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Partner raucht weiter, obwohl ich es hasse

Partner raucht weiter: Rauchender Mann mit Frau
© LL_studio / Shutterstock
Als sie sich zum ersten Mal trafen, wusste sie: Der ist es! Alles fühlte sich so richtig an. Fast alles … Irgendwann begriff sie, dass sein Rauchen eine handfeste Sucht ist, die ihre Beziehung zermürbt. Und dann wurde sie schwanger.

Wir haben uns vor sechs Jahren auf einer Dating-Plattform kennengelernt. Ich war damals Mitte 30, schon länger Single und reif für den lang ersehnten Traummann. Als er bei unserem ersten Date vor mir stand, war mir sofort klar, das ist er! Es fühlte sich alles so richtig und vertraut an. Noch während des Dates schrieb ich meiner Freundin während einer Toilettenpause eine SMS: "Alles perfekt, es könnte nicht besser laufen, einziger Haken: Er raucht."

In der Beziehung Kompromisse eingehen

Es war ein Haken, den ich am Anfang erfolgreich in der rosaroten Watte verdrängte. Wir genossen die Zeit, zelebrierten unsere Verliebtheit und planten unseren ersten Urlaub. Ich war einfach nur happy! Da wir ja anfangs noch nicht zusammenwohnten, fiel mir nicht so richtig auf, dass er ohne seine eineinhalb Zigarettenpackungen nicht durch den Tag kam. Auf der Datingplattform hatte er sich als Gelegenheitsraucher ausgegeben. Ich mochte Rauchen noch nie und fand es von Anfang an uncool, ihn mit Zigarette in der Hand an meiner Seite zu haben, aber ich versuchte mich irgendwie zu arrangieren. Muss man nicht immer Kompromisse machen?

Das erste Mal, dass ich so richtig stutzte, war in unserem ersten Ski-Urlaub. Ich erinnere mich noch genau an die Szene: Wir stiegen aus der Gondel und stapften ein paar Meter in Skischuhen auf den Gipfel, um das wunderschöne Alpenpanorama zu erhaschen. Die paar Höhenmeter brachten ihn komplett aus der Puste und das Erste, was er tat, war: sich eine Zigarette anzuzünden. Ich war völlig irritiert und begriff nicht, wie man hier in der Natur, beim Sport, auf die Idee kommen konnte. Aber so langsam sickerte es bei mir ein, dass das nichts mehr mit Gelegenheitsrauchen, sondern mit einer handfesten Sucht zu tun hatte.

Nach einem halben Jahr wurde ich schwanger. Als ich es erfuhr, bin ich fast geplatzt vor Glück. Es war ein absolutes Wunschkind, wir beide waren unglaublich aufgeregt und haben uns riesig gefreut auf das, was jetzt kommen würde. Ich habe meinen Freund gebeten, doch bitte diese Chance zu ergreifen und bis zur Geburt aufzuhören. Ein kleines Baby mit einem rauchenden Vater, das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Für mich war es absolut selbstverständlich, dass sich jetzt etwas ändern würde. Er reagierte recht passiv. Er verneinte meinen Wunsch nicht, hat sich aber nie wirklich dazu geäußert. Ich ließ das so stehen, denn ich stellte überhaupt nicht infrage, dass es nicht zu schaffen sei. Er ahnte vermutlich schon, dass er daran scheitern würde.

Heimliches Rauchen

Wie dem auch sei: Ich war vorerst "ruhiggestellt". Dennoch störte mich der Zigarettenrauch mehr und mehr. Durch die Schwangerschaft wurde ich geruchsempfindlicher und mochte ihn gar nicht mehr an mich ranlassen. Ich strafte ihn mit der kalten Schulter, wenn er geraucht hatte. Körperlichkeiten fanden kaum noch statt, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen. Das Thema überschattete unseren Alltag und nahm einen gewaltigen Stellenwert ein.

Trotzdem war ich mir die ganze Zeit ziemlich sicher, dass er meinen sehnlichen Wunsch erfüllen würde, wenn unser Kind da war. Wann, wenn nicht dann? Als er mich am Morgen nach der Geburt im Krankenhaus besuchte und nach Nikotin roch, brach für mich eine Welt zusammen. Die nächsten Wochen waren furchtbar. Ich war so in meinem Emotions-Kokon mit diesem wunderbaren Baby – für mich war die Geburt meiner Tochter das größte Geschenk und diese erste Zeit als Familie schien mir unendlich wertvoll. Ich wollte diesen Zauber leben und war traurig und wütend, dass der Mann, der mich doch so liebte, sich nicht zusammenreißen konnte. Er fing jetzt an, heimlich zu rauchen. Verschwand abends aus der Wohnung und ließ sich tagsüber unzählige Vorwände einfallen, um aus den vier Wänden rauszukommen. Plötzlich wurde der Müll ständig runtergebracht, jeder einzelne Brief zur Post getragen, das Auto abends umgeparkt. Ich fühlte mich hintergangen und betrogen.

Das Schlimmste für mich war, dass er direkt nach dem Rauchen unser kleines, pures Baby auf den Arm nahm. Ich steigerte mich total in diese Thematik rein, ich wollte nicht, dass mein Baby mit diesem Geruch aufwächst. Ich flehte ihn regelrecht an, doch endlich aufzuhören. Anfangs versuchte er mich zu beruhigen und versicherte mir, dass er es wirklich vorhabe, es müsste nur der richtige Moment kommen, kein Stress bei der Arbeit etc. Nach und nach reagierte er allerdings genervter, machte komplett dicht und war auf das Thema nicht mehr anzusprechen. Unsere Kommunikation fuhr auf ein Minimum runter, konstruktive Gespräche waren nicht mehr möglich. Dabei war ich durchaus bereit, Opfer zu bringen, mich zu ändern – ich wäre zu vielem bereit gewesen. Ich fühlte mich so unendlich ohnmächtig.

