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Die richtigen Worte Was wirklich tröstet, wenn Menschen trauern

Was wirklich tröstet: Frauen, die sich umarmen
© MVProductions / Adobe Stock
Selbst wenn wir sonst immer wissen, was wir sagen sollen... Wenn Menschen trauern, fehlen uns oft die Worte. Dabei ist nur eines wirklich falsch: Schweigen.

Wer schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, kennt es: Das betretene Schweigen der anderen. Die Angst, den Namen auszusprechen. Das stumme Telefon, weil einem alle erst einmal "Ruhe" gönnen wollen. Wenn Trauernde von ihren dunkelsten Stunden erzählen, dann klingt das furchtbar einsam. Doch wenn Schweigen nicht das Richtige ist, was sind dann die richtigen Worte und Gesten?

Wir haben Menschen gefragt, die einen geliebten Menschen verloren haben.

Bea war gerade 13, als ihre anderthalbjährige kleine Schwester an einem Herzfehler starb. Das ist nun schon über 50 Jahre her.

"Als sie meine Schwester am Morgen abholten, bin ich weggerannt. Viel zu früh saß ich auf dem Schulhof. Ein Lehrer, der vom Tod meiner Schwester gehört hatte, setzte sich zu mir und fragte mich nach ihr. Ich war ihm total dankbar, dass er nicht so getan hat, als wäre nichts. Das größte Problem als trauernde Schwester ist, dass du auch trauernde Eltern hast. Es war gut, mit Erwachsenen zu sprechen, die nicht selbst betroffen waren. Auch unsere Nachbarn und die Eltern meiner Freunde haben mir sehr geholfen. Einfach, indem sie erwachsen waren und funktioniert haben, wenn meine Eltern es nicht geschafft haben."

Die Journalistin Brenda Strohmaier, verlor ihren Mann mit 44 und schrieb darüber das Buch „Nur über seine Leiche: Wie ich meinen Mann verlor – und verdammt viel übers Leben lernte“

"Jeder Einzelne, der kondolierte und mitfühlte, hat mir geholfen. Und vor allem meine engen Freunde. Ich bin so dankbar dafür, dass ich die habe, es war immer ein Mitmensch da, wenn ich einen brauchte. Ich habe wochenlang nicht gekocht, weil immer jemand etwas für mich gemacht hat. Einfach das Dasein der anderen hat mir sehr geholfen.“

Buch: Nur über seine Leiche: Wie ich meinen Mann verlor – und verdammt viel übers Leben lernte

Jan, 30, hat vor vier Jahren nicht kommen sehen, dass sein kleiner Bruder nicht mehr leben wollte

"Wenn dein kleiner Bruder stirbt, den du doch immer beschützen wolltest, dann quält dich immer wieder der Gedanke, was du hättest tun können, um es zu verhindern. Es hat mir geholfen, wenn Menschen diesen Gedanken mit mir gemeinsam ausgehalten haben. Auch heute tut es mir gut, über ihn sprechen zu dürfen, über seine Streiche lachen zu dürfen, ihn weiterhin als Teil meines Lebens zu sehen. Doch das klappt nur mit einem Umfeld, das keine Angst hat, seinen Namen auszusprechen, auch wenn das bedeutet, dass einer von uns auch mal weinen muss."

Lara, 28, war 15, als ihr Vater starb

"Frieden habe ich mit dem Tod meines Vaters erst gefunden, als ich mir selbst unser letztes Gespräch verzeihen konnte. Ich konnte nicht wissen, dass es ein Abschied war und habe mich eben einfach wie ein genervter Teenie verhalten. Das zu verstehen und mir selbst zu verzeihen, habe ich erst nach vielen, sehr vielen Therapiesitzungen geschafft. Die Art Gespräch, die ich dort führen konnte, hat sehr gut getan. Freunde und Verwandte wollten immer irgendwas Tröstendes sagen. Aber eigentlich braucht man gar nicht nach Worten suchen für Trauernde. Es tröstet einen eh kein Wort. Auch nicht Tausende. Es reicht, sein Ohr anzubieten."

Hildegard, 89, hat nach dem Tod ihres Mannes vor 27 Jahren nicht wieder geheiratet. Die Einsamkeit macht ihr zu schaffen.

"Als er starb, war ich fast ein bisschen erleichtert. Endlich hatte er es nach langem Kampf geschafft. Das Loch, in das ich fiel, tat sich erst später auf, als ich begriff, dass ich jetzt viele Jahre ganz alleine leben würde. Das ist nach wie vor hart. Getröstet haben mich meine Enkel und später die Urenkel. Es tut gut, mal von jemandem umarmt zu werden. Das ist so wichtig, auch für eine alte Schachtel wie mich."

Beate Großmann, verlor ihren damals 17-jährigen Sohn durch Krebs. Sie hat ein Buch über Trauer geschrieben: Weiterl(i)eben.

"Heute kann ich es anders nachvollziehen, warum Menschen mit trauernden Eltern so unbeholfen sind. Ich verstehe die Überforderung mit der Situation, damals hat mich der oft wenig einfühlsame Umgang unfassbar getroffen. Viele sind mir ganz aus dem Weg gegangen, andere waren völlig distanzlos und haben über meine Art oder die Dauer der Trauer geurteilt. Einmal fragte mich eine Verkäuferin im Supermarkt, ob ich etwa immer noch trauere. Ich sagte: "Ja, das tue ich. Denn mein Kind ist immer noch tot." Da war sie ganz erschrocken. Heute weiß ich: Sie meinte das nicht so. Aber es wäre besser gewesen, bei der Wahrheit zu bleiben. Und die ist ja, dass einem in einer solchen Situation die Worte fehlen. Diese Form der Ehrlichkeit hat mir immer gut getan."

Buch: Weiterl(i)eben – Mit der Trauer im Herzen weiterleben und weiterlieben

Cathrin, 40, verlor eine ihrer besten Freundin vor fünf Jahren, weil sie sich das Leben nahm

"Mir hat geholfen, wenn Menschen mit mir über meine Freundin gesprochen haben oder gefragt haben, wie es mir geht. Wenn sie nicht so getan haben, als hätte es sie nie gegeben oder als hätte sie etwas Furchtbares gemacht, sondern wenn sie versucht haben zu verstehen, was passiert ist. Bis heute spreche ich oft und gerne über Ela, das hilft mir, sie nicht zu vergessen.“

Sabine, 48, überlebte vor zehn Jahren als Einzige den Autounfall, der ihr ihren Mann und ihre beiden Kinder nahm

"Es muss einen Grund gegeben haben, weshalb ich fast unverletzt aus dem Autowrack gestiegen bin, in dem meine Familie starb. Ich weiß nicht, welche Mission ich hier noch zu erfüllen habe, aber ich weiß, es gibt sie. Deshalb habe ich akzeptiert, dass ich weiterleben muss. Es hilft mir noch immer, wenn Menschen das "wie" akzeptieren. Das ist nicht selbstverständlich. Ich höre die Leute tuscheln, wenn ich lache. Ich höre die Leute tuscheln, wenn ich weine. Dem einen bin ich zu fröhlich, dem anderen zu depressiv. Ein wertfreier Umgang mit meiner ganz eigenen Art zu trauern würde mir dabei helfen, wieder zu mir zu finden."

Lea, 13 Jahre alt, verlor ihre Freundin vor sechs Jahren

"Ich war erst 7 Jahre alt, als meine Freundin Maya starb, das hat mir Angst gemacht. Noch immer liege ich abends oft lange wach und denke darüber nach, dass man auch früh sterben kann. Es hilft mir, wenn ich darüber reden darf und mich niemand auslacht dafür. Als meine Mutter mir ehrlich gesagt hat, dass sie auch Angst hat vor dem Sterben, war das gut. Weil ich mich da nicht mehr kindisch gefühlt habe. Wir sind dann zusammen in die Kirche gegangen und haben uns erzählt, wie wir uns den Himmel vorstellen. Immer, wenn ich Angst habe oder Maya vermisse, denke ich daran, dass sie dort, wo sie ist, ganz sicher den ganzen Tag reitet. Daran zu glauben, tut gut."

Barbara

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