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Neuanfang mit Anfang 40 Anwältin schmeißt hin und wird Künstlerin: "Ich wollte dort nicht bleiben"

Annika Juds: Pinsel liegt auf bunter Leinwand
© Pixeltheater / Adobe Stock
Eine Beamtenstelle auf Lebenszeit aufgeben, dann einen Top-Job kündigen, ohne was Neues zu haben: Annika Juds, 43, hat beides getan – und findet ihre Sicherheit heute ganz woanders.

Für viele Freunde und Kolleg:innen war das, was ich gemacht habe, ungewöhnlich und mutig. Denn in der Juristen-Bubble, in der ich vor vier Jahren steckte, kündigt man eigentlich nur, wenn man bereits eine neue und besser dotierte Stelle hat. Eine Karriere in einer internationalen Großkanzlei gab man nicht einfach so auf.

Es musste sich etwas ändern

Aber ich wollte dort nicht bleiben. Und gleichzeitig hatte ich keine Ahnung, wie’s weitergeht. Deshalb wollte ich mir eine Auszeit gönnen und nachdenken: Will ich weiter in einer großen oder lieber in einer kleineren Kanzlei arbeiten? In der Rechtsabteilung eines Unternehmens oder einer NGO? Doch dann kam alles anders.

Ich habe schon immer gerne gemalt, hatte aber nicht die Zeit dafür. Die Freude am Malen habe ich erst mit Mitte 30 in einem Mietatelier wiederentdeckt. Ich hatte von meinen damaligen Kolleg:innen einen Gutschein geschenkt bekommen. Vielleicht, weil sie wussten, dass es manchmal einen Impuls von außen braucht.

Mit Vollgas Richtung Kunst

In dem Atelier habe ich durch Zufall auch mein erstes Werk verkauft. Ich weiß noch, wie überrascht ich war, dass sich jemand für meine Kunst interessiert. Kurz vor meiner Kündigung fragte mich dann eine Freundin, ob ich ein paar Kunstwerke in einer Bar ausstellen will. Das Feedback war großartig, es folgten erste Aufträge und Verkäufe. Ich malte immer mehr – auch in der Auszeit.

Dann kam mir plötzlich dieser Gedanke: "Was wäre, wenn ich das mit Vollgas mache? Was spricht eigentlich dagegen, außer mein altes Schubladendenken, dass Kunst brotlos ist?"

Nach dem Abi hatte ich Verwaltungswissenschaften studiert und war von Tag eins an verbeamtet. Ich war ehrgeizig, wollte in den höheren Dienst. Deshalb studierte ich nebenberuflich noch Jura – und lernte da auch, freier zu denken. Mir wurde klar, dass die starre Verwaltung zu eng für mich ist. Also habe ich Mitte 2009 das Beamtenverhältnis aufgegeben. Das hatte es dort noch nie gegeben. Meine Kollegen fanden mich leichtsinnig. Mir war das egal, ich wollte mehr vom Leben.

Malen für mehr Mut

Und nun, in meiner Auszeit, war dieser Gedanke plötzlich wieder zurück. Ich erstellte einen Businessplan, suchte mir ein eigenes Atelier und belegte Kurse für Gründerinnen. Finanziell musste ich mir zum Glück erst mal keine Sorgen machen, ich hatte einiges angespart. "Kannst du denn davon leben?", fragen mich heute viele. Ja, mittlerweile sogar sehr gut!

Ich male starke Frauen für starke Frauen – "Female Empowerment Art" nenne ich das. Ich treffe immer wieder Frauen, die gerne mutiger wären und mich für meinen Schritt bewundern. Aber ich bin mir sicher: Die können das auch!

Dieser Gedanke hat mir geholfen:

Warte nicht auf DEN EINEN MOMENT. Bring einen kleinen Stein ins Rollen und schau, was Schönes daraus passieren kann und wird.

Protokoll: Claudia Minner Brigitte

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