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Kleines Glück Wie bemerke ich das eigentlich?

Kleines Glück: Rückaufnahme einer Frau, die am Meer steht und die Hand nach der Sonne ausstreckt
© fran_kie / Adobe Stock
Um das kleine Glück zu erfahren, muss man es erst mal wahrnehmen, statt über die Vergangenheit zu grübeln oder sich Sorgen um die Zukunft zu machen. Wie das geht? Step by Step.

Für wen geeignet?

Für alle. Denn: "Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das große vergebens warten." Dies ist ein Zitat der Schriftstellerin Pearl S. Buck, die damit eine universelle Weisheit auf den Punkt gebracht hat: Sich an den kleinen Dingen zu freuen ist die größte Quelle für Glück. Und das Beste ist: Sie ist eine, die wir selbst zum Sprudeln bringen können – indem wir lernen, innezuhalten und diese Momente überhaupt wahrzunehmen. Denn das kleine Glück ist flüchtig. Ein freundliches Lächeln – schwupps, vorbei. Ein zauberhafter Sonnenuntergang? Nach wenigen Minuten vorüber.

"Wir tendieren dazu, zu übersehen, was uns guttut und Freude macht, oder wir reden es klein", sagt auch Coach Britta Ullrich (vizworks.de). Das kleine Glück wahrzunehmen ist eher eine Entscheidung als eine persönliche Fähigkeit. Wir alle können üben, mehr im Moment zu sein und aufmerksam für die guten Dinge in unserem Leben. Zufriedenheit und Glück lassen sich nicht erzwingen, aber anlocken. Und wenn wir ein wenig innerlich verweilen, steigt die Chance, dass wir gerade in diesem Moment sogar das große Glück spüren.

Anwendungsgebiete

Immer wenn uns das Gefühl von Unzufriedenheit beschleicht, obwohl "eigentlich" doch alles o. k. ist. Wenn wir uns rastlos fühlen oder den Eindruck haben, dass das gute Leben an uns vorbeirast.

Vorbereitung

Bevor wir ernsthaft mit den Übungen loslegen, die uns helfen sollen, den Moment zu leben, ist es wichtig, erst mal innerlich einen Schalter umzulegen. Denn häufig haben wir die Grundeinstellung, dass wir erst dann richtig zufrieden sein dürfen, wenn alle unsere Probleme bewältigt sind.

Doch ehrlich: Diesen Zeitpunkt gibt es wohl nicht. In Wirklichkeit ist es genau andersherum: Wenn wir für kleine Momente von Freude und Glück sorgen, fällt es uns leichter, unseren Alltag zu meistern. Denn Freude ist eine große Kraftquelle. Wie kann man also den inneren Schalter umlegen? Zum Beispiel mit einem hilfreichen Gedanken: "Ich darf dafür sorgen, dass es mir gut geht." Oder: "Ich lasse das Glück in mein Leben." Oder: "Ich darf zufrieden sein."

Anwendung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Wahrnehmung für den guten Moment zu schulen. Die meisten kann man jederzeit mehrmals täglich machen, und sie dauern nur ein paar Sekunden bis Minuten. Probieren Sie ruhig mehrere aus.

Atmen: Unser Atem verbindet unsere Psyche direkt mit dem Körpergefühl. Deshalb können wir uns selbst beruhigen, wenn wir langsam und tief ein- und ausatmen, das ist die einfachste Methode. Vor allem das Ausatmen triggert unseren Ruhenerv. Eine einfache Atemübung, die wir "16 Sekunden bis zur Erleuchtung" nennen können, funktioniert so: Man atmet ein und zählt dabei ganz langsam bis vier – das entspricht etwa vier Sekunden. Dann hält man den Atem vier Sekunden. Dann atmet man ganz langsam aus und zählt dabei bis acht. Ein Tipp: Wenn man diese Übung macht, kurz bevor man etwas kleines Nettes unternimmt, wie durch den Park gehen oder ein Eis essen, wird man diese Dinge noch mehr genießen.

Wahrnehmen: Bewusstes Wahrnehmen lässt uns den Moment intensiver spüren. "Man kann sich ganz einfach unter einen Baum stellen oder in einem Café kurz die Augen zumachen und für wenige Minuten einfach auf die Geräusche lauschen, die einen umgeben", sagt Coach Britta Ullrich. Wichtig dabei: Nicht bewerten, nur hinhören. Dann klingt sogar ein jaulender Motor interessant.

Spüren: Unser Tastsinn ist unser feinster Sinn. Die leichteste Übung, um innerlich zur Ruhe zu kommen, ist deshalb, die Aufmerksamkeit in unsere Füße zu lenken und bewusst den Boden unter unseren Füßen zu spüren. Dafür stellen wir uns hin, oder, falls wir sitzen, stellen wir die Füße ganz auf dem Boden auf. Vielleicht schließen wir die Augen. Mit dem Ausatmen wandert die Aufmerksamkeit in die Füße und in die Fußsohlen. Wir spüren, wie unsere Fußsohlen auf dem Boden stehen. Nehmen die Verbindung mit dem festen Grund wahr. Wir bleiben mit unserer Aufmerksamkeit für ein paar Atemzüge hier.

Wir können aber zum Spüren auch unsere Hände benutzen. Wenn wir Baumrinde befühlen oder einen weichen Stoff streicheln, kann es gut sein, dass sofort ein kleiner Glücksmoment aufblitzt. Welche Oberflächen befühlen Sie gerne?

Verbinden: "Das Gefühl, mit sich selbst verbunden zu sein oder auch die Verbundenheit mit anderen, ist wohl eine der größten Quellen für Zufriedenheit", sagt Coach Britta Ullrich. Verbundenheit mit sich selbst entsteht beispielsweise, wenn wir uns in Lieblingsbeschäftigungen verlieren. Die schnellste Verbundenheit mit anderen ist, wenn wir Freude teilen. Das kann auch einfach bedeuten, der netten Kollegin von einem kleinen Ereignis zu berichten, das uns auf dem Weg zur Arbeit erfreut hat. Oder wenn wir uns abends mit der Familie beim Abendessen einmal kurz austauschen: Was war heute schön? Was hat mich gefreut?

Dankbarkeit pflegen: Viele Studien zeigen, dass Dankbarkeit wie eine Abkürzung zur inneren Zufriedenheit funktioniert. Man kann sich dafür angewöhnen, abends kurz zu überlegen, für welche drei Dinge man an diesem Tag dankbar ist. Vielleicht notiert man dies sogar in ein kleines Heft – das verstärkt den Effekt. Oder man besorgt sich eines der vielen Dankbarkeitstagebücher zum Ausfüllen, die es inzwischen gibt.

Langzeitwirkung

Gerade die kleinen schönen Momente gewinnen an Kraft, wenn wir sie wertschätzen und vielleicht sogar festhalten: Am einfachsten schriftlich, als kleine Notiz im Kalender. In einem Tagebuch. Verstärken können wir diesen Effekt, indem wir diese Momente auch visualisieren. "Bilder haben eine starke Kraft und holen auch Gefühle wieder ins Bewusstsein", sagt Britta Ullrich, die Visualisierungen nutzt, um den Effekt der schönen Momente zu verstärken. Wenn wir uns das Foto vom schönen Sonntagsausflug anschauen, erinnern wir uns an die Situation, aber auch an unsere gelöste Stimmung.

Das Gleiche geschieht, wenn wir selbst eine kleine visuelle Notiz zu den schönen Erlebnissen machen: Wir waren mit der Freundin spazieren und halten das im Kalender in zwei Strichmännchen mit Sonnen darüber fest. Wir lagen zehn Minuten im Park – und malen eine Kritzelfigur unterm Baum in unser Notizheft. "Man muss nicht zeichnen können. Schon eine Strichfigur im Boot reicht aus, damit der Ausflug unvergesslich wird." Es ist vor allem der Akt der Visualisierung, der das Erlebnis fest in unserem Gehirn und Gefühl verankert.

Vorgehen bei Störungen

Wir sind Meister darin, uns im Genießen selbst zu sabotieren. Wenn es uns nicht gelingt, im Moment zu bleiben, und die Gedanken ständig in die Problemwelten abschweifen, die wir eigentlich gerade mal zur Seite stellen wollten, gilt deshalb: Freundlich mit sich selbst bleiben. Ein paar Mal tief ein- und ausatmen. Und den Fokus erneut auf das Schöne lenken.

Kontraindikation

Wenn wir grübeln, hadern oder uns sehr ärgern, können wir uns nicht selbst überlisten und einfach in gute Stimmung schwenken. Dann sollten wir erst einmal diese Situation ernst nehmen und Schritt für Schritt rausgehen. Das geht so:

Frage 1: Was entlastet mich jetzt in diesem Moment?

Frage 2: Was möchte ich statt der momentanen Situation?

Bei hartnäckigen Grübelattacken, die alle leichten Gedanken wie ein schwarzes Loch verschlucken, kann auch ein Umdenken helfen: Wir hängen oft in den kreisenden Gedanken fest, weil wir annehmen, dass sich irgendwo im Labyrinth dieser Überlegungen eine Lösung für unsere Sorge oder das Problem finden wird. Das stimmt aber nicht. Grübeln ist wie im Schaukelstuhl sitzen. Wir haben das Gefühl, es bewegt sich was, aber wir kommen kein Stück voran. Warum? Einfach, weil Grübelgedanken in Gedankenregionen kreisen, die wir schon 1000 Mal durchdacht haben. Und wäre da eine Lösung, hätten wir sie bereits gesehen.

Hilfreicher wäre es, wenn wir die Sache mal aus einer anderen Perspektive betrachten. Und interessanterweise sind wir für diesen Blickwechsel in guter Stimmung besonders offen – also zum Beispiel, wenn wir die schönen Momente des Lebens bewusst wahrnehmen.

Dosierung

Die amerikanische Psychologin Barbara Fredrickson fand heraus, dass wir drei Mal mehr positive Momente bewusst wahrnehmen müssen, um die negativen Gedanken auszugleichen. Erst dann fühlen wir uns ausgeglichen und zufrieden. Also: Lasst uns loslegen.

Brigitte

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