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Altersunterschied in der Beziehung: Sie ist 23 Jahre älter – und er der Sohn ihrer Freundin

Altersunterschied in der Beziehung: Frau und Mann auf Parkbank
© mimagephotography / Shutterstock
Stefanie ist 43, ihr Liebhaber 20 – und der Sohn einer Freundin. Früher war sie mal seine Babysitterin. Werden sie diese Beziehung je öffentlich machen können?

Tabus begleiten uns seit Jahrtausenden. Aber wie fühlt es sich an, ein Tabu zu leben? In einer Mini-Serie erzählen wir die Geschichten von Menschen, die genau das tun. Hintergründe und Informationen zu diesem Thema findest du im Interview mit Tabu-Expertin Dr. Sabine Krajewski.

In heiteren Momenten denke ich, dass mein Liebesleben wie eine Episode aus "Verbotene Liebe" klingt. Oft aber schäme ich mich einfach. "Du bist der Wendler in weiblich", sage ich mir. "Du bist 43, im besten Alter für eine Midlife-Crisis, und hast eine Beziehung mit einem 20-jährigen Studenten." Einen richtig merkwürdigen Beigeschmack bekommt das Ganze aber, wenn man bedenkt, dass ich meinem Liebhaber früher das Fläschchen gegeben und Gutenachtlieder für ihn gesungen habe. Stefan ist der Sohn meiner Kindheitsfreundin Britta. Sie hat im Haus nebenan gewohnt, wir sind vom Kindergarten an beste Freundinnen gewesen. Als Britta mit 23 Jahren ungeplant schwanger wurde, war ich an ihrer Seite, und wann immer ich Zeit hatte, habe ich Stefan gehütet.

Ich habe meinem Liebhaber früher das Fläschchen gegeben..

Als ich mit 25 zum Studium nach München ging, riss die Verbindung leider ab. Britta arbeitete weiter in unserer Heimatstadt, sie hatte wenig Zeit zwischen Job und Kind. Mein Studentenleben sah völlig anders aus, irgendwann hatten wir keine Anknüpfungspunkte mehr und dann sehr lange gar keinen Kontakt. Das änderte sich erst wieder, als Britta vor einigen Jahren mit ihrem neuen Lebensgefährten und ihren zwei gemeinsamen kleinen Kindern ebenfalls nach München gezogen ist.

Die alte Nähe war schnell wieder da. Stefan war nicht mitgekommen, sondern in unserer alten Heimat im Internat geblieben, um dort die Oberstufe abzuschließen. Ich habe Stefan das erste Mal bei Brittas Hochzeit vor zwei Jahren wiedergesehen. Da saß ich, unverheiratet und kinderlos, mit am Familientisch und Stefan war mein Tischherr. Außer uns beiden waren an dem Abend nur Paare eingeladen. Das fühlte sich erst merkwürdig an, aber dann hatte ich wegen Stefan einen ganz fantastischen Abend! Ich finde Menschen in meinem Alter oft spaßbefreit. Stefan und ich haben den ganzen Abend getanzt und gelacht. Ich habe gemerkt, dass ich ihm gefalle, das aber nicht als Flirt wahrgenommen.

Eine Woche später haben wir dann miteinander geschlafen.

Ein 18-Jähriger interessiert sich doch nicht für die Freundin seiner Mutter! Als ich aber dann am nächsten Tag eine Freundschaftsanfrage auf Facebook von ihm hatte, hatte ich doch plötzlich Herzklopfen. Wir haben dann erst mal zwei Monate nur gechattet. Wir haben uns über Gott und die Welt unterhalten: Lieblingsmusik, Bücher, Filme, Sport, Politik. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie Männer in Stefans Alter so ticken, aber in unseren Unterhaltungen hatte ich nicht das Gefühl, viel älter zu sein. Als er zwei Monate nach unserer ersten Begegnung zum Studium nach München kam, haben wir uns sofort zum Kaffee verabredet. Eine Woche später haben wir miteinander geschlafen. Die Initiative ging von Stefan aus, er ist nicht schüchtern oder unerfahren.

Er wollte sich mit mir zeigen können.

Ich war von Anfang an richtig verliebt in ihn. Gleichzeitig hatte ich ein ganz schlechtes Gefühl. Was wird Britta sagen? Ist das nicht so, als würdest du mit einem Neffen ins Bett gehen? Das geht doch nicht! Stefan und ich sind jetzt seit knapp zwei Jahren ein Paar, aber das halten wir so gut es geht geheim. Ich wusste schnell, dass das für mich keine Affäre ist. Bei ihm war ich mir nicht sicher, ob er nicht einfach nur die Erfahrung mit einer älteren Frau mitnehmen möchte. Aber er ist derjenige, der immer wieder davon spricht, dass wir endlich auch öffentlich ein Paar sein sollen. Er sagt, ich sei die Frau, die er sich erträumt hätte. Er wolle sich mit mir zeigen können.

Zurzeit treffen wir uns nie in der Öffentlichkeit, nur wenn wir in eine andere Stadt verreist sind. Und wenn wir beide bei Britta eingeladen sind, sagt immer einer von uns mit einer Ausrede ab, um komische Situationen zu vermeiden. Das ist wirklich nicht einfach. Wenn wir uns outen würden, wäre das unwürdige Versteckspiel vorbei.

Ich glaube, sie fand die Vorstellung eklig.

Manchmal spiele ich das Szenario durch: Ich erzähle Britta zunächst, dass ich einen viel jüngeren Freund habe und gucke dann, wie sie reagiert. Im nächsten Schritt erzähle ich ihr, dass der jüngere Mann ihr Sohn ist. Ich habe das so an meiner jüngsten Schwester getestet, dem einzigen Menschen, dem ich von dieser Beziehung erzählt habe: Gegen den Altersunterschied hatte sie nichts. Als ich ihr aber erzählt habe, um wen es geht, war sie erkennbar entgeistert. Ich glaube, sie fand die Vorstellung eklig. Ich befürchte, dass die meisten Menschen kein Verständnis hätten. Meine Eltern fänden das mehr als befremdlich. Und ich sorge mich sehr, dass Britta mich verachten würde.

Weitere Hintergründe und Informationen findest du im Interview mit Tabu-Expertin Dr. Sabine Krajewski.

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BRIGITTE 11/2020

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