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Alleinsein für Anfänger

Auszeiten zu nehmen oder gar allein zu leben, bedeutet zwangsläufig, sich intensiver
mit sich selbst auseinanderzusetzen. Elke Menzel, systemische Therapeutin, gibt Tipps für
den besseren Umgang mit dem eigenen Ich.

1. Sich bedingungslos lieben

Kann ich das überhaupt? Eine Frage, die die meisten Menschen für sich verneinen. Weil sie von Kindheit auf gelernt haben: Geliebt werde ich, wenn ich bestimmten Erwartungen entspreche. Etwa: Wenn ich mich um andere kümmere, wenn ich meine Wünsche zurückhalte oder wenn ich Leistung zeige. Deshalb helfen auch oberflächliche Ratschläge wie "Geh mal zur Massage, ins Spa, tu dir was Gutes" oft nicht wirklich weiter. Denn wer im tiefsten Inneren unsicher ist, ob er es überhaupt verdient hat, der kann Wohltuendes auch nur schwer annehmen.

2. Sich selbst nah kommen

Stelle dir dich selbst als kleines Mädchen vor, unbeschwert beim Spielen im Kinderzimmer. Was hat dieses kleine Mädchen gedacht, wie haben seine Träume ausgesehen, und wo hat es sich seither angepasst? Unsere Kindheit verrät viel über den heilen Kern unserer Persönlichkeit. Stelle dem kleinen Mädchen Fragen: Auf was hättest du jetzt Lust, was macht dir am meisten Spaß?
Wer es schafft, sich selbst eine gute Mutter zu sein, ist eher mit sich im Reinen und braucht weniger äußere Bestätigung. Hilfreich dabei: ein Wert­schätzungstagebuch, in das du täglich einträgst, was dir gut gelungen ist.

3. Negative Gefühle sind ein guter Kompass

Wir sind Menschen, wir sind nicht perfekt. Wir sind neidisch, eifersüchtig, ängstlich, gehässig. Und diese Stimmen werden oft besonders laut, wenn wir mit uns allein sind. Aber auch sie verdienen es, gehört zu werden, denn sie können uns weiterbringen. Frage dich zum Beispiel: "Warum musste ich lernen, eifersüchtig zu sein? Was für einen Nutzen hatte dieses Gefühl in meinem Leben?" Oft kommen wir so auf die Spur alter Kindheitsverletzungen. Schaue dir an, in welchen Punkten du dich mit anderen vergleichst: Ist es Geld, ist es der Körper, ist es die Partnerschaft? Negative Gefühle sind ein guter Kompass, der uns zeigt, an welchen Stellen es uns an Selbstliebe fehlt.

4. Frieden schließen mit der Vergangenheit

Selbstliebe setzt voraus, dass wir mit einer unperfekten Vergangenheit abschließen. Egal ob Eltern, Ex­-Partner etc. - wichtig ist es, verzeihen zu können: Ihr habt mir gegeben, was ihr konntet, jetzt bin ich für mein Leben verantwortlich. Letzter Schritt: Schreibe zehn Dinge auf, für die du im Leben dankbar bist. Dieses Bewusstsein ist ein guter Proviant auf der Reise mit sich und zu sich selbst.

Elke Menzel ist Coach und Geschäftsführerin beim Kursanbieter Hoffmann Institut. 

BRIGITTE 5 / 2018

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