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"Ich will zur Ruhe kommen"

Heike Jansen ist 40 Jahre alt, berufstätig und allein erziehend. Sie hat Energie für zwei. Was ihr fehlt ist Entspannung. Ihr Körper reagiert mit Kopf- und Rückenschmerzen. Ihr größtes Bedürfnis: "Ich will zur Ruhe kommen"

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Das ist Heike Jansen, 40, aus Hamburg, allein erziehende Mutter der neunjährigen Paula mit 30-Stunden-Job. Heike stellt große Anforderungen an sich selbst: Familie, Freunde, Sport - alles wird in den Zeitplan gepresst. Bei Paulas Erziehung stößt sie oft an ihre Grenzen. Trotz völliger Erschöpfung kann sie kaum abschalten. Ihr größtes Bedürfnis: "Ich will zur Ruhe kommen"

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Heike hat Energie für zwei. Sie findet neben Kind und Schichtarbeit, die der Job als TV-Nachrichtenredakteurin einfach fordert, sogar Zeit für Freunde und zum Joggen. Doch so schön das ist: Doppelbelastung und eigene Bedürfnisse bergen eine Menge Konflikte. Allein das Wissen darum kann schon entstressend wirken. Auch privat ist Heike viel in Aktion. Das verhindert das so notwendige Loslassen. Heikes Körper signalisiert durch Kopf- und Rückenschmerzen: Sie braucht Entspannung. Heike muss umdenken - auch Zeiten der Stille oder Ruhe sind wertvoll. Eine einfache Übung zur Stärkung der inneren Gelassenheit ist das "Innere Lächeln". So geht's: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich ein herzliches Lächeln vor. Wenn Sie einatmen, fließt dieses Lächeln durch den Punkt zwischen Ihren Augenbrauen in Sie hinein. Während des Ausatmens lenken Sie das Lächeln gedanklich in verschiedene Körperregionen. Hört sich etwas albern an - aber funktioniert!

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Heike und ihre Tochter haben ein inniges Verhältnis, sind ein eingespieltes Team. Das ist eine große Stärke. Aber: Heike verliert oft die Nerven, wenn Paula absichtlich nicht hört. Das belastet Mutter und Tochter. Hier setzt Triple P an - ein "Positives Erziehungsprogramm". Grundpfeiler sind konsequentes Handeln, richtiges Loben und Grenzen setzen in einer guten, anregenden Atmosphäre. Nehmen wir den Morgen: Paula liest lieber, anstatt sich anzuziehen. Helfen kann hier ein "Aufsteh-Anzieh-Frühstück-und-los-Plan". Er legt fest, wer wann wofür verantwortlich ist. Macht Paula ihre Sache besonders gut, kann sie sich Sticker zum Erfüllen von Wünschen verdienen. Positive Signale werden durch konkretes Lob gesetzt wie: "Super, Paula, dass du schon angezogen bist, da können wir in Ruhe frühstücken!" Für Anweisungen gilt: Nur Notwendiges erwähnen. Sonst hört Paula gar nicht mehr richtig hin. Und: Konsequent sein! Heike sagt alles fünfmal, bis Paula reagiert. Und Paula lernt: "Ich muss erst gehorchen, wenn Mama laut wird." Heike wird Erfolg haben, wenn sie Anweisungen eindeutig gibt und nur einmal wiederholt. Reagiert Paula nicht, folgt eine logische Konsequenz. Die soll angemessen sein und für Paula nachvollziehbar - zum Beispiel im Honig rummatschen heißt: kein Honig aufs Brot. Auch hier: Freundlich bleiben. Honigglas in den Schrank, fertig. Keine langen Vorwürfe und Erklärungen. Heike und Paula werden sehr bald merken: Der Familienfrieden stellt sich leichter ein, wenn jeder ein paar Regeln einhält.