Die Sucht schadet der Beziehung

Irgendwann wurde mir klar: Wenn ich ihn nicht ändern kann, muss ich bei mir anfangen. Ich machte Hypnose-Sitzungen gegen meine Zigaretten-Aversion. Leider erfolglos. Ich nahm mir vor, wieder liebevoller ihm gegenüber zu sein, ihn nicht mit emotionaler Kälte abzustrafen. Doch es fiel mir verdammt schwer. Ich war zu enttäuscht von seiner Passivität, und empfand ihn als schwach, nicht männlich genug. Ich wollte einen Macher, einen Anpacker, und keinen Süchtigen, der nicht eine Stunde ohne Nikotin auskam. Ich fing an, den Respekt vor ihm zu verlieren.

Trotzdem gab ich nicht auf und kämpfte weiter. Ich legte ihm Geld unters Kopfkissen für eine Anti-Rauch-Hypnose, packte das Buch von Alan Carr "Endlich Nichtraucher" zufällig in seinen Koffer, ich besorgte ihm eine E-Zigarette, ich versprach ihm einen tolle Reise, wenn er es schaffen würde, ich versteckte seine Zigarettenschachtel oder zerbrach die Glimmstengel. An Ideen mangelte es mir nicht. Im Endeffekt war es ein Kampf gegen Windmühlen, denn es war immer nur MEIN Wunsch, nie SEINER. Mein Drängen evozierte bei ihm nur Trotz und Widerwille. Ich war enttäuscht von ihm, er war enttäuscht von mir: In dieser Spirale waren wir gefangen. Wenn er von der Arbeit nach Hause kam, hatte ich mittlerweile richtig Angst vor der Begegnung, denn ich wusste, wenn ich den Tabak rieche, fällt innerlich eine Klappe runter. Ich hasste mich dafür, aber ich fand ihn einfach nur noch abstoßend.

Er rauchte nicht vor dem Kind und auch nicht vor mir, aber dafür war er ständig nicht da. Gefühlt war ich immer alleine, wenn wir zusammen unterwegs waren. Er konnte nur entspannen, wenn er "um die Ecke" trat, und ich, wenn ich weg war von der ganzen Rauch-Thematik. Wir fingen an, die Dinge nicht mehr zusammen, sondern getrennt zu machen. Jeder genervt vom anderen.

Das Rauchthema hatte unsere Basis so zerstört 

Und dennoch gab ich meinen Traum einer Familie nicht auf. Ich wollte gerne, dass meine Tochter kein Einzelkind bleibt. Ich wünschte mir so sehr, dass wir die Kurve noch kriegen. Als er nach einer längeren Geschäftsreise kurz vor Weihnachten nach Hause kam, versprach er mir erneut, mit dem Rauchen aufzuhören. Er schien es dieses Mal wirklich ernst zu meinen. Wir näherten uns in den nächsten Wochen tatsächlich wieder an, wurden sanfter miteinander. Und ich wurde erneut schwanger.

Leider hat unser zweites Kind die Problematik noch verstärkt. Es ging alles weiter wie bisher, nein schlimmer noch, denn das Rauchthema hatte unsere Basis so zerstört, dass wir nicht mehr in der Lage waren, auch andere Konflikte zu lösen. Wir begannen eine Paartherapie, aber selbst die konnte uns nicht retten. Ich dachte mehr und mehr über Trennung nach.

Es war ein langer Prozess, vor allem wegen der Kinder. Zudem sind wir beide Freiberufler, und es nicht einfach, zwei bezahlbare Wohnungen zu finden. Wir lebten über anderthalb Jahre mehr oder weniger nebeneinanderher, jeder machte sein Ding, für die Kinder funktionierten wir. Aber vor einiger Zeit ist er ausgezogen. Diese räumliche Trennung wird zeigen, wie es mit uns weitergeht. Ich gebe die klitzekleine Hoffnung nicht auf, dass er es eines Tages aus eigenen Stücken schafft, mit dem Rauchen aufzuhören.

"Wie wichtig bin ich dem anderen?"

Paartherapeut Oskar Holzberg über den Streit um Zigaretten

Kann man von einem Partner, den man als Raucher kennengelernt hat, wirklich verlangen, dass er aufhört?

Kann man immer. Dinge ändern sich, wir verändern uns. Und gerade, wenn noch ein Kind ins Spiel kommt, kann man schon sagen: Es stört mich, aber für das Kind ist es erst recht blöd.

Ist es nicht auch ein Symptom für eine tiefer liegende Krise, wenn Rauchen so ein Thema wird?

Ja. Das eigentliche Drama kann sein: Da ist etwas, was dir wichtiger ist als ich. Den Zigaretten bist du treu und verbunden, aber meine Bedürfnisse sind dir weniger wichtig. Dieses Gefühl tritt oft auf, wenn die Sicherheit in der Beziehung schon vorher angeknackst war. Durch den Konflikt kommt noch eine weitere Dynamik rein: Man macht dem anderen klar, wie sehr es einen stört, stößt auf taube Ohren und hat das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.

Aber Rauchen ist eine Sucht. Es ist nicht so einfach aufzuhören.

Das stimmt. Und wenn der Partner, wie in diesem Fall, heimlich raucht, ist das in gewisser Weise anerkennenswert, weil er damit ein Stück auf sie eingeht. Andererseits bedeutet es aber auch, dass keine Offenheit in der Beziehung herrscht.

Was könnte beiden helfen?

Die Frage, über die beide jenseits der Zigaretten reden müssten, wäre: "Was ist gefühlsmäßig schwierig mit dir für mich?"

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BRIGITTE 06/2020

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