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Achtsam kommunizieren: Verstehen und verstanden werden

Achtsam kommunizieren: Paar am Strand
© Antonio Guillem / Shutterstock
Achtsame Kommunikation bedeutet: echter Austausch. Ohne Wertung oder vorschnelle Schlüsse, dafür mit Empathie. Wer achtsam kommuniziert, ist präsent - und zugleich im Kontakt mit sich selbst und seinem Gegenüber.

Sich selbst zuhören

Wenn wir ein Gefühl dafür haben, was in uns selbst vorgeht, ist gute Kommunikation mit anderen viel leichter.

1. Eine Minute Ich

Gewöhne dir an, vor jedem wichtigen Gespräch eine Minute lang innezuhalten: Wie geht es meinem Körper? Was geht in meinem Kopf vor? Habe ich ein Bedürfnis, das gestillt werden will? Anerkennung? Orientierung? Vielleicht aber etwas ganz anderes, wie z. B. Hunger? Was davon gehört in die kommende Gesprächssituation? Was möchtest du vorher loslassen oder bedienen? Komme ganz bei dir an, bevor du auf den anderen zugehst. 

Effekt: Klarheit im Gespräch – auch auf nonverbaler Ebene. 

2. Botschaft an mich selbst

Sprich dir selbst ein paar lobende Sätze als Nachricht aufs Handy. Sage einfach, was du an dir magst, was gerade richtig gut läuft in deinem Leben. Höre dir diese Botschaft immer wieder an - vor allem, wenn du gerade mal wieder in Ärger und Enttäuschung zu versinken drohst. 

Effekt: Sich selbst wertzuschätzen macht innerlich stark. 

3. Bedürfnis statt Vorwurf

Es ist ein großer Unterschied, ob ich sage: "Du bist total egozentrisch, immer redest du nur von dir!" oder aber "Ich habe das Gefühl, du interessierst dich nicht für mich, wenn du mich ständig unterbrichst." Achte darauf, welche Gefühle und Bedürfnisse hinter deinen Vorwürfen oder Forderungen an andere stecken. Das kannst du zu Beginn ganz still für dich tun. Aber vielleicht traust du dich nach ein paar Tagen auch, zu anderen offener über deine Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen. 

Effekt: Wir spüren selbst viel deutlicher, worum es uns geht - und andere entwickeln in der Regel Mitgefühl statt Abwehr.

Dem anderen zuhören

Wie wohltuend ist es, wenn jemand Anteil nimmt, einen ausreden lässt - und mit Kopf UND Herz dabei ist! Sei dieser Jemand.

1. Zuhören üben

Wähle ein Musikstück, das du noch nie zuvor gehört hast. Schließe die Augen und höre einfach hin. Erwarte nichts, beurteile nichts. Bleibe die gesamte Länge des Stückes einfach mit deiner Aufmerksamkeit dabei. Wie fühlt sich das an? Was erlebest du gerade? 

Effekt: Fast automatisch vermischen wir das, was wir hören, mit unseren Erfahrungen und vorgefassten Meinungen. Das geht uns auch in Gesprächen so. Die Musikübung trainiert die Fähigkeit, bewusst zuzuhören. 

2. Eine Minute Du

Übe dich im nächsten Gespräch mit einer Freundin oder einem Kollegen für eine Minute im achtsamen Zuhören. Das heißt: Schweife nicht in Gedanken ab, bewerte das Gesagte nicht, korrigiere und debattiere innerlich und äußerlich nicht. Höre einfach aufmerksam zu. Lasse dich überraschen. 

Für Fortgeschrittene: Sage deinem Gegenüber, dass du das achtsame Zuhören übst. Höre zu - und erzähle danach deinem Gesprächspartner, was du verstanden hast. Er darf sagen, ob er sich wirklich verstanden fühlte. 

Effekt: Du wirst dein Gegenüber anders wahrnehmen als zuvor. Interessanter, näher.

3. Meine Überzeugung! Wirklich?

Nehme dir ein Thema vor, zu dem du eine sehr klare Haltung hast: Für Bio-Lebensmittel, gegen Atomkraft oder mehr Parkplätze in der Stadt. Tue nun einige Minuten lang so, als ob du das genaue Gegenteil deiner Überzeugung glauben würdest. Bio? Völlig überflüssig! Atomkraft? Genial und sauber! ... Es ist erstaunlich: Man wird Argumente für die gegenteilige Haltung finden. Deshalb lernt man in dieser Übung viel über andere Menschen und was sie bewegt. 

Effekt: Du übst, dich in die Gedanken anderer mehr einzufühlen. Und sie besser zu verstehen.

Von Herzen sprechen

Wenn wir verstanden werden wollen, sollten wir uns ehrlich zeigen.

1. Ich-Botschaften

Fange mit einer Stunde pro Tag an: Äußere all deine Gefühle, Gedanken und Wünsche ausschließlich in Ich-Botschaften. Statt "Man müsste mal den Urlaub genauer planen", sage ehrlich: "Ich möchte, dass du dich um Ausflugsideen für unsere Urlaubstage kümmerst." Überwinde dich - es ist leichter als gedacht! 

Effekt: "Ich" macht uns sichtbar. Viel zu oft verstecken wir uns hinter "man". 

2. Schweigen statt Lügen

Statt Unwahrheiten zu sagen, sollten wir lieber gar nichts sagen, rät Zen-Mönch Thich Nhat Hanh. Denn Lüge und Schwindelei verursachen letztlich bei allen Beteiligten nur Leid. Sobald du also etwas sagen möchtest, was nicht der Wahrheit entspricht oder was du ein bisschen verdrehen würdest, weil du mit deiner Meinung hinterm Berg halten willst, sage beim nächsten Mal: nichts. Wie geht es dir damit? 

Effekt: Unsere Gespräche werden tiefer, ehrlicher - und vermutlich auch etwas weniger. 

3. Mit dem Herzen zuhören

Bitte eine Freundin oder Ihren Partner zu einem kleinen Experiment: Ihr sitzt euch gegenüber. Dann berichte von einer Situation, die dich gekränkt hat - aber nutze statt Worten nur Laute und Gesten. Wenn du fertig bist, sagt dir dein Gegenüber, welche Botschaften bei ihm angekommen sind. Dann bitte deinen Partner, noch einmal zuzuhören. Doch diesmal soll er vor allem mit seinem Herzen, seinem Gefühl und Mitgefühl zuhören - und seinen Verstand abschalten. Danach darf er wieder rückmelden, was er verstanden hat. 

Effekt: Es kann sehr gut sein, dass du dich sehr viel tiefer verstanden fühlst, wenn dein Gegenüber dir mit dem Herzen zuhört.

Brigitte Extra Achtsamkeit 16/2018

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