schwer, gesund und glücklich zu leben.

Verwendete Quellen: psychologytoday.com, Behavioral Sciences

sus Brigitte

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