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Flohmarkt-Vorteile: So tust du dir und anderen was Gutes

Flohmarkt-Vorteile: Kleiderstange
© tartanparty / Shutterstock
Trödel, Ramsch und Kostbarkeiten: Der Flohmarkt ist ein Ort der glücklichen Trennungen!

Auf dem Tapeziertisch: drei Meter vergangenes Leben. Eine Latzhose in Größe 104, daneben das ehemals heiß geliebte Feuerwehrauto, ein einmal getragenes Minikleid, die komplette "Harry Potter"-Hardcover-Kollektion. Ausgelesen, ausgeliebt, entwachsen, rausgewachsen, bereit, zu gehen und ein neues Zuhause zu finden. Der Tisch wackelt dem ersten Ansturm entgegen, das Wechselgeld, 30 Euro in Münzen, wartet in einer potthässlichen Bauchtasche auf seinen Einsatz, und mein Blick legt sich gerührt und ansatzweise pathetisch auf die Dinge, von denen ich innerlich schon Abschied genommen habe, und die heute ihren Besitzer wechseln sollen. Welcher kleine Mann wird die Latzhose tragen, in der mein Junge seinen vierten Geburtstag gefeiert hat? Wird das Feuerwehrauto jemals wieder so geliebt werden und das Minikleid endlich seine wahre Bestimmung finden?

Flohmarkt: Der Ort des Neubeginns

Der Flohmarkt, der seinen Namen den Flöhen verdankt, die im Mittelalter nicht selten in den Kleidern hausten, mit denen gehandelt wurde, ist ein wunderbarer Ort des Abschieds und des Neubeginns. Er ist die romantische Form des Recyclings, eine Stätte der Nachhaltigkeit in ihrer schönsten und sentimentalsten, emotionalsten und menschlichsten Form. "Das Leben fühlt sich so viel leichter an, wenn du dich auf die wesentlichen Dinge reduzierst", sagt Franziska Boyens, die aus ihrer Leidenschaft für Verkauf und Handel einen Beruf gemacht hat. "Light Luggage" – "Leichtes Gepäck" heißt ihr Konzept, mit dem sie Menschen von dem befreit, was überflüssig geworden ist. Auf Flohmärkten und in ihrem zauberhaften, gleichnamigen Hamburger Laden, wo sich jeden Tag das Sortiment ändert, macht sie sich auf die Suche nach neuen Besitzern. "Ich habe schon als Kind gern verkauft", sagt die Secondhand-Expertin. "Das Handeln gehört auf Flohmärkten dazu, aber es ist wichtig, dass man dabei den Respekt vor den Waren und den Menschen bewahrt. Es geht schließlich um Dinge, an denen jemand gehangen hat. Es ist nicht leicht, loszulassen, aber es ist immer eine Erleichterung."

Flohmärkte sind nichts für sensible Gemüter

Ich selbst bin eine Frau gänzlich ohne Verhandlungsgeschick und Geschäftssinn. Noch heute schäme ich mich dafür, dass ich die Eisenbahn meiner Söhne zu einem Preis verkauft habe, bei dem die Käuferin zweimal nachgefragt hatte, weil sie ihr Glück – und meine Blödheit – kaum fassen konnte. Aber man freut sich über alles, was verkauft wird. Denn es ist im wahrsten Sinne belastend, wenn man etwas wieder mit nach Hause bringt, von dem man sich innerlich bereits befreit hatte. Flohmärkte, das muss man wissen, sind nichts für sensible Gemüter. Ich habe es stets als persönliche Kränkung empfunden, wenn ignorante Menschen nichts bei mir kaufen oder – schlimmer noch – kleinlich auf Kratzer, Risse oder Flecken deuten. "Wäre es neu, würde es ja auch nicht nur zwei Euro kosten", zische ich dann schon mal beleidigt und weise die Person energisch darauf hin, dass es einen feinen, aber gewichtigen Unterschied zwischen Feilschen und Handeln gibt.

"Was man nicht verkaufen kann, sollte man verschenken", sagt Franziska Boyens. "Das macht viel mehr Freude, als es wieder mitzunehmen." Also: Minikleid zu verschenken! Nur einmal getragen.

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BRIGITTE 15/2019

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