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Expertin erklärt Hodophobie: Wie sich Reiseangst auch im Alter entwickeln kann – und was hilft

Eine Zeichnung einer Frau, die sich aus einem zerbrochenen Kopf befreit und ins Freie tritt
© Mental Health / Adobe Stock
Umgangssprachlich nennt man sie "Reiseangst" – doch unter diesem Begriff verbirgt sich viel mehr. Betroffene können aus den verschiedensten Gründen vor oder während einer Reise Angst verspüren, teilweise schon beim bloßen Gedanken daran. Das zeige sich unter anderem durch eine intensive Unruhe oder Nervosität. Die Psychologin Hanne Horvath erklärt, was hinter dem Begriff steckt und wen die Phobie betrifft.

Ist es die Angst vor der fremden Umgebung – oder die Angst davor, die gewohnte und sichere Umgebung zu verlassen, die man Zuhause nennt. Meist ist es eher Letzteres, was Menschen abhält, neue Erfahrungen außerhalb der eigenen vier Wände machen zu wollen. Für einige Menschen geht die Angst noch weiter und schränkt sie mehr ein als andere. Denn die Ausprägungen können sich auf einem vielfältigen Spektrum befinden.

Unbekanntes kann positiv oder belastend sein

Psychologin Hanne Horvath, Mitbegründerin der Online-Therapieplattform "HelloBetter", erklärt: "Ob und in welchem Ausmaß wir unter Reiseangst leiden, hängt auch davon ab, welche Form von Stress wir empfinden." Das Unbekannte könnten Menschen sowohl mit positivem als auch negativem Stress verknüpfen. Wer sich bei einer Reise auf das Unbekannte freue, darauf Neues zu lernen und zu entdecken, der werde positiven Stress empfinden. Wer sich dadurch bedroht fühle, empfinde belastenden und oft auch chronischen Stress. Denn nicht nur beim Thema Reisen ist das Unbekannte ein Begleiter, auch im alltäglichen Leben begegnet es uns immer wieder.

Nicht nur das Reisen bereitet Angst

Verschiedenste Ängste können laut Horvath mit Hodophobie verknüpft sein: Beispielsweise die Angst, sich nicht verständigen zu können – oder die Angst vor Ablehnung oder unangemessenem Verhalten. Auslöser könne hier eine soziale Phobie sein. "Eine weitere Sorge kann darin bestehen, sich in einem fremden Land mit unbekannten Krankheitserregern oder Viren anzustecken", erklärt die Psychologin. Oft sei auch diese Angst bereits im Alltag präsent und würde auf die Reisesituation abfärben.

Hodophobie entstehe daher meist aus weiteren Ängsten, die Menschen bereits haben – und seien deshalb gehemmt. Sie würden sich beispielsweise Sorgen darum machen, im Urlaub eine Panikattacke zu bekommen. Und haben unter anderem Angst davor, welche weiteren Situationen das auslösen könnte. Eine der bekanntesten Phobien in Verbindung mit Reisen ist wohl die Flugangst. Diese könne sich sogar im Laufe des Lebens nachträglich entwickeln. Aber auch die Angst vor Spinnen kann beispielsweise einer Reise nach Australien im Wege stehen.

Wie äußert sich die Angst?

Was passiert bei Angst? Laut Horvath setze der Körper Adrenalin frei, das Herz schlage schneller und die Muskeln würden sich anspannen. "Gängige Anzeichen einer Angstreaktion umfassen Schwitzen, Zittern, erhöhten Blutdruck und wackelige Knie", erklärt sie. All das gehört zu einer alltäglichen Angstreaktion dazu und ist noch normal. Im nächsten Schritt komme es dann zum bewussten Teil. In diesem denken wir darüber nach, ob es sich vielleicht um einen Fehlalarm handeln könnte und schätzen die Situation ein.

Ist das der Fall, beruhige sich der Körper wieder, erklärt Hanne Horvath, aber: "Bei pathologischer Angst ist dieser Mechanismus jedoch gestört. Betroffene erleben häufig regelrechte Angstattacken, begleitet von Erstickungsgefühlen, Herzrasen und intensiver Anspannung." Diese Angst besiegen zu können, scheint eine Sache der Unmöglichkeit zu sein. Auch weitere Symptome wie Muskelverspannungen oder Schlafstörungen können auftreten.

Was man gegen die Reiseangst tun kann

Es gebe Wege, um die Reiseangst zu durchbrechen, erklärt Horvath. Je nach Ausprägung der Angst könne es natürlich sinnvoll sein, sich Hilfe in Form einer Psychotherapie zu suchen. Einigen Menschen können aber auch bereits kleinere Schritte eine erste Hilfe sein. Es gehe darum, die eigene Komfortzone zu verlassen beziehungsweise diese zu erweitern – und sich dem Unbekannten zu nähern, Stück für Stück. Die Liebsten können ebenfalls eine Stütze sein und mit darauf achten, ob du dich erholen solltest oder deine persönlichen Ziele zu schnell zu weit treibst. Die folgenden Schritte rät die Psychologin:

  • Eigene Reiseängste konkret benennen und verstehen: Was macht mir Angst? Das Fliegen, exotische Tiere, das Unbekannte allgemein?
  • Sicherheitsvorkehrungen treffen, wo sie möglich sind: Eine Vorrecherche könne vielen Menschen helfen, mit der Angst umzugehen. Das heißt: Sich beispielsweise konkrete Pläne oder Routen herauszuarbeiten, an denen man sich bereits mental entlang hangeln kann.
    Wer Angst vor Schlangen hat, aber nach Australien möchte, kann vorher darüber nachlesen, wie oft eine solche Begegnung überhaupt vorkommt und wie man sich bei einer solchen verhalten sollte – bereits die Info, dass die meist scheuen Tiere am liebsten ebenso eine Interaktion vermeiden würden wie man selbst, kann schon helfen.
  • Realistische Ziele setzen: Wer Angst davor hat, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich Ungewohntem zu stellen, sollte nicht direkt den dreiwöchigen Trip nach Südamerika wählen. Die Devise sind kleine Schritte. Vielleicht zuerst ein Städtetrip mit einer guten Freundin – oder mal an einem Wochentag mit einer lieben Person in die Innenstadt, bevor man in die Millionenstadt Tokio fliegt. Man sollte langsam an das Problem herangehen, nicht zu eilig.
  • Konkrete Reize schaffen: Eine Motivation kann helfen, Ängste zu überwinden. Vielleicht möchte jemand zur Hochzeitsreise mit dem:der Partner:in verreisen oder mit der Familie für eine Geburtstagsreise.

Sich selbst mit einer Angst zu konfrontieren, kann starke körperliche Reaktionen auslösen. Beispielsweise Schwierigkeiten beim Atmen oder ein Schwindelgefühl. Lass dich außerdem nie von einem Menschen aus deinem Umfeld drängen, etwas auszuprobieren, was dir in jenem Moment zu heftig erscheint. Wer bereits beim Gedanken an eine Reise starke Angst verspürt, sollte sich nicht allein in für ihn:sie sehr stressige Situationen begeben, sondern besser fachliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Verwendete Quellen: hellobetter.de, Interviewmaterial Hanne Horvath, healthline.com, verywellhealth.com

lkl Brigitte

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