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Heikes Tag steckt voller Termine und Spontaneität. Dadurch steht sie auch nachts noch unter Hochspannung. Sie schläft schlecht und ist morgens wie gerädert. Deshalb: Aktivitäten reduzieren - Regelmäßigkeit muss ins Leben. Die Zauberformel: Planen und schriftlich festhalten, was wann zu erledigen ist. Und: Möglichst nicht mehr machen als notiert - das beruhigt schon etwas. Tipps für den Abend: Am besten früh essen, so zwischen 18 und 19 Uhr, um die gleiche Zeit ins Bett gehen, möglichst dunkel schlafen. Und: Cool bleiben. Es ist ganz normal, nachts bis zu 28-mal, meist unbewusst, aufzuwachen. Erst wenn sich auch nachts das "Gedankenkarussell" dreht, wird Heike richtig wach. Schnelle Hilfe bringt dann, die Gedanken aufzuschreiben und einzelne Muskelpartien nacheinander anzuspannen und zu entspannen. Beides befreit den Kopf. Und bei Unruhe sollte Heike aufstehen, duschen, lesen oder ruhige, entspannte Musik hören, bis die Müdigkeit kommt.

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Heike braucht Zeit zum Durchatmen - sie spürt selbst: Ihr Leben hetzt atemlos dahin. Es gibt leichte und entspannende Übungen, die das freie Atmen spielerisch üben. So kann Heike morgens das "Körper-Dehnen" ausprobieren: Der Körper räkelt sich nach allen Seiten, genüsslich wie eine Katze. Wichtig: Den Atem fließen lassen, nicht anhalten. Falls dies ein Gähnen hervorruft, wunderbar! Gähnen bewirkt einen natürlichen Spannungsausgleich im Körper. Ist Heike innerlich unruhig, hilft die Übung "Mitte erspüren". Dabei wird eine Hand flach auf den Bauch gelegt und der Atem und die eigene Wärme körperlich wahrgenommen. Heike wird merken: Sie fühlt sich geborgen und kann abschalten.

* Mehr Infos zum "Positive Parenting Program, Triple P" unter www.triplep.de

... und das hat's gebracht:

Nach einer Woche Es hat mich riesig gefreut zu hören, dass nicht ich allein für den Stress verantwortlich bin, sondern viel Konfliktstoff in der Doppelrolle liegt. Klasse ist das "innere Lächeln". Wenn ich angespannt bin, hilft das wirklich. Ich denke oft daran und werde dann richtig fröhlich und gelassen. Mit Paula habe ich bereits den "Aufsteh-Anzieh-Frühstück-und-los-Plan" gebastelt. Der funktioniert allerdings nur mäßig, sie trödelt weiter. Anstatt aber viel zu schimpfen schaffe ich es jetzt gut, Paula öfter zu loben und zu belohnen. Sie hat sich schon einige Sticker verdient. Außerdem gebe ich Paula nur noch wirklich notwendige Anweisungen. Insgesamt finde ich die Erziehungstipps alle sehr hilfreich. Wirklich klasse. Die Schlaftipps haben mir leider noch nichts gebracht. Ich hab abends eher gegessen und bin früh ins Bett gegangen. Trotzdem hatte ich noch Schlafstörungen. Wohltuend ist aber, mich nach dem Aufwachen ausgiebig zu räkeln. Auch tagsüber alles sacken zu lassen, bewusst in den Bauch zu atmen, beruhigt. Ich achte darauf, lockerer zu sein.

Nach einem Monat Im Laufe der Jahre hatte ich total vergessen, Entspannungspausen in den Tag einzubauen. Jetzt nehme ich mir wieder Zeit für mich. Selbst anstrengende, voll gepackte Tage sind so angenehmer geworden. Die Atemübungen helfen mir, zur Ruhe zu kommen - gerade in stressigen Situationen. Und: Ich fühle mich nicht mehr so stark für alles verantwortlich. Dadurch schaffe ich es ohne schlechtes Gewissen, Sachen liegen zu lassen und mich auszuruhen. Ich höre Musik oder lege mich hin und schalte dabei tatsächlich ab. Mit Paula gehe ich nun konsequenter und strenger um. Von diesen Grenzen ist Paula zwar ziemlich genervt, aber sie hört auch besser. Unser morgendlicher Plan läuft ebenfalls etwas besser, wir halten uns dran und üben das. Was den Schlaf betrifft, darf ich keine sofortigen Wunder erwarten. Schließlich schlafe ich aufgrund des Schichtdienstes seit Jahren schlecht. Dafür hetze ich nicht mehr so durch den Tag. Ich bin ruhiger geworden und gönne mir Zeit für Sport und eigene Musik. Ich habe Entspannung kurzerhand zum Programm gemacht und fühle mich damit sehr gut!

Text: Stefanie Wiggenhorn BRIGITTE Balance 02/2004

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