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Was macht uns glücklich? Hundertjährige verraten ihre Geheimnisse für ein langes Leben

Alte Frau lächelt in die Kamera (KI-generiert)
© Eber Braun / Adobe Stock
Eine neue Studie räumt auch mit den letzten Vorurteilen über das Älterwerden auf.

Alt, krank, schwach, einsam und verbittert: Nur einige von vielen – größtenteils eher negativen – Attributen, die älteren Menschen zugewiesen werden. Der Lauf der Zeit ist etwas, das wir gerne und gekonnt ignorieren, um höchstens zwischenzeitlich aufzuschrecken ("Ach, das ist schon zwanzig Jahre her? Mann, sind wir alt!") und es schnell wieder wegzuschieben. Irgendwann schaut uns dann im Spiegel eine Person an, die wir kaum wiedererkennen. Sah ich schon immer so aus?

Da verwundert es wenig, dass viele Befragte laut einer Studie der Antidiskriminierungsstelle das Altwerden mit Depressionen und Unzufriedenheit gleichsetzen. Mythen über das Älterwerden gibt es zuhauf, wie unter anderem das "National Institute on Aging" zusammenfasst: Alte Menschen könnten demnach keine neuen Dinge lernen, würden irgendwann dement und sollten körperliche Aktivitäten meiden, um sich nicht zu verletzen. 

Rein empirisch lassen sich diese Vorurteile allerdings nicht bestätigen: So kam eine Studie zu dem Ergebnis, dass Menschen zwischen 65 und 79 Jahren sogar besonders zufrieden sind – im Alter um die 70 bekommen sie noch einen "Zufriedenheitsboost" obendrauf. Und auch eine neue Studie, bei der sechs Frauen über 100 begleitet und interviewt wurden, wirft ein ganz anderes Bild auf das Alter als es die gesellschaftlich vorherrschende Meinung und die Medien tun.

Hundertjährige verraten: Zufriedenheit ist auch eine Entscheidung

Inzwischen gibt es fast 14.000 Menschen in Kanada, die 100 und älter sind. Für eine Studie begleitete ein Forschungsteam sechs Frauen in diesem hohen Alter und befragte sie nach Themen wie Zufriedenheit und Lebensalltag. Die Ergebnisse wurden unter anderem in einer 32-minütigen Dokumentation und in einem Artikel für das Online-Magazin "The Conversation" zusammengetragen. Diese Menschen kamen zwischen 1919 und 1922 auf die Welt – die "Große Depression", die Finanzkrise, bei der die Weltwirtschaft einbrach, war Teil ihrer Kindheit, der zweite Weltkrieg Teil ihres jungen Erwachsenenlebens.

Zu den Interviewten gehörten zwei Frauen, die ihre Ehemänner verloren hatten, als ihre Kinder noch klein waren, und die deshalb allein ihre Familie ernähren mussten. Doch weder der Schmerz und der Verlust, noch die zweifellos harte Arbeit führten dazu, dass diese Frauen bitter wurden. Betty, 101, sagt im Interview mit dem Team: "Ich weiß nicht, worüber ich mich beschweren soll. Ich ging glücklich durch mein Leben."

Die sechs Befragten finden Glück in kleinen Dingen: Betty genießt es sehr, bei Solitaire zu schummeln, Jean, 100, hat Spaß daran, Piana zu spielen, Clementina, 101, spielt gerne um Geld und Joyce findet Freude darin, zu schreiben und die Konzerte ihrer Kinder zu besuchen. Die Familie ist für alle sechs Befragten unheimlich wichtig – zwei von ihnen sehen die Geburt ihrer Kinder als wichtigste Errungenschaft ihres Lebens an. 

Die Grenzen des Alters

Doch ein Leben, das nur aus Glückseligkeit besteht, gibt es nicht. Auch nicht für die sechs Frauen, deren Körper ihnen klare Grenzen aufzeigt – wie es auch die Gesellschaft tut und damit einhergehend auch sie selbst. "Du musst dich entsprechend deinem Alter benehmen", sagt beispielsweise Clementina. Alle sechs lebten zur Zeit der Studie in einem Wohnheim – und alle sechs waren ein anderes Leben gewohnt: Als junger Mensch kann man die Welt sehen, arbeiten und hat ein soziales Umfeld, das Abwechslung und Spannung in den Alltag bringt. 

All diese Dinge sind mit 100 Jahren größtenteils nicht mehr möglich, sodass das Leben auch langweilig sein kann. Doch die befragten Frauen nehmen sich so viele Freiheiten wie möglich: Obwohl sie im Rollstuhl sitzt, spielt Jean Klavier in der Kirche. Und Clementina schlich sich mit 97 Jahren aus dem Altersheim, um in einem Casino ihr Geld zu verzocken (offiziell besuchte sie ihren Sohn).

Wie die Autorinnen schreiben, sind drei der sechs befragten Frauen kurz nach den Interviews verstorben. Doch alle führten ein Leben, das für viele vorbildlich ist: Sie haben Verluste erlitten und sind trotzdem ihren Weg gegangen. Sie finden das Glück in den kleinen Dingen und geben sich und ihre Bedürfnisse nicht auf – egal was ihr Körper oder andere dazu sagen. Der Wert eines Menschen ermisst sich nicht an den Jahren, die er auf Erden ist, sondern an den Dingen, die er tut.

Verwendete Quellen: theconversation.com, nia.nih.gov, antidiskriminierungsstelle.de, ons.gov.uk

csc Brigitte

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