Anzeige

Neurobiologe erklärt Wieso Selbstvertrauen Übungssache ist – und wie wir trainieren

Selbstbewusste Frau sitzt auf einem Thron
© Mighty / Adobe Stock
Endlich mal an sich und die eigenen Stärken glauben – unmöglich? Mitnichten, sagt Neurobiologe Marcus Täuber: Alles eine Sache der Übung.

Hach, das liebe Selbstvertrauen: Zu viel davon und wir wirken eingebildet und hochnäsig, als müsse jedes Wort von uns in Gold aufgewogen und jede Tat bejubelt und bewundert werden. Zu wenig und wir verlieren uns in Selbstzweifeln, huschen unter den nächstliegenden Stein, sobald sich Augen auf uns richten, und möchten am liebsten weitmöglichst im Hintergrund agieren.

Wie so oft bei Extremen, sind auch diese beiden nicht sonderlich gesund. Das Mittelmaß ist meist ohnehin das, was die Menschen anstreben. Doch das Selbstvertrauen scheint für viele ein Gut, das unerreichbar ist. Um den Druck noch weiter zu erhöhen: Ja, Selbstvertrauen ist im Leben sehr wichtig. Nein, Selbstvertrauen wird nicht unbedingt in die Wiege gelegt, sondern ist etwas, was man sich erarbeiten kann – erklärt uns der Neurobiologe und Autor Dr. Marcus Täuber im Interview. 

Warum Selbstvertrauen so wichtig ist

Selbstvertrauen wird gerne synonym zu Begriffen wie Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl verwendet – tatsächlich bedingen sich alle drei in Teilen gegenseitig. Das "Beziehungszentrum" definiert die drei Begrifflichkeiten recht trennscharf:

  • Selbstwertgefühl meint, wie sehr sich eine Person selbst wertschätzt, wobei auch die Wahrnehmungen aus dem sozialen Umfeld eine Rolle spielen können.
  • Selbstbewusstsein bedeutet, dass wir unser Selbst kennen, also beispielsweise um unsere Fähigkeiten, Grenzen und Talente wissen.
  • Zuletzt meint das Selbstvertrauen das Ausmaß, in dem wir unseren eigenen Fähigkeiten, dem Bauchgefühl und den Entscheidungen vertrauen.

Wer also beispielsweise ein gesundes Selbstbewusstsein hat, weiß um das eigene Können – und vertraut darin, wenn er:sie auch über ein gutes Maß Selbstvertrauen verfügt. Selbstvertrauen allein reicht allerdings nicht aus, wir brauchen auch die Bereitschaft, danach zu handeln. "Selbstvertrauen auszustrahlen hilft Menschen, Glaubwürdigkeit zu gewinnen, einen starken ersten Eindruck zu hinterlassen, mit Druck umzugehen und persönliche wie berufliche Herausforderungen zu meistern, heißt es zu dem Thema auf "Psychology Today".

Der Schlüssel zum Erfolg?

Nehmen wir an, es gibt zwei Frauen in einem Betrieb. Beide sind hochintelligent und fachlich absolut erstklassig. Die eine der beiden ist charakterlich eher schüchtern, zurückhaltend und hat ein kindliches Auftreten. Die andere ist selbstbewusst, stark und tritt kommunikativ auf. Und nun die Frage: Welche von beiden hat wohl Karriere gemacht?

Natürlich ist es nicht das Ziel eines jeden Menschen, die Karriereleiter emporzuklimmen. Manche stören sich an dem Stress und der Verantwortung, die höhere Positionen mit sich bringen. Doch wie oft haben jene, die zurückhaltend sind – aber eben nicht weniger fachlich kompetent – das Gefühl, karrieretechnisch übersehen zu werden? Denken wir an all die Vorgesetzten, die wir im Laufe unseres Berufslebens über uns hatten. Waren diese Menschen vorsichtig, zaghaft, zurückhaltend? Oder eher selbstbewusst, kommunikations- und meinungsstark?

Das eine ist dem anderen nicht unbedingt überlegen, manche Eigenschaften nicht besser oder schlechter als andere. Fakt ist jedoch, dass Menschen, die still sind, selten gehört werden. Wenn sie das ohnehin nicht möchten, auf das Arbeitsleben keinen großen Wert legen und ihren Sinn in anderen Bereichen des Lebens gefunden haben: wunderbar. Doch wer sich daran stört, kann daran arbeiten, erklärt der Neurobiologe Täuber.

