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Introversion im Job Warum Introvertierte bessere Führungskräfte sind

Intrvoertierte Frau mit Handy
© contrastwerkstatt / Adobe Stock
Weit verbreitet ist der Irrglaube, dass extrovertierte Menschen die besten Führungskräfte sind. Dass aber eher das Gegenteil der Fall sein könnte, haben verschiedene Studien belegt.

Was bedeutet introvertiert?

Zuallererst sollten wir klären, was introvertiert sein überhaupt bedeutet. Viele denken bei dem Begriff vielleicht an mürrische Einsiedler, die kein Interesse am Leben anderer haben und möglichst nicht mit ihrem Umfeld interagieren. Das ist aber falsch. Introvertierte Menschen sind selten Misanthropen. Ganz im Gegenteil. Sie lieben Menschen. Aber echte Menschen sind eben schwierig für sie. Vielleicht sind sie zu schüchtern, um auf andere zuzugehen oder sie ziehen eben sehr viel Energie daraus, allein zu sein. Doch sind damit jegliche Berufe für sie gestrichen, die mit anderen Menschen zu tun haben? Nein, sagt die Wissenschaft. 

Introversion in der Karriere

Ein Drittel bis die Hälfte der Menschen sind introvertiert. Doch wenn es um unser Berufsleben geht, bekommen wir trotzdem die Botschaft, dass wir aufgeschlossen und ungehemmt zu sein haben. Es herrscht die Auffassung, Führungskräfte müssten extrovertiert und kontaktfreudig sein. Die Forschung jedoch widerspricht dieser Vorstellung. Eine Studie hat ergeben, dass nicht die Extraversion, sondern die Kommunikation der wichtigste Faktor für die Leistung von Führungskräften ist. Heruntergebrochen geht es also nicht darum, wie laut wir schreien, sondern wie gut wir zuhören und mit anderen auf Augenhöhe interagieren.

Während Extrovertierte den Dingen eher ihren eigenen Stempel aufdrücken, können Introvertierte bessere Ergebnisse erzielen, weil sie ihren Mitarbeiter:innen viel eher die Freiheit geben, neue, vielfältige Ideen umzusetzen. Das ist jedoch keine Einteilung in gut und schlecht. Introvertierte und Extrovertierte brauchen einander. Mehr noch: Die Welt braucht uns beide. Und wir müssen weder das eine noch das andere sein. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Drang, die Welt zu verbessern, Introvertierte auch manchmal dazu zwingt, sich situationsbedingte wie Extrovertierte zu verhalten. Das erfordert jedoch Mut und ist für Betroffene alles andere als bequem. Extrovertierte bekommen hingegen seltener gespiegelt, dass sie sich verändern müssten, um ihre Ziele zu erreichen. Immerhin: Eine Studie hat gezeigt, dass mindestens 40 Prozent der heutigen Führungskräfte introvertiert sind. Dafür gibt es gute Gründe. 

6 Gründe, warum Introvertierte die besseren Führungskräfte sind

1. Introvertierte Menschen sind gute Zuhörer

Introvertierte Führungskräfte hören gerne zuerst zu und schenken den Worten ihrer Teammitglieder ihre volle Aufmerksamkeit, bevor sie antworten. Auf diese Weise ist es einfacher, engere Beziehungen zu den Angestellten aufzubauen, weil man ihre Bedürfnisse besser versteht. Aktives Zuhören, das auf einer positiven Einstellung beruht, ermöglicht es auch, gemeinsam und schneller Lösungen zu finden, als dies bei einer kämpferischen oder negativen Einstellung der Fall wäre. 

2. Introvertierte Führungskräfte zeigen Akzeptanz

Introvertierte Führungskräfte nehmen die Person als Ganzes wahr und erkennen ihre Individualität. Sie sind eher bereit, diese Unterschiede zu akzeptieren und mit den Menschen zusammenzuarbeiten, als zu fordern, wie sie die Arbeit am liebsten erledigt haben würden. Sie sind in der Lage, jemanden zu verstehen und ihm das Gefühl zu vermitteln, dass er oder sie ein Teil des Teams ist. Das bedeutet nicht, dass es keine Meinungsverschiedenheiten mehr gibt. Es bedeutet aber, dass die Meinungsverschiedenheiten produktiver sind, weil man sich untereinander besser versteht. 

3. Introvertierte Führungskräfte stellen andere an die erste Stelle

Es macht introvertierten Führungskräften nichts aus, wenn andere Menschen in ihrem Team im Rampenlicht stehen. Sie neigen sogar eher dazu, das Rampenlicht auf andere zu richten. Sie fühlen sich wohler, wenn andere im Team als die Stars angesehen werden. Infolgedessen fühlen sich diejenigen, die als Stars angesehen werden, mehr geschätzt und sind motivierter. Das gilt insbesondere dann, wenn viele im Team extrovertiert sind.

4. Introvertierte sind bescheiden

Bescheidenheit ist keine Eigenschaft, die man bei vielen Führungskräften findet. Aber es ist die Eigenschaft, die Introvertierte ruhig und selbstbewusst macht. Bescheidenheit ermöglicht es Introvertierten, im Beruf und im Leben erfolgreich zu sein, weil sie sich Fehler eingestehen und Grenzen akzeptieren können. 

5. Sie treffen ihre Entscheidungen mit Gewissheit

Introvertierte ziehen keine voreiligen Schlüsse. Sie treffen Entscheidungen nicht übereilt, sondern lassen sich Zeit. Sie denken gründlich über eine Idee nach und wägen jede Option und jeden Aspekt ab, bevor sie handeln. 

6. Introvertierte knüpfen Beziehungen

Extrovertierte Menschen sind dafür bekannt, dass sie gesellig sind und schnell mit jedem in einem Konferenzraum in Kontakt treten. Introvertierte werden fälschlicherweise als unnahbar und unfähig, persönliche Kontakte zu knüpfen, eingeschätzt. Das ist jedoch nicht wahr. Es fällt ihnen nur nicht so leicht, eine Beziehung aufzubauen. Stattdessen konzentrieren sie sich auf Qualität und Produktivität, was den Prozess des Knüpfens von Beziehungen langsam, aber sinnvoll macht. Introvertierte brauchen Zeit, um sich jemandem zu öffnen. Sobald sie es aber tun, bauen sie tiefe Beziehungen auf, die sich immer persönlich und beruflich lohnen. 

Fazit

Da die Belegschaft in Unternehmen immer vielfältiger und integrativer wird, ist es für Unternehmen wichtig, die einzigartigen Stärken introvertierter Führungskräfte zu erkennen und zu nutzen. Sicher ist nicht jede introvertierte Person die perfekte Führungskraft, genausowenig wie alle extrovertierten Personen ein Unternehmen oder eine Abteilung gut führen können. Der Schlüssel liegt vermutlich darin, introvertierte Menschen nicht gegen ihren Willen in den Mittelpunkt zu rücken und Extrovertierten nicht blind die Bühne zu überlassen, bloß, weil es unsere konventionelle Vorstellung von Führung so verlangt. Dieses idealisierte Konstrukt, das alle über einen Kamm schert, führt in Wirklichkeit zu schlechteren Führungskräften, denn es ist anstrengend, etwas sein zu müssen, was man gar nicht ist. Für Introvertierte und auch für Extrovertierte.

Verwendete Quellen: forbes.com, hbr.org

Brigitte

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