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Frühlingsgefühle Was passiert im Frühjahr in unserem Körper?

Frühlingsgefühle: Junge Frau auf einer Wiese schaut in den Himmel
© Alernon77 / Adobe Stock
Gibt es Frühlingsgefühle wirklich? Falls ja, wie äußern sie sich? Und was hat es eigentlich mit der Frühjahrsmüdigkeit auf sich?

Inhaltsverzeichnis

Wenn es am frühen Morgen wieder hell wird und bis zum späten Nachmittag sonnig bleibt, kommt Freude auf. Der Frühling ist in Sicht. Wir verspüren den Drang, uns in Bewegung zu setzen, etwas Aufregendes zu erleben, uns aufzuladen. Sind das die bekannten Frühlingsgefühle? Teils ja. Es steckt aber noch so viel mehr dahinter.

Was versteht man unter Frühlingsgefühlen?

Frühlingsgefühle werden seit Jahrhunderten von berühmten Dichter:innen beschrieben. Doch sie sind nicht nur Füllmaterial für Poesie. Über Frühlingsgefühle wird seit vielen Jahren ausgiebig geforscht. Können saisonale Veränderungen unsere Stimmung und unser Verhalten beeinflussen? Matthew Keller, Doktorand am "Virginia Institute for Psychiatric and Behavioral Genetics" in Richmond, untersuchte rund 500 Menschen in den USA und Kanada. Er fand heraus, dass die Stimmung umso besser war, je mehr Zeit die Menschen an einem sonnigen Frühlingstag draußen verbrachten. In den wärmeren Sommermonaten nahm diese gute Laune ab. Offenbar gibt es eine optimale Temperatur für unser inneres Wohlbefinden. Sie liegt bei etwa 22 Grad Celsius.

Welche Frühlingsgefühle gibt es?

Der Begriff Frühlingsgefühle wird häufig romantisiert. In vielen Fällen wird er sogar mit Verliebtsein assoziiert. Doch Frühlingsgefühle lösen laut Forscher:innen viele andere Dinge in uns aus. Im positiven, wie im negativen Sinn.

  • Die Zunahme des Tageslichts kann dazu beitragen, den gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus – also die biologische Uhr in unserem Hirn – zu korrigieren. Das Resultat: Wir schlafen nachts besser und sind tagsüber wacher. Das Licht hat zwei Arten von Wirkungen. Erstens teilt es der inneren Uhr mit, wann die Morgendämmerung einsetzt, und hält so unseren Körper mit der Erde synchronisiert. Zweitens hat das Licht eine akute Weckwirkung, die dazu führen kann, dass sich Menschen innerhalb weniger Minuten weniger depressiv und wacher fühlen sowie kognitiv besser in der Lage sind, Aufgaben zu bewältigen.
  • Serotonin: Studien zufolge kann Sonne die Serotoninproduktion über die Haut anregen. Serotonin ist ein Neurotransmitter, der für die Stimmungsregulierung wichtig ist (hier liest du, wie du außerdem Serotonin erhöhen kannst). Im Winter hingegen ist der Melatoninspiegel erhöht, weil es länger dunkel ist. Das sorgt dafür, dass wir uns müde und antriebslos fühlen.
  • Das Glückshormon Endorphin wird laut Studien vermehrt ausgeschüttet, wenn die Sonnenstrahlen auf die Haut treffen.
  • Eine Studie aus dem Jahr 2015 hat ergeben, dass sich die Größe des Hippocampus – also der Teil des Gehirns, der die Stimmung und das Gedächtnis steuert – im Frühling verändern kann. Dabei kam heraus: je kürzer der Tag, desto kleiner der Hippocampus.
  • Dass Frühlingsgefühle einen Einfluss auf Paarbindung haben, ist nicht nachgewiesen. Auch die Geburtenrate spricht dagegen. Studien zufolge kommen in Deutschland die meisten Menschen im Juli, August und September zur Welt. Sie werden also nicht im Frühling, sondern zum Ende des Jahres gezeugt.
  • Bei Männern wurde ein Anstieg des zirkulierenden Testosteronspiegels im Sommer nachgewiesen. Ein Anstieg, der im Frühling beginnen könnte. Dieses Hormon ist dafür bekannt, dass es bei Männern die Liebesgefühle steigert. Es ist aber auch wichtig für die Psyche.
  • Menschen bilden Vitamin-D über die Haut durch Sonnenlicht. Dies hilft gegen eine gedrückte Stimmung.

Frühlingsgefühle oder doch Frühjahrsmüdigkeit?

Im Frühling kommen innere, biologische Systeme auf Touren. Die Folgen haben wir bereits oben genannt. Insgesamt gibt es einen Anstieg der Energie, der auf den ersten Blick durchweg positiv erscheint, aber trotzdem unerfreuliche Auswirkungen auf unser Gemüt haben kann. Frühjahrsmüdigkeit lautet das Phänomen, wenn wir die Energie eher verwirrend als motivierend erleben. Es ist keine Seltenheit, dass emotionales Unbehagen und Verzweiflung im Frühjahr zunehmen. Studien zufolge gibt es nicht in den Wintermonaten die höchste Anzahl an Selbstmorden pro Jahr, sondern in den wärmeren Monaten. Im Jahr 2013 haben im Monat April die meisten Menschen Suizid begangen. Manchmal wird die spürbare Energie der Jahreszeit zu einem Stressfaktor, der für einige von uns, die schon lange um ihr Überleben kämpfen – weil sie zum Beispiel unter einer schweren Depression leiden – zu viel werden kann.

Was kann man gegen negative Frühlingsgefühle tun?

Die Lektion, die man daraus ziehen kann, ist, dass Frühlingsgefühle und Frühjahrsmüdigkeit ernst genommen werden müssen. Wir können lernen, unseren emotionalen Kalender zu beobachten und gute Pläne für schwierige Zeiten bereits im Voraus machen. Welche Muster gibt es Jahr für Jahr in deinem Leben? Wie kannst du aus den Erfahrungen lernen? Auch wenn du das Muster nicht sofort erkennst, kannst du zurückschauen und dich fragen: Wie fühle ich mich normalerweise, wenn der März kommt? Wie ist es im April? Wie steht es mit dem Mai? Du musst nicht das Opfer der Umstände sein, das dazu verdammt ist, Ereignisse der Vergangenheit wieder zu erleben. Du musst nicht die Emotionen über dich ergehen lassen, die jährlich damit einhergehen. Die deine Einstellung und deine Gefühle dominieren. Sei gut zu dir selbst. Verurteile dich nicht. Viele verletzende Dinge, die uns widerfahren sind, lagen nie in unserer Hand. Vor allem aber: Lass dich nicht davon beirren, wenn alle auf einmal motiviert, unternehmungslustig oder frisch verliebt sind. Du gehst deinen Weg und du gehst ihn gut.

Verwendete Quellen:

  • "Anzahl der Geburten in Deutschland nach Monaten im Jahr 2021", statista.com, 2021
  • "Seasonal affective disorder: an overview and update", pubmed.gov, 2005
  • "Anzahl der Suizide nach Monaten und Jahren", destatis.de, 2022
  • "A Warm Heart and a Clear Head: The Contingent Effects of Weather on Mood and Cognition", journals.sagepub.com, 2016

Informationen zu Hilfsangeboten

Erkennen Sie bei sich Anzeichen einer Depression? Beim überregionalen Krisentelefon unter 0800 1110111 wird schnell und anonym geholfen! Weiterführende Informationen gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Brigitte

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