Anzeige

Framing Warum du nicht alles glauben solltest, was du denkst

Framing: Warum du nicht alles glauben solltest, was du denkst
© Leszek Glasner / Shutterstock
Kannst du die Welt ganz neutral sehen, oder lässt du dich manipulieren? Wenn du denkst, dich kann niemand beeinflussen, müssen wir dich leider enttäuschen …

Laut einer Studie von Zenith konsumieren Menschen in Deutschland bereits mehr als acht Stunden täglich Medieninhalte. Das bedeutet, dass wir die Welt durch die Brillen von Autor:innen, Journalist:innen, Filmemacher:innen, Kommentator:innen, Blogger:innen, Lobbyist:innen, Werbeprofis oder Nachrichtensprecher:innen wahrnehmen.

Dabei übernehmen wir meist unbemerkt ihre vorgefertigten Ausschnitte, Perspektiven, Meinungen, Weltsichten oder auch Ideologien. Mario Pricken, Autor des Buches "Think Outside The Frame" (Econ Verlag, 29,90 Euro), hat für sein Buch 82 Framing-Beispiele gesammelt, um zu zeigen, auf welch subtile Weise unsere Weltsicht durch Framing geformt wird.

Wie Framing funktioniert

Ein Beispiel: Wenn du etwa im Fernsehen eine Diskussion verfolgst, in der ein Politiker eine "Müllkippe" kurzerhand als "Entsorgungspark" bezeichnet, erzeugt dies ein hochwirksames Framing. So unscheinbar dieser Begriff einem zunächst vorkommen mag, in unserem Gehirn erzielt er eine erstaunliche Wirkung: "Müllkippe" ruft in unserer Vorstellung gleich zwei negative Assoziationen hervor: Müll wird einfach weggekippt. "Entsorgungspark" hat hingegen das Zeug dazu, in uns zwei positiv besetzte Vorstellungen wachzurufen: Entsorgung steht für "für etwas Sorge tragen" und Park für eine grüne Umgebung mit viel frischer Luft.

Die wissenschaftliche Theorie dahinter: Worte wie "Park" oder "Entsorgung" rufen abgespeicherte Erfahrungen (Frames) in unserem Gehirn auf, die ein ganzes Reservoir an überwiegend positiven Erinnerungen aktivieren. Dies passiert größtenteils in einer Geschwindigkeit, die jenseits unserer bewussten Wahrnehmung liegt.

Gelingt es, den Frame "Entsorgungspark" zu aktivieren, erhält eine negativ besetzte "Müllkippe" plötzlich eine positive Bedeutung! Eine solche Umdeutung (Framing) ist dann geglückt, wenn der Begriff in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen und von jedermann unbemerkt und häufig genutzt wird. Denn Framing ist eine Art Interpretationsfilter im Gehirn, der uns hilft, Worten, Bildern, Ereignissen oder Geschichten eine gewisse Deutung und somit Bedeutung zu geben.

Framing passiert ständig

Wir können nicht nicht framen! Wissenschaftler wie der Psychologe Daniel Kahneman haben in den vergangenen Jahren in unzähligen Untersuchungen nachgewiesen, dass sich unser Gehirn dem Framing-Effekt kaum entziehen kann.

Oft genug wollen Werbung, Medien oder Politik nur dein Bestes: Deine eigene Meinung! Die Kernfrage, die sich heute die wenigsten Medienkonsumenten stellen, lautet: Wie unterscheidet man fremde Framings von der eigenen Meinung? Und kann ich Framings überhaupt ausweichen?

Autor Mario Pricken hat eine Art mentalen Selbstverteidigungskurs für uns zusammengestellt: Fünf Wege, wie du deine eigene Meinung auf differenzierte Weise erweitert, stärken und gleichzeitig mögliche Framing-Effekte durchschauen kannst.

Die 5 besten mentalen Judogriffe gegen Framing

  1. Eine weit verbreitete Fehlannahme in Bezug auf Framing ist die Vorstellung: Bei mir funktionieren solche "Methoden" nicht. Wer so denkt, ist besonders anfällig! Gerade gebildete Menschen tappen gerne in diese Falle, denn Framing ist keine Frage der Intelligenz, sondern von Emotionen. Mentaler Judogriff: Sei wachsam und hinterfrage täglich bewusst die Bedeutung von Worten, Bildern und Geschichten, die du in Medien siehst und hörst!
  2. Verlasse die Echokammern der eigenen Weltsicht: Menschen tendieren dazu, sich nur mit jenen Informationen auseinanderzusetzen, die ihr eigenes Wertesystem (Frames) und ihre Weltsicht bestätigen. Das gibt zwar Sicherheit, macht aber andererseits anfällig für Framing. Mentaler Judogriff: Bediene dich unterschiedlicher Quellen, die möglichst vielfältige Perspektiven, Haltungen und Ideologien vertreten. Je mehr gegensätzliche Quellen, desto differenzierter wird das Bild sein, welches in dir entsteht.
  3. Wer sein psychologisches Immunsystem stärken möchte, erreicht dies am effektivsten durch Wissen. Nur wer versteht, wie der Framing-Effekt im eigenen Kopf wirkt, kann ihm entsprechend souverän begegnen. Mentaler Judogriff: Nimm dir die Zeit, um die Wirkmechanismen von Framing zu verstehen, und informiere dich zu diesem spannenden Thema.
  4. Unterhaltung schlägt Information: Humor und andere Formen leichter Unterhaltung sind manchmal weniger harmlos, als wir vermuten. Man weiß heute, dass ungeliebte, komplizierte oder politisch heikle Themen im Gewande der Unterhaltung oder des Humors bei weitem leichter in unsere Köpfe transportiert werden können. Humor umgeht sozusagen unsere psychologische Immunabwehr und schmuggelt so mit einem Lächeln auf den Lippen Inhalte am kritischen Wächter vorbei direkt in unser Gehirn. Mentaler Judogriff: Achte darauf, welche ideologischen Inhalte dir in Form von Unterhaltung und Humor angeboten werden. Unterhaltung ist selten harmlos!
  5. Wiederhole nicht einfach die Frames aus den Medien, bleib kritisch. Denn eine Müllkippe ist und bleibt eine Müllkippe, da wäre es schade, wenn du eine politische Partei oder vielleicht die Verpackungslobby unterstützt, indem du deren Umdeutung „Entsorgungspark“ in Ihren täglichen Sprachgebrauch übernimmst. Mentaler Judogriff: Wenn du einen Frame entdeckst, der nicht deiner Haltung oder deinem Weltbild entspricht, streiche ihn aus deinem aktiven Wortschatz, damit du ihn nicht in Gesprächen mit Freunden weiterverbreitest.
fm Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel