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Psychologie Darum machen Haustieren glücklich – wenn sie zu uns passen

Haustiere - darum senken sie unseren Stresslevel: Frau an PC mit Katze
© Olesya Kuznetsova / Shutterstock
Haustiere machen nicht nur glücklicher, sondern auch gesünder, sagt die Psychologin Sandra Jankowski – vorausgesetzt das Tier passt zu einem.
INTERVIEW Laura Binder

BRIGITTE: Wir leben in herausfordernden Zeiten. Und gerade jetzt schaffen sich immer mehr Menschen Haustiere an, bei Hundezüchtern etwa stehen die Interessentinnen Schlange. Können Tiere in dieser Krise helfen?

SANDRA JANKOWSKI: Ja, Tiere können uns Menschen mit ihrem Aufforderungscharakter sehr glücklich machen. Sie wollen versorgt werden. Der Mensch bekommt das Gefühl, gebraucht zu werden. Das ist gut für die Psyche und das Wohlbefinden. Hier spielen vor allem Hormone, die ausgeschüttet werden, eine Rolle, wie Oxytocin, das Bindungshormon, aber auch Glückshormone wie Endorphine, wenn wir spielen und kuscheln.

Das bedeutet, Haustiere versetzen uns in einen Hormonrausch?

Ja, so in etwa. Und gleichzeitig senken die Tiere den Stresslevel. Im Körper wird weniger Adrenalin ausgeschüttet, allein wenn ein Tier nur anwesend ist. Das senkt den Blutdruck und die Herzfrequenz. Man hat festgestellt, dass Haustiere besonders positiv sind bei Menschen mit Diabetes, Krebs, Bluthochdruck oder Angststörungen. Sie schützen uns auch vor Depressionen.

Aber ein Tier zu versorgen, ist doch auch anstrengend. Vor allem ein Hund, der regelmäßig Ausgang und Beschäftigung braucht…

Überforderung kann zu einem Problem werden, klar. Gerade in der Krise ist es nicht ganz einfach, sich ein junges Tier anzuschaffen, denn dann hat die Hundeschule geschlossen oder der Kontakt zu anderen Tierbesitzern baut sich nicht so leicht auf. Langfristig kann die Überforderung zur Belastung werden.

Wäre ein Kleintier also stressfreier?

Das kann man so nicht sagen. Hunde sind von großem Vorteil für die Psyche der Menschen. Wenn man sich einen Hund anschafft, sorgt das für deutlich mehr Kontakt. Beim Gassigehen kommuniziert man mit anderen Hundebesitzerinnen oder Nachbarn. Auch Fremde werden schneller auf einen aufmerksam: Man wird eher angelächelt oder gegrüßt, wenn man mit dem Tier unterwegs ist. Der Hund fördert unsere Geselligkeit und die Bewegung. Es kommt aber natürlich immer auf einen selbst an, welches Tier individuell das richtige ist.

Man sollte sich also vorher überlegen, welches Haustier am besten zur eigenen Persönlichkeit passt?

Eine Faustregel gibt es da nicht, jedes Tier ist auch noch mal anders in seiner Art. Aber man kann sagen, der Hund ist fixierter auf den Menschen, er bettelt um Futter, kommt aktiv auf uns zu. Katzen sind vom Wesen introvertierter und passen gut zu Menschen, die sich gern mal zurückziehen. Trotzdem werden bei Katzenbesitzerinnen ebenso Glückshormone ausgeschüttet, wir sind nur nicht dazu animiert, viel rauszugehen, weil die Katze allein umherstreift.

Und jenseits von Hund oder Katze?

Auch Vögel, Fische, Kaninchen, Meerschweinchen oder andere Haustiere sind von Vorteil für die Psyche. Der Mensch ist weniger einsam, wird gebraucht, um die Tiere zu versorgen. Dafür wird er ebenso mit Aufmerksamkeit und Bindung belohnt.

Spüren Haustiere die derzeitige Krise?

Tiere können Anspannung und Angst zwischen den Menschen wahrnehmen und wissen nicht, warum das so ist. Je nach Charakter des Menschen können Tiere gestresster sein, weil sie mehr geknuddelt werden oder sich nicht wie gewohnt zurückziehen können, wenn ihre Besitzer häufiger zu Hause sind.

Und wenn die Beziehung zum Tier die zu anderen Menschen quasi ersetzt, etwa für Singles den Partner: Ist das gesund?

Aus psychologischer Sicht ist das nicht sehr effektiv. Man kann mit dem Tier schmusen und reden, aber die persönliche Auseinandersetzung fehlt. Ein Partner würde uns in der Persönlichkeitsentwicklung weiterbringen. Denn: Wir brauchen andere Menschen, um uns weiterzuentwickeln, um unser Potenzial auszuschöpfen und das Beste aus uns herauszuholen. Das funktioniert über Kommunikation, die mit einem Haustier sehr einseitig ist.

Manchmal hat man auch das Gefühl, Haustiere sind Kind-Ersatz…

Ein Haustier kann nie ein Kind ersetzen. Kinder bringen uns zurück zu eigenen kindlichen Erfahrungen, die aufgearbeitet werden, und fördern unsere persönliche Entwicklung. Wenn das Kind zum Beispiel wütend ist und sagt "Du böse Mama" – und das ist jetzt in der Krise vielleicht häufiger der Fall –, müssen wir uns damit beschäftigen, uns vielleicht in der Mutterrolle hinterfragen oder überlegen, wie wir damit umgehen. Das kann ein Hund oder eine Katze natürlich nicht schaffen.

Sie haben selbst eine Katze und Ihren Praxishund, die Beagle-Dame Daisy. Sind Tiere für Therapien sinnvoll?

Ich merke oft, dass meine Hündin meine Patient*innen beruhigt. Selbst wenn sie nur im Körbchen liegt, sind die Menschen weniger gestresst und können sich leichter öffnen. Tiere kommen deshalb in diversen Therapien zum Einsatz.

Haben Ihnen Ihre Haustiere auch die Krise erleichtert?

Gerade bei meiner Hündin war es toll, dass man gezwungen war rauszugehen. Das hat mir das Eingesperrt-sein-Gefühl genommen. Mich hat weniger das Kuscheln beruhigt, als vielmehr das Gefühl der Freiheit, wenn wir zusammen draußen in der Natur unterwegs waren.

Zusammengefasst bedeutet es, dass Haustierbesitzer glücklicher sind.

Laut Studien: ja. Unser Körper und die Psyche reagieren positiv auf Tiere. Dafür muss man aber nicht zwangsläufig selbst ein Tier besitzen. Und wir dürfen nicht vergessen: Jeder Mensch ist in seinem Wesen einzigartig, ob mit Tier oder ohne.

Sandra Jankowski ist selbstständige Diplom-Psychologin in Zeuthen bei Berlin. In ihrer Privatpraxis hat sie auch eine vier-beinige Mitarbeiterin: Beagle-Dame Daisy.

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BRIGITTE 17/2020

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