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Oskar Holzbergs Liebeskolumne Wie gut wäre dein:e Partner:in als Ex?

Oskar Holzbergs Liebeskolumne: Mann und Frau sitzen lachend am See
© djile / Adobe Stock
In der Kolumne unseres Paartherapeuten Oskar Holzberg dreht sich alles um typische Liebesweisheiten und ihren Wahrheitsgehalt, er seziert Sprichwörter, Songtexte und berühmte Zitate. Diesmal: "Man sollte niemals einen Mann heiraten, den man nicht gern zum Ex-Mann hätte".

Die paradoxe Anleitung für nachhaltige Liebesbeziehungen.

Ganz realistisch gesehen ist die Chance größer, dass sich ein Liebespartner in einen Ex verwandelt, als die Chance, dass er es nicht tut. Die Ehestatistik greift hier zu kurz, denn die meisten Trennungen finden ohne Scheidungspapiere statt. Dank der von uns gelebten seriellen Monogamie wimmelt die Welt nur so von Ex-Partner:innen. Einige werden zu guten Freunden oder Freundinnen, zu lebenslangen Mitgliedern unserer Wahlverwandtschaft. Andere waren so ein Irrtum, dass wir froh sind, dass sie aus unserem Leben verschwunden sind. Und wenn es ganz schlecht läuft, werden manche zu Feinden. Dann werden aus verletzten Gefühlen Rachegelüste und böse Nachrede. Der Ex stalkt, wirft die Partnerin aus der Wohnung, ignoriert Abmachungen, zahlt keinen Unterhalt.

Auch mit schwierigen Gefühlen umgehen können – für gute und für schlechte Zeiten

Allein deshalb lohnt es sich zu überlegen, ob wir uns unseren Partner als fairen Ex vorstellen können. Jemand, der in der Lage ist, mit schmerzhaften Erfahrungen und Verlust umzugehen. Wir müssen dafür nicht über die endgültige Trennung fantasieren. Wir können uns die vielen kleinen Trennungen anschauen, die innerhalb jeder Beziehung unweigerlich nötig sind. Kann unser Partner damit umgehen, wenn sich unsere unterschiedlichen Meinungen nicht auflösen lassen? Wenn wir uns in einer Entscheidung durchsetzen? Den Wunsch nach Sex oder das Bedürfnis nach Anerkennung des anderen nicht erfüllen? Wenn wir unterschiedliche Vorstellungen über die Wohnungseinrichtung, die Erziehung der Kinder oder die Freizeitgestaltung haben? Unterstützt er, dass wir Interessen verfolgen, die er nicht teilt, akzeptiert er unsere Freundin, mit der er nichts anfangen kann? Schätzt er uns auch dann, wenn wir nicht mehr nur seinem Vorteil dienen, wenn nicht alles nach seinen Vorstellungen läuft? Und wie spricht er über seine Ex-Partnerinnen? Kann er seinen Anteil an den Trennungen wirklich sehen? Ist er noch mit einigen von ihnen befreundet?

Im Nebel unserer romantischen Vorstellungen achten wir bei der Partnerwahl nicht genügend darauf. Aber wir brauchen Partner:innen, die auch mit schwierigen Gefühlen wie Zurückweisung umgehen können. Die eigene Fehler und Unzulänglichkeiten eingestehen können und uns nicht narzisstisch für alles die Schuld geben. Wir suchen jemanden, der unser Freund, unsere Freundin bleibt, auch wenn wir im Konflikt liegen. Jemanden, mit dem nicht alles super sein muss, und der schon gar nicht alles daran misst, was allein er oder sie unter "super" versteht. Wir suchen jemanden, mit dem es auch schwierig sein darf. Das sind die besten Voraussetzungen für eine lange Bindung, eine befriedigende Beziehung.

Nora Ephron, die das Drehbuch zum Film "Harry und Sally" schrieb, hatte selbst mehrere Ex-Männer. Im Film sind Harry und Sally viele Jahre miteinander befreundet, bevor ihre Liebe zueinander möglich wird. In der berühmten Restaurant-Szene lässt Nora Ephron Sally lautstark einen Orgasmus faken. Ephron hat offenbar einen guten Blick für die Illusionen, denen wir uns hingeben. Sie regt uns an, die Festbeleuchtung auszuschalten, den idealistischen Liebesglitter abzustreifen und mit dem liebevoll distanzierteren, aber realistischeren Blick aufeinander zu schauen, mit dem wir auch auf unsere Freunde schauen.

Brigitte

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