"Man könnte sagen, dass es ein Koordinatensystem gibt. Da gibt es auf der X-Achse die Empathie und auf der Y-Achse die Autorität – das 'Weiche' und das 'Harte' hätten wir damit sozusagen gegenübergestellt", so der Wissenschaftler. Jeder Mensch hätte eine Mischung aus beidem in sich, auch abhängig von bestimmten Situationen, wie dem beruflichen Kontext. "Wer viel Autorität, aber wenig Wärme hat, wird schnell als arrogant empfunden, erzeugt Neid bei anderen und wird nicht gut ankommen. Und wenn jemand viel Wärme hat, aber wenig Kompetenz, dann wird die Person einfach als 'nett' wahrgenommen." Die Mischung wäre hier der Schlüssel, sagt Täuber: Empathie und Durchsetzungsstärke. Und oftmals würde es uns an einem der beiden fehlen.

Worauf es ankommt

Jeder Mensch muss lernen, eigene Grenzen zu setzen. Manche lernen das bereits als kleine Kinder, andere müssen es sich als Erwachsene selbst beibringen. "Im ersten Schritt geht es um die Wahrnehmung", erklärt der Neurobiologe. Schließlich sind Grenzen sehr individuell und was eine Person zur Weißglut treibt, ist für die andere vielleicht kaum der Rede wert. "Wo werde ich regelrecht über den Tisch gezogen, wo setze ich zu wenig Grenzen?" Wichtig sei, dass wir uns ein Bewusstsein dafür schaffen, was uns wirklich stört. 

Im nächsten Schritt trainieren wir die beiden Achsen: Empathie und Wärme könne man beispielsweise durch die Love-Kindness-Meditation trainieren. Die Variante von "Greater Good Science Center"-Mitarbeiterin und Professorin Eve Ekman geht beispielsweise so: 

  • Setz dich bequem oder leg dich bei Bedarf hin
  • Lenke deine Aufmerksamkeit auf das Atmen und den Bauchraum
  • Nimm das Empfinden des Atmens wahr, während sich dein Bauch hebt und senkt
  • Führe dir eine Person vor Augen, von der du weißt, dass sie nur dein Bestes im Sinn hat
  • Stell dir nun vor, wie diese Person vor dir sitzt und dich anlächelt
  • Stell dir vor, dass die Person sich wirklich wünscht, dass du ein schönes Leben hast, wie sie dir mit einem Lächeln und strahlenden Augen gegenübersitzt
  • Ziehe nun mit jedem Atemzug die guten Absichten dieser Person ein

Um unsere Schlagfertigkeit zu trainieren, rät uns Täuber dazu, dass wir in unseren Gedanken in die Haut einer Person schlüpfen, die bei diesem Thema absolut kein Problem hat und als unser Vorbild dient. Dabei wäre es wichtig, darauf zu achten, wie sich das für uns anfühlt und wie sich unsere Körpersprache verändert. Apropos Körper: Der Neurobiologe rät dazu, grundsätzlich auf die eigene Haltung zu achten, denn bereits aufrecht zu sitzen und tief zu atmen, die Brust "stolz" empor zu strecken, sende Signale an das Gehirn. "Eine stolze Brust zu machen, macht uns auch gefühlt stolzer."

Über den Körper, über Bilder, ließe sich Selbstbewusstsein erzeugen, erklärt Täuber. Positive Gefühle, die in unserer Gesellschaft nicht immer ein gutes Image haben. "Gerade Stolz nicht. Aber es geht ja nicht darum, stolz auf den Fußballverein zu sein oder das Land, sondern auf das, was ich erreicht habe, durch mein eigenes Engagement." 

Das Buch "Gute Gefühle" von Dr. Marcus Täuber
© PR

Das Buch "Gute Gefühle – Nutze die emotionalen Stärken deines Gehirns" von Dr. Marcus Täuber stellt wichtige Fragen: Was macht unser Leben bunt und schön? Was lässt seelische Wunden heilen und beflügelt uns? Was zeichnet herausragende Menschen aus? Wie wir uns fühlen ist, was zählt – egal ob Frauen oder Männer, ob Kind oder Greis. Mit Erkenntnissen aus der Hirnforschung möchte der Neurobiologe den Leser:innen zeigen, wie die emotionale Seite unseres Gehirns funktioniert, und gibt Tipps, wie wir dieses Wissen in unseren Alltag integrieren. Erschienen im Goldegg Verlag.

Verwendete Quellen: psychologytoday.com, beziehungszentrum.de, ggia.berkeley.edu

csc Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel