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Bed Rotting Tun wir uns mit diesem TikTok-Trend wirklich einen Gefallen?

Bed-Rotting: Junge Frau sitzt im Pyjama im Bett und betreibt Skincare
© (JLco) Julia Amaral / Adobe Stock
Ein weiterer TikTok-Trend macht die Runde. Diesmal sollen wir einfach im Bett liegen bleiben und von dort aus Selfcare betreiben. Ist Bed Rotting gesund?

TikTok bietet regelmäßig Hacks, die unser Leben erleichtern sollen. Vor allem aber kursieren immer wieder Trends durch die Video-App, welche unter dem großen Kosmos "Selfcare" verordnet sind. Achtsamkeitsübungen, Guah-Sha-Steine, Jade-Roller oder eine aufwendige Skincare-Routine – all das soll uns den Druck des Alltags nehmen. Aber tut es das wirklich? Können wir dank Meditationsübungen Probleme einfach wegatmen? Lassen sich mithilfe von Fruchtsäurepeelings nicht nur abgestorbene Hautschüppchen, sondern auch der Alltagsdruck entfernen?

Darüber lässt sich streiten. Sicher kann es nicht verkehrt sein, sich Zeit für den eigenen Körper zu nehmen. Aber auf Zwang nach acht Stunden Lohnarbeit und zusätzlicher Care-Arbeit den Kalender mit Yogakursen, Sound-Baths und – natürlich – der Pflege sozialer Kontakte zu füllen, klingt weniger nach Selfcare und mehr nach Burnout.

Der TikTok-Trend Bed Rotting setzt ebenfalls auf Selbstfürsorge, allerdings mit einer anderen Herangehensweise. Er verordnet Bettruhe. Kann das gut sein?

Was ist Bed Rotting?

Beim Bed Rotting geht es darum, längere Zeit im Bett zu bleiben – nicht um zu schlafen, sondern um zu snacken, Serien zu schauen oder zu lesen. Insbesondere bei der Generation Z findet der Trend Anklang, da sie sich durch Arbeit, Schule, familiäre Anforderungen und soziales Engagement ausgebrannt fühlt. Auf TikTok hat der Begriff mittlerweile mehr als 130 Millionen Aufrufe. Was sagen Expert:innen zu diesem Trend? Kann es gut sein, sich für eine Weile ins Bett zurückzuziehen?

Bed Rotting: Selbstfürsorge oder Selbstzerstörung?

Expert:innen sind sich einig, dass Selbstfürsorge wichtig ist, um Stress zu bewältigen und Energie zu tanken. Aber ist es auch gesund, den ganzen Tag im Bett zu bleiben? Bevor wir diese Frage klären, werfen wir einen Blick aufs große Ganze. Bed Rotting ist nicht nur Selbstfürsorge, sondern auch Gesellschaftskritik. Es ist eine Art Ablehnung der Produktivitätskultur. Unsere Gesellschaft neigt dazu, zu viel Wert daraufzulegen und in gewisser Weise zu verherrlichen, ständig beschäftigt oder produktiv zu sein.

Das kann dazu führen, dass wir uns ausgebrannt fühlen und keine Zeit haben, uns auszuruhen oder neue Energie zu tanken, ohne dass wir uns als faul bezeichnen. Beim Bed Rotting geht es darum, sich selbst zu erlauben, weniger zu tun und sich zu versichern, dass dies okay ist. Tatsächlich kann es nicht verkehrt sein, im Bett zu faulenzen. Es ist sogar medizinisch als Mittel zur Entspannung anerkannt. Jedoch spielen die Dauer und Aktivitäten eine Rolle, wenn es um Bed Rotting geht.

Wann wird Bed Rotting gefährlich?

Während Bed Rotting bei manchen Menschen kurzfristig einen Erfolg versprechen kann, könnte sie bei anderen Personen besorgniserregend werden. Zum Beispiel, wenn man länger als ein oder zwei Tage im Bett bleibt. Wird das Bed Rotting zur Gewohnheit, kann es ein Anzeichen für Depressionen oder andere psychische Probleme sein. Hier weitere negative Aspekte des Bed Rottings auf einen Blick:

  • Wenn man zu viel Zeit im Bett verbringt, bleibt auch weniger Zeit, die man sinnvoll mit Freund:innen oder geliebten Menschen nutzen könnte. Und wenn man zu lange keine Aufgaben erledigt oder weder zur Schule, noch zur Arbeit geht, kann man sich dadurch noch gestresster fühlen. Stichwort Prokrastination.
  • Neben der Dauer des Bed Rottings hat auch das, was man im Bett tut, Auswirkungen auf das Wohlbefinden. So kann es problematisch werden, wenn wir den Großteil der Zeit im Bett mit der Nutzung sozialer Medien verbringen.
  • Es ist für Menschen am besten, das Bett oder Schlafzimmer nur als Ort des Schlafs zu nutzen. Wenn wir unser Gehirn darauf trainieren, unser Bett ausschließlich mit Schlaf zu assoziieren, dann ruhen wir nachts automatisch besser. Faulenzen wir auch tagsüber im Bett, assoziiert das Gehirn unser Bett möglicherweise mit anderen Dingen, was zu Schlafstörungen führen kann.
  • Menschen, die klinische Depressionen oder Angstzuständen haben, finden Bed Rotting vielleicht anziehend. Doch das Faulenzen im Bett wird die Symptome wie Antriebslosigkeit nicht verbessern, stattdessen kann es sein, dass Bed Rotting einen Kreislauf aus Depression oder Angst auslöst. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, braucht unser Körper Aktivität und Motivation.

Wie kann man auf gesunde Weise Bed Rotting betreiben?

Sicher kann es niemals falsch sein, einen Tag zu faulenzen. Wir sollten es sogar dringend tun! Unser Alltag verlangt so viel von uns ab, dass Pausen überlebensnotwendig sind. Doch es gibt ein paar Regeln für diese Art der Selbstfürsorge, damit sie uns auch wirklich das gibt, was wir benötigen. Hier ein paar Tipps:

  • Fülle deine Ruhezeit mit bewährten Wohlfühl-Aktivitäten wie Lesen, Meditieren, Tagebuchschreiben oder sanftem Yoga.
  • Verzichte auf dein Handy und andere Tätigkeiten, die deine Angst oder Unzufriedenheit stärken könnten.
  • Setze dir Zeitlimits für deine Auszeit.

Sei dir darüber im Klaren, dass Bed Rotting zwar vorübergehend Erleichterung verschaffen kann, aber nicht zu einem regelmäßigen Verhaltensmuster oder einer täglichen Gewohnheit werden sollte. Insbesondere wenn du unter Antriebslosigkeit oder chronischer Erschöpfung leidest, ist es ratsam, dir ärztlichen Rat einzuholen.

Verwendete Quellen: TikTok, sciencedirect.com

Informationen zu Hilfsangeboten

Erkennen Sie bei sich Anzeichen einer Depression? Beim überregionalen Krisentelefon unter 0800 1110111 wird schnell und anonym geholfen! Weiterführende Informationen gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

Brigitte

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